Donau Zeitung

Mit dieser Fifa ist ein Neuanfang unmöglich

Nach nicht einmal einer Woche WM ist das Bild, das der Weltverban­d abgibt, verheerend. Das ist längst zu einem Problem der nationalen Fußball-Verbände wie dem DFB geworden.

- Von Florian Eisele

Seit nicht einmal einer Woche läuft die Fußball-WM in Katar und schon jetzt ist klar: Dieses Turnier ist wie kein anderes, das es bislang gegeben hat. Es ist ein Panoptikum aus Absurdität­en, das der Fußballwel­tverband Fifa geschnürt hat – und es soll dennoch laut seinem Präsidente­n Gianni Infantino als „beste WM aller Zeiten“verkauft werden. Fast scheint es, als ob das Turnier zu einer riesigen SatireShow geworden ist.

Die Fifa schmückt sich mit Werten wie Toleranz und Diversität, hat aber dem deutschen und anderen europäisch­en Verbänden aus Angst vor dem Gastgeber verboten, mit einer Kapitänsbi­nde aufzulaufe­n, die für Menschenre­chte und gegen Homophobie steht. Und das, obwohl schon das Design der Binde hasenfüßig genug ist: kein

Regenbogen ist darauf zu sehen, sondern eine irgendwie bunte Farbkombin­ation, garniert mit dem letztlich beliebigen Slogan „One Love“. Selbst das ist offenbar ein zu großes Problem für Fifa und Katar. Es ist einer der größten Skandale der WM-Geschichte.

Die Fußball-WM, das zusammen mit Olympia größte Sportevent der Welt, ist in ein Land vergeben worden, bei dem schon angesichts seiner Größe Zweifel erlaubt sein müssen, ob es als Ausrichter geeignet ist. Katar ist kleiner als Schleswig-Holstein und verfügt nicht mal über genug Hotels, um all die Gäste aus aller Welt aufzunehme­n. Dafür stehen dort nun acht WM-Stadien, für die tausende Gastarbeit­er ihr Leben ließen. Und dann die bekannten weiteren Vorwürfe: die systematis­che

Unterdrück­ung von Menschenre­chten, die bislang selbst für FifaVerhäl­tnisse beispiello­sen Korruption­svorwürfe, der Verdacht der Terrorfina­nzierung.

Die Einschaltq­uoten in Deutschlan­d lassen den Schluss zu, dass es jetzt offenbar auch vielen Zuschauern reicht. Am ersten vollen WM-Tag erreichte kein einziges Spiel die Marke von fünf Millionen. Selbst die erste Partie der Deutschen lockte gerade mal gut neun Millionen TV-Zuschauer an.

Die Fifa dürfte das wenig interessie­ren: Für das Turnier in Katar vermeldet sie Rekordeinn­ahmen von 7,25 Milliarden Euro. Zudem ist die europäisch­e Sichtweise für die Fifa nicht mehr entscheide­nd: Bis auf Adidas kommen keine Geldgeber der Fifa mehr aus Europa, Infantino hat seinen Wohnsitz nach Katar verlagert und wird von Verbänden aus Asien, Nahost und Afrika unterstütz­t. Seine Wiederwahl im März gilt als gesichert.

Ist es wirklich sinnvoll, weiterhin mit diesem Weltverban­d zusammenzu­arbeiten? Jeder Einblick ins Innere der Fifa lässt eigentlich einen anderen Schluss zu. Die USBehörden, die 2015 in einer Razzia in Zürich mehrere Funktionär­e verhaftete­n, stuften den Verband als einen „vom organisier­ten Verbrechen und Korruption beeinfluss­ten“Zusammensc­hluss ein. Die Fifa ist ein System, das sich schon lange von jeglicher Moral abgekoppel­t hat, stattdesse­n geht es um Vorteilnah­me und Gewinnmaxi­mierung.

Die einzige Lösung kann nur lauten: Europas Verbände müssen sich von der Fifa lösen und eine eigene Verwaltung etablieren. Die prominente­sten Klubs und viele der größten Stars kommen aus Europa. Das kleine Dänemark hat kürzlich laut über einen Austritt aus der Fifa nachgedach­t und könnte der erste Dominostei­n sein. Fallen weitere nationale oder kontinenta­le Verbände? Hoffentlic­h. Denn eines ist klar: Dieser bis ins Mark korrupte Weltverban­d ist nicht reformfähi­g. Das beweist er gerade mit dieser Parodie einer Fußball-WM.

Das System hat sich von jeglicher Moral abgekoppel­t

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