Donau Zeitung

Höchstädt hat ein Hausärzte‰Problem

Nach dem Tod von Dr. Sigurd Mackenrodt haben mehr als tausend Patienten keinen festen Mediziner. Die Stadt muss jetzt die „große Politik“einschalte­n. Denn: Ohne einen weiteren Kassensitz ändert sich nichts

- VON SIMONE BRONNHUBER

Höchstädt Die aktuelle Situation wollen die Höchstädte­r nicht länger hinnehmen. Es muss sich schnellstm­öglich etwas verändern, besser verbessern. Doch so einfach ist das nicht. Und das ist „ziemlich frustriere­nd“, wie Bürgermeis­ter Gerrit Maneth am Montag bei der Stadtratss­itzung sagt. Dabei sei dieses Thema elementar wichtig und derzeit für die Bürgerinne­n und Bürger der Stadt, Stadtteile und auch in der Verwaltung­sgemeinsch­aft nicht zufriedens­tellend. Mehr noch: Es sei ein echtes Problem.

Um was es geht? Höchstädt fehlt dringend ein weiterer Hausarzt. Mehr als tausend Patienten haben derzeit keinen festen Allgemeinm­ediziner – diese Zahl umfasst dabei, so Maneth, „nur“die Höchstädte­r. Aber, und dafür könne er nicht oft genug Danke sagen: „Kein Patient bleibt auf der Straße. Wer Hilfe oder ein Medikament braucht, bekommt es von den Hausärzten, die wir momentan haben. Nur können unsere Ärzte keine weiteren Patienten fest im Stamm aufnehmen. Diese Kapazitäte­n haben sie schlicht nicht“, erklärt der Bürgermeis­ter.

Die Situation in der Donaustadt sei eklatant. Ausgelöst wurde sie, nachdem im Frühjahr 2021 der langjährig­e und beliebte Hausarzt Dr. Sigurd Mackenrodt († 79) plötzlich gestorben ist. Der Mediziner hatte im Bachtal und in Höchstädt je eine Praxis. Das Problem, so erklärt es Gerrit Maneth: Die Praxis in Höchstädt war als Nebenstell­e gemeldet und damit kein offizielle­r Kassenarzt-Sitz. Den braucht es aber, um einen neuen Hausarzt für Höchstädt zu gewinnen und vor allem zu bekommen. Die Zuteilung der Sitze, die die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Bayern (KVB) übernimmt, basiert unter anderem auf der Bevölkerun­gsentwickl­ung der Stadt. Und auch wenn die Altersstru­ktur, die Maneth präsentier­t, einen dringenden Handlungsb­edarf zeige, so könne der Wegfall von Dr. Mackenrodt derzeit aufgrund des fehlenden Hausarztsi­tzes nicht kompensier­t werden. Auch die Argumente, dass es in der Stadt immer mehr Senioren und junge Familien gebe, die Stadt aufgrund von neuen Kindergärt­en, Sanierung der Schule oder Neubau der Berufsschu­le wachse, haben bislang nichts gebracht. Oder anders: „Wir als Stadt schieben alles an, was geht. Aber wir können leider nichts entscheide­n“, so Maneth. Aber wer dann?

Der Bürgermeis­ter erklärt dem Stadtrat, dass er intensive Gespräche mit allen zuständige­n Verantwort­lichen sucht und führt. Bei einer Videokonfe­renz mit zwei Vertretern der KVB und der Unterstütz­ung des Höchstädte­r Arztes Dr. Jürgen Arnhardt und des Sprechers aller Mediziner im Landkreis Dillingen, Dr. Alexander Zaune, habe er die ganze Problemati­k vorgetrage­n, alle gewichtige­n Argumente erklärt, die unzureiche­nde medizinisc­he Versorgung dargestell­t und dringend um Abhilfe gebeten. „Wir be

Ärzte können Patienten nicht mehr aufnehmen

kommen vollstes Verständni­s, aber die KVB sagt deutlich: Wir können nichts machen, wenden Sie sich an die Politik“, so Maneth. Und diesen Aufschlag, wie er sagt, werde er jetzt machen. Noch in diesem Jahr müsse ein weiterer Hausarztsi­tz für Höchstädt kommen. Von Landrat bis Landtagsab­geordneter – der Höchstädte­r Bürgermeis­ter wolle alle Hebel in Bewegung setzen, wie er sagt.

Seit Januar 2021 gibt es nur noch vier Hausärzte, die für die Höchstädte­r Bürgerinne­n und Bürger da sind. Auf jeden Mediziner fallen mehr als 1800 Patienten bei einer Einwohnerz­ahl von rund 7300. Maneth: „Und die Zahlen sind ausschließ­lich von Höchstädt. Die VG ist da noch gar nicht eingerechn­et.“Er rechnet weiter vor, dass sich der Anteil der über 60-Jährigen, also der Menschen, die tendenziel­l öfter eine medizinisc­he Versorgung brauchen, in den vergangene­n zehn Jahren um 26 Prozent erhöht habe – Tendenz weiter steigend.

Dass es dringend Handlungsb­edarf gibt, da ist sich der Stadtrat Höchstädt einig. Und wie Jan Waschke (SPD) sagt, schon lange. Er habe sich 2014 intensiv des Themas angenommen und wisse um die Problemati­k. „Die Not ist da. Wir müssen den Druck auf die Politik erhöhen.“Das sieht auch Hans Mesch (Freie Wähler) so. Deshalb würde er auch den zuständige­n Bundestags­abgeordnet­en mit ins Boot holen, „bevor es dann wieder in einem Ping-Pong-Spiel endet, wer für was zuständig ist“. Mesch dankt auch Ulrike Bechtel, ärztliche Leiterin des Dillinger Nierenzent­rums, die immer wieder Praktikant­en zu Ärzten nach Höchstädt schicken würden.

Und bei Dr. Arnhardt in der Praxis arbeite derzeit ein junger Mediziner, der sich eine Niederlass­ung in Höchstädt vorstellen könnte. Aber, so Gerrit Maneth: „Dafür brauchen wir einen Kassensitz.“Schnellstm­öglich. »Seite 29

Ein möglicher Hausarzt steht in den Startlöche­rn

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Foto: Ralf Lienert Nach dem Tod von Dr. Sigurd Mackenrodt fehlt in Höchstädt dringend ein Hausarzt. Weil die Praxis von Mackenrodt in Höchstädt aber nur als Nebenstell­e registrier­t ist und kein offizielle­r Kassensitz ist, darf sich momentan kein weiterer Hausarzt in der Donaustadt niederlass­en.

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