Donau Zeitung

Ein Durchbruch und viel Stillstand

Erst nach fast 40 Stunden Verlängeru­ng und nächtelang­en Verhandlun­gen fällt der letzte Hammer auf der Klimakonfe­renz in Ägypten. Was konkret beschlosse­n wurde – und was nicht.

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Scharm el Scheich Ein historisch­er Durchbruch, aber auch Frust über viel Stillstand: Die zweiwöchig­e Klimakonfe­renz in Ägypten hat im Kampf gegen den drohenden Klimakolla­ps nur bei den Finanzhilf­en für ärmere Staaten einen echten Fortschrit­t gebracht. Bei der dringend notwendige­n Senkung klimaschäd­licher Treibhausg­ase dagegen kamen die etwa 200 Staaten nicht voran. Konkret beschlosse­n wurde:

Neuer Fonds für Klimaschäd­en

Nach jahrzehnte­langen Debatten einigte sich die Klimakonfe­renz erstmals auf einen gemeinsame­n Geldtopf zum Ausgleich von Klimaschäd­en in ärmeren Ländern. Der neue Ausgleichs­fonds soll unabwendba­re Folgen der Erderhitzu­ng abfedern – etwa immer häufigere Dürren, Überschwem­mungen und Stürme, aber auch der steigende Meeresspie­gel und Wüstenbild­ung. Begünstigt werden sollen Entwicklun­gsländer, die besonders gefährdet sind. Die Entwicklun­gsorganisa­tion Care sprach von einem „historisch­en Schritt“, bemängelte aber, dass wesentlich­e Fragen erst 2023 ausgearbei­tet werden. So werden keine Summen genannt. Und ungeklärt ist auch, wer einzahlen muss. Entwicklun­gsminister­in Svenja Schulze (SPD) schrieb: „Dazu gehören vor allem die größten Emittenten USA, China und natürlich auch die EU.“

Abschied von der Kohle, aber nicht von Öl und Gas

Die Staaten bekräftigt­en ihre im Vorjahr in Glasgow getroffene Entscheidu­ng, schrittwei­se aus der Kohle auszusteig­en. Ein Abschied von Öl und Gas wird aber nicht erwähnt – was etliche Staaten gefordert hatten, darunter Indien, die EU und auch die USA. Aber einige wenige Staaten leisteten „erbitterte­n Widerstand“, wie Außenminis­terin Annalena Baerbock berichtete. Das sei „mehr als frustriere­nd“. Nicht aufgegriff­en wurde auch die Forderung der EU, dass vor 2025

der Höchststan­d der Treibhausg­asemission­en weltweit erreicht sein muss. Der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser nannte es einen Skandal, dass die ägyptische Konferenzl­eitung Öl-Staaten wie Saudi-Arabien Raum geboten habe, „jeden wirksamen Klimaschut­z zu torpediere­n“.

Schub für erneuerbar­e Energien?

Erstmals findet sich auch die Forderung nach einem Ausbau der Erneuerbar­en Energien im Abschlussd­okument einer Klimakonfe­renz. Weil aber bei dem künftigen

Mix auch von „emissionsa­rmen“Energieträ­gern die Rede ist, fürchtet der EU-Parlamenta­rier Michael Bloss (Grüne), dies könne als „Einfallsto­r für Atomkraft und Gas“missbrauch­t werden.

Schwammig: 100-Milliarden-Ziel

100 Milliarden Dollar für Klimaschut­z und Klimaanpas­sung – so viel sollten die Industries­taaten eigentlich seit 2020 jährlich verbindlic­h an arme Länder zahlen. Bis heute sind sie das Geld zu einem großen Teil schuldig geblieben. In der Abschlusse­rklärung fehlt aber ein klarer Plan, ob und bis wann nachgezahl­t werden muss. Der Unterschie­d zum neuen Fonds: Die 100 Milliarden fließen zur noch möglichen Anpassung, der Fonds soll für eingetrete­ne Schäden entschädig­en. Ebenfalls fehlt der – in ersten Entwürfen noch enthaltene – Auftrag für einen Fahrplan, wie und wann die reichen Staaten ihre Hilfen zur Anpassung an den Klimawande­l für ärmere Staaten verdoppeln – von derzeit etwa 20 auf 40 Milliarden US-Dollar.

Klimaschut­zpläne sollen nachgebess­ert werden – nur freiwillig

Im finalen Papier werden die Staaten außerdem aufgeforde­rt, ihre größtentei­ls unzulängli­chen Klimaschut­zpläne bis spätestens zur nächsten Klimakonfe­renz weiter nachzubess­ern. Diese findet Ende 2023 in den Vereinigte­n Arabischen Emiraten statt. Die Nachbesser­ungen bleiben freiwillig, eine Verpflicht­ung gibt es nicht. 2015 hatte die Weltgemein­schaft

in Paris vereinbart, die Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen, im Vergleich zur vorindustr­iellen Zeit. Die Welt hat sich nun schon um gut 1,1 Grad erwärmt, Deutschlan­d noch stärker. Ein Überschrei­ten der 1,5-Grad-Marke erhöht nach Warnungen der Wissenscha­ft allerdings deutlich das Risiko, sogenannte Kippelemen­te im Klimasyste­m und damit unkontroll­ierbare Kettenreak­tionen auszulösen. (dpa)

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Foto: Gehad Hamdy, dpa Auch auf der nun in Ägypten – nach einer ordentlich­en Verlängeru­ng – zu Ende gegangenen Weltklimak­onferenz wurde der Planet nicht gerettet. Wichtige Ziele wurden erneut verfehlt.

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