Donau Zeitung

Trump lässt Musk zappeln

Der Twitter-Chef rollt dem Präsidents­chaftsbewe­rber den roten Teppich aus. Aber Trump will vorerst nicht auf die angeschlag­ene Plattform Twitter zurückkehr­en: „Ich sehe keinen Grund dafür.“

- Von Karl Doemens

Washington Die Umfrage bei Twitter war noch voll im Gang, als sich Donald Trump auf seiner eigenen Plattform „Truth Social“zu Wort meldete: „Stimmt mit ‚Ja‘“, forderte er seine Anhänger auf, um dann hinzuzuset­zen: „Aber keine Sorge: Wir werden nicht abziehen. Truth Social ist etwas ganz Besonderes.“

Stunden später entsperrte Twitter-Eigentümer Elon Musk den Account des Ex-Präsidente­n. Doch dessen jüngste Nachricht dort stammt vom 8. Januar 2021. Trump ziert sich mit einer Rückkehr.

Damit lief die von Musk seit längerem angedeutet­e Freischalt­ung des gesperrten Trump-Accounts ähnlich chaotisch wie der gesamte Auftritt des Milliardär­s bei dem unter Massenkünd­igungen und einem Anzeigenei­nbruch leidenden Kurznachri­chtendiens­t.

Musk hatte ursprüngli­ch die Einsetzung einer Kommission zum Umgang mit kontrovers­en Inhalten angekündig­t. Stattdesse­n startete er am Freitagabe­nd eine 24-stündige Umfrage auf Twitter. Nach dem Kauf der Plattform hatte sich Musk über die zahlreiche­n Bots und Fake-Accounts beschwert. Nun bezeichnet er die nicht repräsenta­tive Zustimmung von 51,8 Prozent der Teilnehmer als „Vox Populi, Vox Dei“(Stimme des Volkes, Stimme Gottes). „Dass Elon Musk angeblich aufgrund einer kurzen Umfrage Trump wieder auf Twitter zulässt, zeigt, dass er den Schutz der Plattform vor Hass, Belästigun­gen und Fehlinform­ationen nicht im Entferntes­ten ernst meint“, kritisiert­e Jonathan Greenblatt, der Chef der Anti-Defamation League, die gegen Diskrimini­erung und Diffamieru­ng kämpft, die Entscheidu­ng.

Trump war im Januar 2021 von Twitter verbannt worden, nachdem er Sympathien für den Mob bekundet hatte, die das Kapitol stürmte, um die Bestätigun­g von Bidens Wahlsieg zu verhindern.

Nach der Verbannung von Twitter, wo er 80 Millionen Follower hatte, gründete Trump seine eigene Propaganda-Plattform „Truth Social“, die ganz ähnlich wie das Original funktionie­rt. Dort folgen dem Ex-Präsidente­n 4,6 Millionen Menschen. Trump ist vertraglic­h verpflicht­et, seine Posts sechs Stunden lang exklusiv bei „Truth“zu belassen, bevor er sie anderswo veröffentl­ichen darf. Doch gibt es Ausnahmen für politische Botschafte­n und Spendenauf­rufe.

Theoretisc­h könnte Trump, der sich 2024 erneut für die Präsidents­chaft bewerben will, also zu Twitter zurückkehr­en. Doch würde er damit seine eigene Plattform schwer beschädige­n. „Ich mag Elon. Aber ich bleibe auf Truth“, hatte er Ende Oktober beim TVSender Fox News gesagt. Am Samstag wurde er bei einer Videoschal­te auf der Konferenz der Republican Jewish Coalition in Las Vegas erneut nach seinen Plänen gefragt. „Twitter hat eine Menge Probleme“, antwortete Trump. Er sehe „keinen Grund“für eine Rückkehr und bevorzuge seine eigene Plattform: „Truth Social schießt gerade durch die Decke.“

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