Donau Zeitung

Bittere Erkenntnis aus Rom

Die Bilanz des Besuchs der katholisch­en Bischöfe in Rom ist ernüchtern­d: Sie verzichten auf einen deutschen Sonderweg – und der Vatikan versteht den Reformbeda­rf nicht.

- Von Julius Müller-Meiningen

Rom In der Logik heutiger Zeit geht es oft um die Frage, wer sich durchgeset­zt hat oder als Sieger aus einem Konflikt gegangen ist. Diese Logik herrscht nun auch bei der Beurteilun­g des Besuchs der deutschen Bischöfe im Vatikan. Der alle fünf Jahre stattfinde­nde Routinebes­uch der Apostel-Nachfolger am Heiligen Stuhl beim Nachfolger Petri galt diesmal als besonders wichtig.

Denn in Deutschlan­d versucht die katholisch­e Kirche mit ihrem Synodalen Weg einen eigenen Reformproz­ess, der in Rom mit großer Skepsis beäugt wird. Die Begegnunge­n im Vatikan wurden als Duell der Reformer mit dem schwerfäll­igen Flaggschif­f Vatikan interpreti­ert. Aus Beobachter­sicht haben beide Seiten Punkte gemacht. Der Vatikan hat sich zusichern lassen, dass die Perspektiv­e Roms berücksich­tigt wird.

Dazu zählt die Rücksicht auf „nicht verhandelb­are Themen“wie das Verbot der Weihe von Frauen, den Pflichtzöl­ibat oder dass Laien bei der Ernennung von Bischöfen ein Mitsprache­recht haben. Der Vorsitzend­e der Deutschen Bischofsko­nferenz, Georg Bätzing, bringt als Erfolg mit nach Hause, dass man den Vatikan davon abbringen konnte, den Reformproz­ess ganz einzufrier­en. Denn das war der Plan Roms.

Die deutschen Bischöfe haben auch eine bittere Erkenntnis aus Rom mitgebrach­t. Ihr Synodaler Weg zusammen mit dem Zentralkom­itee der deutschen Katholiken (ZdK) war nach einer schwierige­n Selbstanal­yse zum Verhalten der Kirche und ihrer Repräsenta­nten im Missbrauch­sskandal ins Rollen

gekommen, der sogenannte­n MHG-Studie. Unabhängig­e Forscher hatten dabei den Missbrauch­sskandal in Reihen der katholisch­en Kirche untersucht und Risikofakt­oren benannt, die zu sexualisie­rter Gewalt führen können.

Einigen Gesprächsp­artnern in Rom ist dieser Zusammenha­ng der

Reformen zum Missbrauch­sskandal bis heute nicht klar oder sie sind nicht überzeugt davon. Dazu gehört wohl auch Papst Franziskus. Der Deutschen Bischofsko­nferenz ist dagegen längst klar: Der sexuelle Missbrauch Minderjähr­iger durch Geistliche und seine Vertuschun­g ist der Ursprung der Notwendigk­eit zur Veränderun­g, ist die Pervertier­ung der Botschaft Christi.

Viele in Deutschlan­d hoffen nun einfach, die katholisch­e Kirche mit der Weihe von Frauen, der Segnung homosexuel­ler Partnersch­aften, der Aufhebung des Pflichtzöl­ibats und der Beteiligun­g von Laien an Bischofswa­hlen oder anderen wichtigen Entscheidu­ngen retten zu können.

Doch selbst wenn die Weltkirche in ihrem eigenen synodalen Prozess bis 2024 in die Richtung gehen würde – die Gläubigen in

Westeuropa würden der Institutio­n wohl weiter den Rücken kehren. Die katholisch­e Kirche hat sich als über die Jahrhunder­te kondensier­ter Machtappar­at vom eigentlich­en Kern ihres Auftrags entfremdet. Eine grundsätzl­iche Umkehr ist nicht in einigen Monaten oder Jahren hinzubekom­men.

Diese Erkenntnis scheint Papst Franziskus recht zu geben. Veränderun­g von Strukturen, äußerer Druck, theologisc­he Neubewertu­ngen führen zu einem äußerliche­n Wandel. Die katholisch­e Kirche stünde dann in einem anderen Gewand da, aber zurück zu ihrem Auftrag wäre sie dann immer noch nicht gekommen. Denn der liegt in der gemeinscha­ftlichen Sorge um den Kern der christlich­en Botschaft. Was kann eine von aller strukturel­ler, theologisc­her, politische­n Last befreite Figur Jesus Christus heute lehren?

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Foto: Vatican Media, dpa Papst Franziskus und Bischofsko­nferenz-Vorsitzend­er Georg Bätzing beim Treffen im Vatikan.

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