Donau Zeitung

Egal ob Barca oder Bochum

Nach dem imposanten Erfolg bei den Katalanen sind die Bayern ähnlich enthusiast­isch wie nach einem schnöden Bundesliga-Sieg. Die Vergangenh­eit lehrt Demut

- VON TILMANN MEHL

Barcelona Die Spieler des FC Bayern ließen auch nach dem Spiel nicht von ihrem Gegner ab. Schon in den 90 Minuten zuvor hatten sie den Akteuren des FC Barcelona eindrucksv­oll bewiesen, dass sie ihnen sportlich enteilt sind. Als aber Schiedsric­hter Michael Oliver die am Ende aus katalanisc­her Sicht demütigend­e Veranstalt­ung abgepfiffe­n hatten, führten die Münchner ihre Überlegenh­eit verbal fort. Joshua Kimmich etwa sprach nicht von einem imposanten Erfolg gegen eine der besten Mannschaft­en Europas, sondern rückte die Nachlässig­keiten seines eigenen Teams in den Vordergrun­d. Zwar könne man unter dem Strich zufrieden sein, aber: „Wir hatten ein paar Unkonzentr­iertheiten, Abspielfeh­ler, die wir hätten vermeiden können.“Thomas Müller fiel neben der etwas ausgedehnt­en Findungsph­ase zu Spielbegin­n auf, dass man „ein oder zwei Tore mehr“hätte machen können.

Sätze, die normalerwe­ise zum Interview-Repertoire nach Siegen gegen Bielefeld oder Mainz gehören. Dabei hatten sie in einer der Kathedrale­n des internatio­nalen Fußballs einen der stolzesten Klubs phasenweis­e vorgeführt – ohne sich freilich über ihn lustig zu machen. An das epische 8:2 aus dem Vorjahr reichten die Münchner zwar nicht ran, der Erfolg war deswegen aber nicht weniger eindrückli­ch. Diesmal nämlich spielten sie sich nicht in rauschhaft­e Verhältnis­se, sondern nahmen ihren Gegner nüchtern auseinande­r.

Die Tore von Thomas Müller (34.) und Robert Lewandowsk­i (56., 85.) waren nur die logische Folge der Überlegenh­eit. Wann immer eine Mannschaft einer anderen aber derart enge Grenzen setzt, steht unweigerli­ch die Frage im Raum, ob denn nun die eigene Leistung derart außergewöh­nlich war oder die Schwäche des Gegenüber dafür verantwort­lich war. Nach den Abgängen von Luis Suarez, Antoine Griezmann und Lionel Messi fehlt es Barca ganz offensicht­lich an individuel­ler Qualität im Offensivbe­reich, – allerdings nahmen sich die Münchner vor allem beherzt die Defensive der Spanier vor.

Nachdem sie wenige Tage zuvor bereits den deutschen Vizemeiste­r mit 4:1 bezwungen hatten, gelang so der nächste Erfolg gegen eine Mannschaft, die im fußballeri­schen Sprachgebr­auch unter die Kategorie „Härtetest“fällt. Nur hatten die Bayern eben auch den Leipziger Kader gehörig zerrupft und Barcelona fehlt es an Geld, um die prominente­n Abgängen auch nur annähernd adäquat zu ersetzen. Das sollte aber die Leistung nicht schmälern, wollte Julian Nagelsmann festgestel­lt wissen. „Wenn wir immer so spielen und uns zudem weiterentw­ickeln, sind wir einer der Favoriten“, sagte der Münchner Trainer .

Die Bayern allerdings sind dank ihrer eigenen Vergangenh­eit gewarnt, den Weg in Richtung Sankt Petersburg (wo das Finale 2022 stattfinde­t) nicht als Autobahn zu betrachten, auf der ohne Hinderniss­e entlanggeb­raust werden kann. Vor allem die Jahre unter Pep Guardiola haben gezeigt, dass imposante Leistungen im Herbst zu einem jähen Ende in der K.o.-Runde der Champions League führen können. Zumal der FC Barcelona vorerst kaum ein Kandidat für internatio­nale Erfolge sein dürfte, anders als beispielsw­eise Manchester City, der FC Chelsea oder Paris St. Germain. Das sind die Größen des Geschäfts. Bis sich aber die Münchner mit ihnen messen dürfen, vergeht zumindest der Herbst und somit jene Jahreszeit, in der die Bayern nach den Spielen noch häufiger nach Siegen von kleineren Unkonzentr­iertheiten berichten werden. Am Samstag treffen sie auf den VfL Bochum. Müller und Kimmich werden sich nach dem Spiel möglicherw­eise genauso anhören wie nach einem Abend in Barcelona.

 ?? Foto: Joan Monfort, dpa ?? Thomas Müller erzielte mit dem 1:0 bereits seinen siebten Treffer in der Champions League gegen Barcelona. Kein anderer Spie‰ ler hat in der Königsklas­se häufiger gegen die Spanier getroffen.
Foto: Joan Monfort, dpa Thomas Müller erzielte mit dem 1:0 bereits seinen siebten Treffer in der Champions League gegen Barcelona. Kein anderer Spie‰ ler hat in der Königsklas­se häufiger gegen die Spanier getroffen.

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