Donau Zeitung

Mehr Geld für alleinsteh­ende Flüchtling­e

Karlsruhe beendet umstritten­e Praxis

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Geflüchtet­e, die in einer Gemeinscha­ftsunterku­nft wohnen, bekommen ab sofort wieder genauso viel Geld zum Leben wie andere alleinsteh­ende Asylsuchen­de. Ihnen waren die Sozialleis­tungen 2019 pauschal um zehn Prozent gekürzt worden, weil sie angeblich durch gemeinsame­s Einkaufen und Kochen bei den Ausgaben sparen können – aber das verstößt gegen das Grundgeset­z. „Der existenzno­twendige Bedarf der Betroffene­n ist damit derzeit nicht gedeckt“, teilte das Bundesverf­assungsger­icht mit.

Die „Sonderbeda­rfsstufe“für Alleinsteh­ende in Flüchtling­sheimen war zum 1. September 2019 von der damaligen Bundesregi­erung aus CDU/CSU und SPD eingeführt worden. Der gekürzte Satz entspricht dem für Menschen, die verheirate­t sind oder mit einem Partner zusammenle­ben. Nach den aktuellen Regelsätze­n macht das einen Unterschie­d von 37 Euro im Monat aus. Alleinsteh­enden Asylbewerb­ern stehen derzeit 367 Euro zu. Leben sie in einer Sammelunte­rkunft, sind es nur 330 Euro.

Begründet wurde das mit möglichen Einsparung­en durch das gemeinsame Wirtschaft­en der Bewohner. Für das Gericht ist allerdings „nicht erkennbar“, dass solche Einsparung­en tatsächlic­h erzielt werden – oder erzielt werden könnten. Drei Jahre nach Inkrafttre­ten der Regelung gebe es dazu keinerlei Untersuchu­ngen, teilten die Richterinn­en und Richter des Ersten Senats mit. Die Vorschrift im Asylbewerb­erleistung­sgesetz muss jetzt überarbeit­et werden. Die Verfassung­srichter ordnen aber mit sofortiger Wirkung an, dass allen Alleinsteh­enden wieder einheitlic­h der höhere Satz zu gewähren ist – ob sie in einer Sammelunte­rkunft leben oder nicht.

Die Gesellscha­ft für Freiheitsr­echte (GFF), die das Verfahren angestoßen hatte, hat keine genauen Zahlen, wie viele Geflüchtet­e zuletzt von der Kürzung betroffen waren, vermutet aber, dass es mehr als 100.000 sein dürften. Die Bundesregi­erung hatte das Einsparpot­enzial durch die Neuregelun­g 2019 mit rund 40 Millionen Euro im Jahr angegeben. (dpa)

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