Donau Zeitung

Ein großer Tag zum Abschied

Sebastian Vettel holt in seinem letzten Formel-1-Rennen noch mal einen Punkt und erlebt ein sehr emotionale­s Wochenende. Das zeigt ein weiteres Mal, wie wichtig der Heppenheim­er für die Königsklas­se ist.

- Von Marco Scheinhof

Abu Dhabi Um 15.34 Uhr fährt er über die Ziellinie. Zum letzten Mal in seiner Formel-1-Karriere. Er hatte noch auf den letzten Metern alles versucht, er war nahe dran am Rennwagen von Daniel Ricciardo. Überholen kann er ihn nicht mehr. So beendet Sebastian Vettel seine Laufbahn auf Platz zehn. Mit einem Punkt also, was für einen viermalige­n Weltmeiste­r wenig erscheinen mag, in seiner Situation aber ein versöhnlic­her Abschluss ist. Sportlich lief es zuletzt weder bei Aston Martin noch zuvor bei Ferrari rund für Vettel.

Der 35-Jährige stoppt auf der Start-und-Ziel-Gerade. Er lässt seinen Rennwagen kreiseln, weißer Rauch steigt von den Bremsen und verbrennen­den Reifengumm­is auf. Er steigt aus, die Fans jubeln, sie winken ihm zu und schreien seinen Namen. Vettel nimmt den Helm runter, die mittlerwei­le langen Haare kleben an seinem Kopf. Es war noch einmal heiß gewesen zum Karriereab­schluss. „Final lap“steht auf seinem Helm, die letzte Runde. Nun ist es also vorbei. Die Formel-1-Karriere ist beendet.

Vettel hat in seinem letzten Rennen vieles versucht, sich über die Strategie des Teams gewundert und während des Rennens gefragt, wie man bei der Taktik denn bitte schön so falsch gelegen haben kann. Da war er noch einmal. Der ehrgeizige Pilot, der auch bei Aston Martin nie mehr so richtig in Schwung gekommen war. Er hatte mit Red Bull vier WM-Titel gewonnen. Er hat von 2010 bis 2013 die Formel 1 dominiert. Es waren seine Jahre, an die er weder bei Ferrari noch bei Aston Martin noch einmal anknüpfen konnte. Auch nicht in seinem letzten Rennen, das Max Verstappen vor Charles Leclerc im Ferrari und Sergio Perez im zweiten Red Bull gewinnt.

Es gibt viele emotionale Momente an diesem Wochenende in

Abu Dhabi. Ein gemeinsame­s Abendessen mit allen Fahrern, das Lewis Hamilton initiiert hatte. Der Lauf am Samstagabe­nd über die Rennstreck­e mit dem gesamten Fahrerlage­r. Mit den anderen Piloten, mit seinen Mechaniker­n, aber auch mit vielen Journalist­en. Insgesamt sind es 200 enge Vertraute von Vettel. Sie tragen alle ein weißes

T-Shirt mit der Aufschrift „Danke Seb“. Vettel hatte ein „Danke F1“auf sein Oberteil drucken lassen. Die gegenseiti­ge Wertschätz­ung ist groß. Die Trauer über den Abschied auch. Es zeigt sich einmal mehr, dass Vettel zu den beliebtest­en Fahrern gehört. „Es wird merkwürdig sein, ihn nächstes Jahr nicht mehr hier zu

haben“, sagt Alpine-Fahrer Fernando Alonso. Der 41-Jährige startet hinter Vettel und hatte ihm Geleitschu­tz versproche­n. Damit gerade im letzten Rennen nichts mehr passiert. Alonso wird in der neuen Saison Vettels Cockpit übernehmen, während der Heppenheim­er zu Hause sitzen und die Zeit mit seiner Familie genießen wird.

Vor der Fahrerpara­de hatten sich alle Fahrer noch einmal zu einem gemeinsame­n Foto getroffen. Alle klatschen Vettel ab, später stehen sie für ihn Spalier. Es ist ein angemessen­er Abschied. Kurz vor dem Rennen hatte Vettel seinen Vater Norbert innig umarmt. Sie treffen sich in der Startaufst­ellung, Vater Vettel bricht ein TV-Interview ab und stürmt zu seinem Sohn. Ihm fehlen die Worte, ihm schießen die Tränen in die Augen. Norbert Vettel meidet sonst den Trubel in der Startaufst­ellung. Diesmal aber will er noch einmal dabei sein. An diesem Ort, an dem sein Sohn 2010 den ersten WM-Titel gefeiert hatte. „Sebastian, du

bist ein Held“, hatte damals sein Red-Bull-Teamchef Christian Horner gefunkt. Daran hat sich seitdem nichts geändert.

Nach dem Rennen ist Vettel der gefragte Mann. Noch auf der StartZiel-Gerade gibt er sein erstes Interview. Eine Ausnahme, normalerwe­ise sprechen hier nur die ersten Drei des Rennens. Diesmal aber darf auch Vettel ran. Er umarmt Jenson Button, der ehemalige Fahrer stellt die Fragen. „Ich hätte gerne ein paar mehr Punkte gehabt, aber das Rennen genossen“, sagt Vettel. Er wird zum Fahrer des Tages gewählt. „Ich werde es noch mehr vermissen, als es mir jetzt gerade klar ist“, sagt er. Die beiden vergangene­n zwei Jahre seien sportlich zwar enttäusche­nd gewesen, „aber sehr wichtig in meinem persönlich­en Leben“, sagt er. Und: „Es gibt wichtigere Dinge, als im Kreis Rennen zu fahren.“

Vettel wird sich künftig mehr Zeit für seine Frau Hanna und die drei Kinder nehmen. Er wird sich um seine Projekte zu den Themen Umweltschu­tz und Nachhaltig­keit kümmern. Viele aber gehen davon aus, dass er bald in die Formel 1 zurückkehr­en wird. Womöglich als Teamchef, vielleicht als Berater. Darüber haben in Abu Dhabi viele Beobachter spekuliert. Vielleicht ist es nur ein kurzer Abschied.

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Foto: dpa Auf einer großen Leinwand in Abu Dhabi bedankte sich die Formel 1 noch einmal bei Sebastian Vettel. Der 35-Jährige fuhr am Sonntag sein vorerst letztes Rennen.
 ?? Foto: dpa ?? Mit 200 engen Vertrauen, darunter Mick Schumacher (rechts), lief Sebastian Vettel (Mitte) am Samstag noch einmal über die Strecke.
Foto: dpa Mit 200 engen Vertrauen, darunter Mick Schumacher (rechts), lief Sebastian Vettel (Mitte) am Samstag noch einmal über die Strecke.
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Foto: Hoch zwei Umarmung vor dem Rennen: Sebastian und Norbert Vettel.

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