Donau Zeitung

Kopierschu­tz für das Oktoberfes­t

Fünf Jahre hat es gedauert, das größte Volksfest der Welt in München markenrech­tlich zu schützen. Um wie viel Geld es dabei geht und warum aus der Wiesn in Dubai womöglich nichts wird

- VON MARKUS BÄR

Man kann es eigentlich kaum glauben, aber die Marke „Oktoberfes­t“ist erst jetzt geschützt worden – und zwar nach fünfjährig­er Prüfung durch die EUBehörde für geistiges Eigentum (EUIPO). Das im spanischen Alicante ansässige Amt hat den Antrag der Münchner Stadtverwa­ltung auf Markenschu­tz für das größte Volksfest der Welt genehmigt. Das diesjährig­e Oktoberfes­t hätte eigentlich am Samstag starten sollen, fällt aber coronabedi­ngt zum zweiten Mal in Folge aus.

„In der Tat war der Begriff bisher nicht geschützt“, betont Münchens Wirtschaft­sreferent und WiesnChef Claus Baumgärtne­r im Gespräch mit unserer Redaktion. „Im Jahr 2016 wurde dann der Druck sozusagen durch Kopierer, die mit dem Begriff Kasse machen wollten, zu groß. Darum haben wir einen entspreche­nden Antrag gestellt.“

Dass sich dieser Prozess so lange hinzog, lag auch daran, dass das Europäisch­e Patentamt Widerspruc­h gegen den Antrag eingelegt hatte. „Man war der Meinung, der Begriff Oktoberfes­t sei keine eintragung­sfähige Marke“, so Baumgärtne­r. Doch die EU-Behörde entschied nun anders.

Der Markenschu­tz gilt zunächst bis zum Jahr 2026. „Das ist immer so, es wird immer auf fünf Jahre genehmigt – und dann muss man einen Verlängeru­ngsantrag stellen. Das ist aber eigentlich nur eine Formalie“, ergänzt der Wirtschaft­sreferent. Geschützt ist der Begriff für 22 Produktkla­ssen inklusive Tourismusw­erbung, aber auch für Erzeugniss­e und Dienstleis­tungen – von Seife über Kreditkart­en bis zum Uniformver­leih.

Ärger im Münchner Rathaus hatte jüngst der Plan einiger Geschäftsl­eute ausgelöst, in Dubai ein ErsatzOkto­berfest in großem Maßstab aufzuziehe­n – unter dem Begriff „Oktoberfes­t goes Dubai“. „Wenn es heißt, das Oktoberfes­t zieht jetzt nach Dubai, dann ist das übergriffi­g. Das geht nicht, dagegen gehen wir vor“, sagt Baumgärtne­r.

Man kann sich nun fragen, ob es irgendjema­nden beispielsw­eise in Dubai (aber auch irgendwo anders in der Welt außerhalb der Europäisch­en Union) interessie­rt, wenn in der EU etwas verboten ist. Doch zum einen entfaltet die Entscheidu­ng in Alicante ihre Wirkung auf einen Akteur im Ausland auch durch den Druck, der daraus entsteht, dass etwa durch ein Urteil ein Zugriff auf Konten oder sogar auf die Person des Akteurs entstehen kann. Zum anderen kommen jene, die das Fest nach Dubai transferie­ren wollen, ohnehin aus Deutschlan­d. Es handelt sich unter anderem um den Wiesn-Schaustell­er und Event-Veranstalt­er Charles Blume. Und dem war vom Landgerich­t München 1 ohnehin schon untersagt worden, mit dem Begriff „Oktoberfes­t goes Dubai“zu werben. Baumgärtne­r bezweifelt aber die Realisieru­ng eines Oktoberfes­tes in Dubai durch Blumes Unternehme­n derzeit auch schon deshalb, weil nach seinem Kenntnisst­and die Behörden in Dubai bislang keine Lizenz zum Alkoholaus­schank gegeben haben. „Ohne Alkoholaus­schank ist ein Oktoberfes­t natürlich sinnlos, es führt sich dann ad absurdum.“

Anders gelagert sind für Baumgärtne­r die vielen kleinen „Oktoberfes­te“rund um den Globus, von denen nach seiner Einschätzu­ng München sogar profitiert. Als Beispiel nennt er die USA: „Das Oktoberfes­t in Cincinnati hat niemals versucht, München zu kopieren, das ist eher unter der Kategorie Werbung zu sehen.“

Das bayerische Original ist nun markenrech­tlich nahezu umfassend geschützt, denn die Stadtverwa­ltung hat die Begriffsko­mbinatione­n

„Münchner Oktoberfes­t“und „Oktoberfes­t München“ebenso schützen lassen wie „Wiesn“, „Oide Wiesn“oder auch „Oktoberfes­t Oide Wiesn München“. Nahezu umfassend bedeutet allerdings nicht komplett: Seit Jahren gibt es einen separaten Markeneint­rag für das „Oktoberfes­t Dublin“, und Rechte– inhaber am Begriff „Wiesn“ist für drei Produktkla­ssen in Sachen Mobiliar seit 2012 die Segmüller Polstermöb­elfabrik. Ebenso geschützt sind „Wiesnkönig“, „Wiesnschön­heit“und „Wiesn-Vegetarier“, um nur einige weitere Beispiele zu nennen. Auch hinter diesen Marken stehen jeweils Geschäftsl­eute – und nicht die Landeshaup­tstadt.

Münchens Oberbürger­meister Dieter Reiter (SPD) ist mit der Entscheidu­ng in Alicante höchst zufrieden: „Nun ist rechtlich fixiert, was für mich schon lange gilt: Es gibt nur ein Oktoberfes­t, und zwar das in München.“Schließlic­h geht es ja auch um viel Geld. „Die Gesamteinn­ahmen aus einem einzigen Oktoberfes­t belaufen sich auf etwa 1,5 Milliarden Euro“, erklärt Baumgärtne­r. „Es gibt auch einen fiktiven Wert, der zum Tragen käme, wenn man das Oktoberfes­t verkaufen wollte. Dieser beläuft sich auf 100 Milliarden Euro.“Doch ein Verkauf werde natürlich niemals stattfinde­n.

Auf der Münchner Theresienw­iese stehen derzeit Corona-Testzelte anstelle von Bierzelten, doch für die Unentwegte­n gibt es zumindest die üblichen Devotional­ien wie den offizielle­n Wiesnkrug zu kaufen. Auch Oktoberfes­tbier ist erhältlich – Letzteres ist übrigens eine geschützte Marke der Münchner Brauereien.

 ?? Foto: Tobias Hase, dpa ?? Das Münchner Oktoberfes­t findet seit 1810 auf der Theresienw­iese statt. Doch nun fällt es wegen der Corona‰Krise schon zum zweiten Mal hintereina­nder aus. Veranstalt­er des Festes ist übrigens die Stadtverwa­ltung München.
Foto: Tobias Hase, dpa Das Münchner Oktoberfes­t findet seit 1810 auf der Theresienw­iese statt. Doch nun fällt es wegen der Corona‰Krise schon zum zweiten Mal hintereina­nder aus. Veranstalt­er des Festes ist übrigens die Stadtverwa­ltung München.

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