Die Probleme im Wohnungsbau spitzen sich zu
Der Neubau von Einfamilienhäusern bricht ein, auch weil das Baukindergeld ausläuft. Und es gibt noch mehr schlechte Zahlen.
Berlin Die Debatte über den Wohnungsbau in Deutschland entflammt immer wieder neu und wird oft emotional geführt. Eine nüchterne Zahl des Statistischen Bundesamtes zeigt indes, wie schlimm die Lage ist: Rund 8,6 Millionen Menschen in Deutschland, also etwa jeder Zehnte, lebten vergangenes Jahr in überbelegten Wohnungen. Mehr Wohnraum ist offenbar dringend erforderlich und dabei ist es zunächst egal, in welcher Form er entsteht. Wird etwa ein Haus gebaut, kann dadurch an anderer Stelle eine Mietwohnung frei werden. Doch gerade der Neubau von Einfamilienhäusern
stagniert und die Regierung hat dem nach Einschätzung der Union nichts entgegenzusetzen.
Als überbelegt gilt eine Wohnung, wenn sie im Verhältnis zur Personenzahl zu wenige Zimmer hat. Damit mehr Fläche zur Verfügung steht, will die Ampel 400.000 neue Wohnungen bauen, davon 100.000 geförderte. Doch die Zahl der Baugenehmigungen geht zurück. Sie fiel nach neuesten Angaben des Statistischen Bundesamtes von Januar bis September um 3,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Bei Einfamilienhäusern ist der Einbruch noch dramatischer: minus 15,4 Prozent.
Eine Ursache dafür ist nach Einschätzung von Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange ein „anhaltendes Förderchaos“bei der Regierung. Die verunsicherte Bauwillige zuletzt unter anderem mit dem überraschenden KfW-Förderstopp für effizientes Bauen. Ab 2023 soll alles besser werden, Bauministerin Klara Geywitz (SPD) will unter anderem die Neubauförderung neu ausrichten und ein Wohneigentumsprogramm auflegen. Lange kritisierte im Gespräch mit unserer Redaktion, das Konzept springe zu kurz. „2022 ist leider ein verlorenes Jahr für den Wohnungsbau.“
Der CSU-Bauexperte nennt als Beispiel das Baukindergeld. Knapp zehn Milliarden Euro standen unter Unions-Führung dafür zur Verfügung. Die Ampel lässt diese Förderung zum Jahresende auslaufen. Die Nachfolgelösung sehe lediglich 350 Millionen Euro für diesen Bereich vor, das sei unzureichend, kritisierte Lange. Die Statistik gibt dem Abgeordneten recht. Demnach ging die Zahl der Genehmigungen für Einfamilienhäuser auch wegen des Auslaufens des Baukindergeldes zurück.
„Familien mit dem Traum vom Eigenheim werden von der Bundesregierung leider im Stich gelassen“, sagte Lange. In der Wirtschaft wird die Lage ähnlich beurteilt. „Deutlich gestiegene Bauzinsen, explodierende Energiepreise und hohe Immobilienpreise bei sinkenden Realeinkommen: Für normalverdienende Haushalte wird es immer schwerer, sich den Traum von eigenen vier Wänden zu erfüllen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Privaten Bausparkassen, Christian König, unserer Redaktion. Dem Verband gehören Bausparkassen wie Schwäbisch Hall, Debeka oder Wüstenrot an. Ihr Geschäft boomt gerade, weil sie König zufolge noch Bauzinsen zwischen 1,5 und 2,5 Prozent anbieten können. Gleichzeitig spüren die Unternehmen, dass „Finanzierungswillige häufiger abwarten, wie sich die Situation entwickeln wird“.
„Das Sparen für die eigenen vier Wände wird immer schwieriger“, sagte König, das größte Hindernis auf dem Weg ins Wohneigentum sei mangelndes Eigenkapital. Der Experte rief die Politik dazu auf, die Sparfähigkeit und Sparbereitschaft normalverdienender Haushalte zu stärken. „Wohneigentum“, mahnte Christian König, „darf nicht zum Privileg Besserbetuchter werden.“
Union: 2022 ist ein verlorenes Jahr