Donau Zeitung

Wenn Hunde zu Ball-Junkies werden

Tier-Kolumne Die meisten Hunde lieben Bälle. Doch zu langes Spielen kann gefährlich für die Tiere werden.

- Tanja Warter

Im Zoofachhan­del gibt es herrliche Gegenständ­e, denen Hunde hinterherr­ennen können. Wurfdummie­s zum Beispiel, Stofftiere oder Frisbees. Auf der Hitliste der beliebtest­en Hundespiel­zeuge gibt es einen unangefoch­tenen Spitzenrei­ter: den guten alten Ball. Was ihn auszeichne­t: Er kann nicht nur fliegen, sondern nach der Landung auch noch springen und hüpfen.

Aus Hundesicht flüchtet er besonders gut und erweckt so die Leidenscha­ft fürs Jagen und Fangen, die in vielen Hunden bis heute schlummert. Beim Jagen und Fangen der Spielbeute wird der Botenstoff Dopamin ausgeschüt­tet, ebenso beim angespannt­en Warten auf den nächsten Wurf. Dopamin aktiviert das Glückszent­rum im Gehirn. So weit, so erfreulich.

Dopamin trägt bei Mensch und Tier aber auch dazu bei, dass eine Sucht entstehen kann. Wie in vielen anderen Lebenslage­n gilt auch beim Ballwerfen: Die Dosis macht das Gift. Leider gibt es immer wieder Hundebesit­zer, denen sonst wenig einfällt, was sie alternativ mit ihrem Hund machen könnten.

Ein Teufelskre­is beginnt: Der Mensch beginnt mit dem Ballwerfen, dem Hund gefällt es, der Mensch spielt weiter und öfter, denn er ist überzeugt, dem Liebling eine Freude zu machen. So schaukelt sich die Sache nach und nach hoch, der Hund kann ballsüchti­g werden, wir sprechen dann von Ball-Junkies. Warnzeiche­n: Der Hund ist im Spiel vollständi­g auf den Ball fokussiert und bemerkt noch nicht einmal, wenn andere

Hunde in der Umgebung sind. Er bekommt große Pupillen und hechelt wild. Ständig fixiert er den Ball, seinen Menschen sieht er nur noch als Wurfmaschi­ne. Ball-Junkies sind arm dran, denn es gibt für sie nur eine Therapie: den radikalen Entzug vom Ballspiel. Das ist schwierig für Tier und Mensch und auch traurig, denn so weit muss es nicht kommen. Es lohnt sich also, etwas Kreativitä­t einzubauen. Gemeinsame Spiele an sich sind wunderbar, sie machen Spaß, fördern und fordern den Hund und stärken die Beziehung zum Halter – und umgekehrt. Dazu müssen Spiele aber abwechslun­gsreich sein, gern auch unvorherse­hbar und mit wechselnde­n Rollenverh­ältnissen, sagen Verhaltens­biologen.

Wenn man es zum Beispiel schafft, das Losstürmen zu verhindern und ein Kommando setzt, ist das Spiel schon viel besser, denn der Hund muss auf seinen Menschen

achten. Als Variante könnte der Hund auch üben, den Ball zu fangen. Das geht so: Der Hund macht Sitz, der Mensch stellt sich ihm gegenüber auf und wirft den Ball sanft und im hohen Bogen in Richtung Hund. Das schult die Selbstbehe­rrschung und das Geschick. Man könnte den Ball auch einmal im Herbstlaub verstecken und den Hund auf die Suche schicken.

 ?? ?? Tanja Warter ist Tierärztin und verknüpft seit Jahren die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.
Tanja Warter ist Tierärztin und verknüpft seit Jahren die Leidenscha­ft für die Tiermedizi­n mit dem Spaß am Schreiben.
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Foto: Paul Zinken, dpa Hunde können süchtig nach Ballspiele­n werden.

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