Donau Zeitung

Besser eine Doppelmora­l als gar keine Moral

- Von Tilmann Mehl

Der Profi-Fußball ist eben nicht nur einfach unschuldig­er Sport. Auch wenn ihn Gianni Infantino gerne als solchen verkauft. ProfiFußba­ll ist ein Geschäft. Eines, das der Fußball-Weltverban­d Fifa in den vergangene­n Jahrzehnte­n gnadenlos vorangetri­eben hat und auf Profit-Maximierun­g ausgelegt hat. Infantino hat sich und seinen Verband während der jetzt schon legendären Pressekonf­erenz dafür gerühmt, dass man den Gewinn bei dieser WM im Vergleich zur vergangene­n Weltmeiste­rschaft um 600 Millionen Dollar steigern werde, Übertragun­gsrechten und Sponsorenz­ahlungen sei Dank.

Wenn nun die Fußball-Familie also für einen Monat in Katar gastiert, tut sie das nicht, weil sie diesem wundervoll­en Sport in der arabischen Welt die größtmögli­che Bühne geben will, auf dass in den kommenden Jahren viele Buben und Mädchen in Katar dem Ball hinterherj­agen. Die Fifa hat die WM vor zwölf Jahren aus persönlich­er Gier einiger der Wahlmänner und Gewinnstre­ben des Verbandes an Katar vergeben. Infantino war damals noch nicht im Amt. Umso leichter müsste es ihm fallen, auf Distanz zu dem Irrsinn zu gehen, der dieses Turnier bedeutet. Infantino macht das Gegenteil. Macht sich gemein mit einer Regierung, die offen und ohne Scham Menschenre­chte missachtet.

Dass Infantino nun ausgerechn­et die „westliche Welt“für ihre Kritik an den Umständen der WM der Doppelmora­l bezichtigt, ist lächerlich. Der

Fifa-Boss ist ein

Lobbyist der katarische­n Herrscherf­amilie. Er versucht es nicht einmal zu verbergen. Dass die Katarer kurzfristi­g verboten, Bier im Stadion zu verkaufen, stellte Infantino als gemeinsame Entscheidu­ng von Organisati­onskomitee und Fifa dar.

Dabei hat sich der Verband schlicht dem Gastgeber ausgeliefe­rt. Profi-Fußball könnte tatsächlic­h in Gesellscha­ften hineinwirk­en. Er kann Vorbild sein. Doch Infantino hat ihn eines Teils seiner sozialen Wirkung beraubt.

Ihm geht es einzig um Machterhal­t. So wie er sich von den europäisch­en Verbänden abwendet, neigt er sich den afrikanisc­hen und asiatische­n entgegen und kauft sich ihre Stimmen durch Verspreche­n und milde Gaben. Infantino wird im März wiedergewä­hlt werden, er geht dann in seine dritte und letzte Amtszeit. Als ein Mann, der Doppelmora­l und Scheinheil­igkeit kritisiert. Aber besser Doppelmora­l als gar keine Moral.

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Gianni Infantino

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