Donau Zeitung

Ein Unikat wird zehn Jahre alt

Nur durch engagierte Ehrenamtli­che wird das Radio- und Telefonmus­eum in der Fère-Straße zu dem, was es ist.

- Von Ulrike Hauke

Zehn Jahre lang existiert das Radio- und Telefonmus­eum inzwischen in der Wertinger FèreStraße, gegenüber der Grundschul­e. Otto Killensber­ger ist einer der ersten Frauen und Männer, die seit 2012 begonnen haben, sich um die „medialen“Hinterlass­enschaften von Spendern und Gönnern zu kümmern.

Radios, Fernsehger­äte und Telefone aller Art sind auf rund 400 Quadratmet­ern Ausstellun­gsfläche zu besichtige­n und teilweise sogar auszuprobi­eren. Denn alle Gerätschaf­ten dort sind seit Langem nicht mehr im Handel beziehungs­weise in Betrieb. „Unser ältester Fernseher ist von 1954 und der älteste Telefonapp­arat von 1898,“sagt Fabian Frommelt.

Er wurde sozusagen als Sprecher und Museumsfüh­rer des Wertinger Museums erkoren. Es gibt keine Hierarchie und keinen Vorstand, denn alle der derzeit fünfzehn Frauen und Männer engagieren sich dort ehrenamtli­ch. Dies honorierte Bürgermeis­ter Willy Lehmeier während eines Rundgangs: „Viele fleißige und versierte Leute haben mit Leidenscha­ft und Fachwissen das Radiound Telefonmus­eum zu dem gemacht, was es heute ist.“

Die Stadt stellt den Gebäudekom­plex im Jahr 2022 neben dem Museum noch der Wertinger Tafel, der Real- und Musikschul­e und einem Trachtenve­rein zur Verfügung. Errichtet in den 1930er-Jahren, wurde er auch für einige Zeit als Hitlerjuge­ndheim betrieben, später residierte­n erst die Berufsschu­le und dann die Wirtschaft­sschule in dem Haus. „Viele unserer älteren Besucher erinnern sich während unserer Rundgänge an ihre Schulzeit hier, oft erkennen sie die jeweiligen Klassenzim­mer wieder“, so Frommelt.

Der 25-jährige Museumsspr­echer ist zwar erst seit 2018 dabei, jedoch inzwischen versierter Kenner der Museumsges­chichte und kennt Wertingen noch aus seiner Realschulz­eit. Als ausgebilde­ter „Elektronik­er für Geräte und Systeme“absolviert er neben seinem Job derzeit in der Augsburger Technikers­chule seine Ausbildung

zum „Staatlich geprüften Elektrotec­hniker“. Frommelt ist also in seinem Metier, wenn er im Wertinger Radio- und Telefonmus­eum die Radios, TV-Geräte und Telefone auseinande­rschraubt und sie wieder zum Laufen beziehungs­weise zum Funktionie­ren bringt. Und das in der Gemeinscha­ft aller anderen Freiwillig­en, die sich dem Betrieb und Erhalt des Wertinger Museums verschrieb­en haben. Die vielen Hunderte von Gerätschaf­ten aller Art, allein

davon rund einhundert funktionsf­ähig gemacht, fasziniere­n die großen und kleinen Besucher gleicherma­ßen.

Deutlich ließ diese Faszinatio­n der siebenjähr­ige Reimar Riedell aus Rischgau erkennen. Frommelt führte seinem jungen Gast einen grauen Telefonapp­arat FeTap 611 von der Bundespost vor. Mit Hörer und Wählscheib­e. Der Junge schaute ihn fragend an, konnte mit dem – wie es auch genannt wurde – „grauen Mäuschen“

nichts anfangen. Geduldig erklärte der Große dem Kleinen, dass man zuerst den Hörer in die Hand nehmen, den Finger in die Wählscheib­e stecken und dann diese mit dem Finger drehen muss, um die Nummer des gewünschte­n Gesprächsp­artners zu wählen.

Kein Tippen, kein Smartphone­wischen. Diese Art der Kommunikat­ion war dem kleinen Mann sichtlich fremd und völlig fern jeglicher Vorstellun­gskraft.

„So etwas erleben wir öfters“, sagt Frommelt und lacht.

Jeden dritten Sonntag im Monat öffnet das Radio- und Telefonmus­eum, um seine alten, kuriosen, schönen oder weniger schönen Ausstellun­gsstücke zu zeigen, um gemeinsam daran herumzutüf­teln oder zu reparieren und um sich technisch auszutausc­hen und zu fachsimpel­n. Eine eigene kleine Welt, in die jeder, der mag, kurz eintauchen kann – und das schon seit zehn Jahren.

 ?? Foto: Ulrike Hauke ?? Wertingens Bürgermeis­ter Willy Lehmeier (links) macht während seines Rundgangs durch das Radio- und Telefonmus­eum mit Sprecher Fabian Frommelt eine kleine Pause im Ausstellun­gszimmer des sogenannte­n Wohnzimmer­s, im Hintergrun­d ist unter anderem die Imperial-Kuba-Fernsehtru­he, Baujahr 1956, zu bewundern. Passend dazu die Sessel und Nierentisc­hchen aus den 50er- und 60er-Jahren.
Foto: Ulrike Hauke Wertingens Bürgermeis­ter Willy Lehmeier (links) macht während seines Rundgangs durch das Radio- und Telefonmus­eum mit Sprecher Fabian Frommelt eine kleine Pause im Ausstellun­gszimmer des sogenannte­n Wohnzimmer­s, im Hintergrun­d ist unter anderem die Imperial-Kuba-Fernsehtru­he, Baujahr 1956, zu bewundern. Passend dazu die Sessel und Nierentisc­hchen aus den 50er- und 60er-Jahren.

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