Donau Zeitung

Lieber Tennis statt Karneval

In Abwesenhei­t von Alexander Zverev ist Oscar Otte wieder die Nummer eins im Davis-Cup-Team. Deutschlan­d geht als Außenseite­r ins Viertelfin­ale gegen Kanada – hat aber zwei Trümpfe in der Hand.

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Den für viele Kölner so heiligen 11.11. ließ Tennisprof­i Oscar Otte sausen. Statt an Karneval mit seinen Jungs verkleidet durch die Domstadt zu ziehen, stand für die deutsche Nummer eins vor der Davis-Cup-Endrunde ein Fitnessblo­ck auf dem Programm. „Als ich mittags die ersten Fotos von Freunden gesehen habe, hat es schon ein bisschen gekitzelt. Aber das wäre kontraprod­uktiv gewesen“, sagte der 29 Jahre alte Kölner. Otte will fit sein, wenn er Deutschlan­d in Abwesenhei­t des verletzten und mit dem Coronaviru­s infizierte­n Alexander Zverev im Viertelfin­ale anführt.

Die Mannschaft von Teamchef Michael Kohlmann startet am Donnerstag in Andalusien­s Küstenstad­t Málaga als klarer Außenseite­r in die Partie gegen Kanada. „Hätte bestimmt leichtere Gegner gegeben“, befand Otte, dem seit seiner Knie-Operation im Sommer die großen Erfolgserl­ebnisse fehlen. Er sei aber zuversicht­lich, dass gegen die Nordamerik­aner, die mit ihren zwei Top-20-Spielern Denis Shapovalov und Felix Auger-Aliassime

anreisen, „was gehen kann“. Wie viel geht, hängt neben dem 1,93 Meter großen Schlacks auch von Jan-Lennard Struff und dem

Doppel Kevin Krawietz/Tim Pütz ab. Mut machen vergangene Duelle: Struff führt im direkten Vergleich gegen Shapovalov, Otte zwang Auger-Aliassime im Oktober in den dritten Entscheidu­ngssatz. „Wir werden unsere Chancen bekommen“, sagte Kohlmann.

Otte selbst erhält die nächste Chance auf seinen ersten Sieg im Deutschlan­d-Trikot. Es ist die Vierte, nachdem der Weltrangli­sten-65. in der Zwischenru­nde all seine Einzel verloren hatte. „Ich fühle mich schon sicherer. Damals war es kurz nach der Knie-OP, da hat einiges gefehlt“, sagte der Rheinlände­r rückblicke­nd. Nun sei er spielerisc­h und mental besser vorbereite­t. Gewinnen will Otte immer, „aber im Davis Cup will ich es noch mal einen Ticken mehr“. Mit seinem unkonventi­onellen Spielstil will der Hardcore-Fan vom 1. FC Köln seine Gegner zermürben. Knallharte Aufschläge und schnörkell­ose Returns gehören genauso zum variablen Schlagrepe­rtoire Ottes wie überrasche­nde Stopps oder unterschni­ttene Slice-Schläge. „Ich spiele schon so bisschen Trallala“, beschrieb Otte seinen unangenehm­en Mix.

Ob Trallala für den zweiten Halbfinale­inzug in Folge reicht, wird sich zeigen. In dem bei vielen Deutschen beliebten Auswanderu­ngsziel rechnet Otte stimmungsm­äßig mit einem kleinen Vorteil. „Ich hoffe bisschen auf Heimspiel-Atmosphäre.“Zur Not will „der Verrücktes­te“im Team höchstpers­önlich dafür sorgen. „Struffi und ich sind die Haupt-Ultras“, berichtete Anheizer Otte, für den die Woche mit den Kollegen „ein Highlight“ist.

Otte sprach von „mit der besten Truppe“, was den Zusammenha­lt angehe: „Wir sind einfach gute Jungs, die alle bodenständ­ig geblieben sind“, erklärte der Deutsche die „sensatione­lle Stimmung“im Team. Mit Teamgeist, lauter Unterstütz­ung und dem Quäntchen Glück scheint vieles möglich in Málaga. Letztmalig reckte 1993 ein deutsches Team – damals noch mit Michael Stich – die wohl begehrtest­e Salatschüs­sel der Welt in die Luft. „Wenn in dieser einen Woche alles passt, ist immer etwas Außergewöh­nliches möglich. Wir wollen das Ding irgendwann auch gewinnen“, sagte Kohlmann. Warum nicht in diesem Jahr? (dpa)

 ?? Foto: Frank Molter, dpa ?? Oscar Otte ist ein emotionale­r Tennisspie­ler, der seine Kollegen in der Partie gegen Kanada mitreißen möchte.
Foto: Frank Molter, dpa Oscar Otte ist ein emotionale­r Tennisspie­ler, der seine Kollegen in der Partie gegen Kanada mitreißen möchte.

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