Grippe-Fälle nehmen rasant zu
Masken und Abstand haben in den vergangenen zwei Wintern auch die Influenza ausgebremst. Doch nun steigen die Zahlen. Der Gesundheitsminister rät zur Impfung.
Erlangen Bereits Mitte November gibt es in Bayern mehr Grippe-Fälle als im kompletten vorigen Winter. Seit Anfang Oktober seien in Bayern 4515 Patientinnen und Patienten mit Influenza gemeldet worden, teilt das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit auf Anfrage mit. Die Zahlen geben den Stand vom 14. November wieder. In der Regel ist die Erkrankung gekennzeichnet durch plötzlich auftretendes hohes Fieber über 39 Grad Celsius, Schüttelfrost, Muskelschmerzen, Schweißausbrüche, allgemeine Schwäche, Kopfschmerzen, Halsschmerzen und trockenen Reizhusten.
Im vorigen Winter und Herbst war die Grippewelle praktisch ausgefallen, weil die Schutzmaßnahmen im Zuge der Corona-Pandemie auch die Influenza-Viren ausgebremst hatten. Das Landesgesundheitsamt registrierte von Oktober 2021 bis April 2022 gerade einmal 1613 Fälle.
Nach Angaben des RobertKoch-Instituts, kurz RKI, ist allerdings zu beachten, dass die Zahl der Nachweise auch von der Testfrequenz abhängt. Nach Einschätzung des RKI wird seit der CoronaPandemie bei Verdacht auf Covid-19 auch eine Untersuchung auf
Influenza-Viren empfohlen. Möglicherweise würden dann auch mehr Nachweise gemeldet, ohne das die Grippe-Aktivität deutlich zugenommen habe.
Dr. Wolfgang Ritter, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes, erklärt: „Zu den Infektionen mit Coronaviren und anderen saisonalen Erkältungsviren treten zunehmend auch Fälle von Influenza auf, nachdem wir zwei Jahre lang einen fast kompletten Ausfall der Grippesaison hatten.“Die Zahl der Infektionen bewege sich ungefähr auf dem vor-pandemischen Niveau.
Im Bayerischen Gesundheitsministerium warnt man vor der Grippe: Nach zwei Jahren sei nun die klassische Influenza-Erkrankung zurück, betont Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Die Impfung in Bayern werde nicht nur Risikogruppen empfohlen, sagt der CSUPolitiker weiter: „Jeder sollte sich bei seinem behandelnden Arzt beraten lassen und gemeinsam mit dem Arzt entscheiden, ob eine Impfung für ihn sinnvoll ist oder nicht.“Und natürlich sei auch eine Impfung gegen Corona weiter besonders wichtig. Die Grippe sei eine ernsthafte Erkrankung, die man nicht auf die leichte Schulter nehmen dürfe: „Bei schweren Verläufen können zum Beispiel Lungenentzündungen oder Herzmuskelentzündungen auftreten. Deshalb gilt: Je mehr Menschen sich gegen Grippe impfen lassen, desto besser.“
Häufig wird nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums fälschlicherweise gar nicht zwischen einem sogenannten „grippalen Infekt“und einer Grippe
(Influenza) unterschieden, weil beide Erkrankungen ähnliche Symptome haben. Ein grippaler Infekt, umgangssprachlich als Erkältung bezeichnet, kündigt sich schon früh durch Vorzeichen an. Eine Grippe tritt schlagartig auf.
Die echte Grippe wird als Tröpfcheninfektion meist durch Husten oder Niesen und über die Hände übertragen. Innerhalb von wenigen Tagen führt sie zu den typischen Krankheitszeichen. Bei einer unkomplizierten Grippe bilden sich diese akuten Krankheitszeichen in der Regel innerhalb von fünf bis sieben Tagen zurück. Besonders bei älteren Patienten ist aber eine länger anhaltende Schwäche typisch.
Die Influenza-Schutzimpfung muss jedes Jahr erneuert werden. Die Nachfrage nach der Impfung sei ähnlich wie in den Jahren vor der Pandemie – „und damit zu niedrig“, sagt Hausärzteverbandschef Ritter. In der Gruppe der über 60-Jährigen seien weniger als 50 Prozent der Menschen geimpft. Der Impfstoff sei in den Praxen der Hausärztinnen und Hausärzte verfügbar, es gebe genügend Kapazitäten zum Impfen. Wie sich die Lage über den Winter entwickele, könne noch nicht vorhergesagt werden, sagt ein Sprecher des Gesundheitsamtes.
Nach RKI-Definition begann die Grippewelle in der Woche bis 30. Oktober. Maßgeblich für diese Einschätzung sind Ergebnisse aus einem Überwachungssystem, bei dem Proben von Menschen mit akuten Atemwegserkrankungen untersucht werden. Die jährliche Grippewelle begann in den Jahren vor Corona laut RKI meist im Januar und dauerte drei bis vier Monate. (dpa/AZ)
Bei schweren Verläufen kann es zur Entzündung der Lunge oder des Herzens kommen