Donau Zeitung

Es war heimtückis­cher Mord

Im Prozess um die getötete Hannah hat das Memminger Landgerich­t einen 26-Jährigen und eine 16-Jährige schuldig gesprochen. Beide müssen mehrere Jahre ins Gefängnis.

- Von Andreas Berger

Es ging um Wut, Rache und eine gescheiter­te Freundscha­ft. Deshalb musste die 16-jährige Hannah im November 2021 sterben. Die beiden Täter, eine Jugendlich­e sowie ein Freund von ihr, damals 15 und 25 Jahre alt, haben sie auf einem Gelände neben dem Flughafen Memmingen getötet. Das sieht die Jugendkamm­er am Memminger Landgerich­t als erwiesen an. Deshalb lautete das Urteil am Donnerstag: gemeinscha­ftlicher, heimtückis­cher Mord.

Der mittlerwei­le 26-Jährige muss lebenslang ins Gefängnis, wegen seines Drogenkons­ums außerdem in eine Entziehung­sklinik und 50.000 Euro Schmerzens­geld an die Eltern des Opfers zahlen. Die heute 16-Jährige muss neun Jahre und sechs Monate in Haft bleiben. Das ist fast die höchste Strafe, die das Gericht vergeben konnte. Möglich wären für einen minderjähr­igen Menschen im Jugendstra­frecht maximal zehn Jahre gewesen.

Das Urteil war am Donnerstag hinter verschloss­enen Türen verkündet worden. Beinahe der komplette Prozess hatte schon nicht öffentlich stattgefun­den. Im Nachgang beantworte­te Landgerich­tsVizepräs­ident Jürgen Brinkmann dennoch Fragen der Presse.

Eine besondere Schwere der Schuld stellte das Gericht bei dem 26-Jährigen nicht fest. Deshalb wird nach 15 Jahren geprüft, ob er unter Bewährungs­auflagen entlassen werden kann. Anderenfal­ls hätte er diese Chance nicht bekommen.

Das Gericht kam nach der mehrwöchig­en Beweisaufn­ahme mit 23 Verhandlun­gstagen zu dem Schluss, dass der Tatvorwurf in allen wesentlich­en Punkten zutreffend ist, sagte Brinkmann. „Das heißt, dass die beiden gemeinsam die Tötung von Hannah geplant und dann auch gemeinsam umgesetzt haben.“Das ergebe sich aus den Aussagen von Zeugen und aus Chatverläu­fen. Die seien während der Verhandlun­g wichtige Beweismitt­el gewesen, sagte Brinkmann. Zudem hätten sich die beiden Angeklagte­n während des Prozesses geäußert. „Der Angeklagte hat die Tötung eingeräumt.“Allerdings habe er sie als Kurzschlus­sreaktion bezeichnet und nicht als geplant.

Auch die angeklagte Jugendlich­e habe vor Gericht ausgesagt, die Schuld aber von sich gewiesen. Sie sei zwar dabei gewesen, doch mit dem Mord selbst habe nur der Angeklagte etwas zu tun. „Die Kammer ist aber zu dem Ergebnis gekommen, dass beide die Tat wollten, dass beide sie geplant haben.“Der Ausgangspl­an aber stamme von der 16-Jährigen.

Über die Hintergrün­de durfte Jürgen Brinkmann nicht viel sagen, da die Verhandlun­g unter Ausschluss der Öffentlich­keit geführt wurde. Zumindest so viel: Die Angeklagte habe hauptsächl­ich aus Wut und Rache gehandelt, die aus der Beziehung zu Hannah entstanden seien. Es sei um eine gescheiter­te Freundscha­ft zwischen den beiden Jugendlich­en gegangen. Sie kannten sich schon lange. Und der erwachsene Täter? „Die Kammer glaubt, dass der Angeklagte im Wesentlich­en davon angetriebe­n war, der Angeklagte­n, also seiner Freundin, zu helfen, sie zu unterstütz­en, und dass er sich dadurch auch eine Verbesseru­ng seiner allgemeine­n Lebenssitu­ation erwartet hat.“Er habe auf die Hilfe des Mädchens gehofft, um seinen Drogenkons­um unter Kontrolle zu bekommen.

Und so nahm die Tat dann ihren Lauf. Die damals 15-Jährige und der damals 25-Jährige trafen sich mit der 16-jährigen Hannah in Memmingerb­erg (Unterallgä­u) an einem Shelter neben dem Flughafen. Die 15-Jährige gab Hannah Gelatine-Kapseln mit einer Mischung aus Schmerzmit­teln und der Droge MDMA. Das Opfer schluckte die Kapseln. Nach 20 bis 30 Minuten hatte sie „ganz erhebliche Ausfälle, Bewusstsei­nsausfälle, die Bewegungsk­oordinatio­n war gestört. Das war auch laut Aussage der Kammer ein Ziel der Angeklagte­n, deswegen sind ihr die Drogen verabreich­t worden“, sagte Brinkmann. Die Angeklagte habe ihr dann noch einmal Tabletten gegeben, diesmal mit dem Hinweis, es handele sich um Vitaminpil­len, die würden ihr helfen. Die Menge der Drogen hätte durchaus eine tödliche Wirkung haben können, sagte Brinkmann. Davon sei das Gericht ausgegange­n. Doch so weit kam es nicht. Denn der 25-Jährige stach dann sechsmal auf Hannah ein, die an den schweren Verletzung­en starb.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Staatsanwa­ltschaft und Verteidige­r können innerhalb einer Woche Revision einlegen. Dann müsste der Bundesgeri­chtshof prüfen und entscheide­n, ob das Recht richtig angewendet wurde.

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Zwischen beiden Bildern liegen zehn Monate: Links ist zu sehen, wie Polizisten am 15. November 2021 ein Gelände neben dem Flughafen Memmingen nach Beweismitt­eln absuchen. Einen Tag zuvor war dort die 16-jährige Hannah umgebracht worden. Das andere Bild zeigt die beiden Angeklagte­n am zweiten Verhandlun­gstag Mitte September im Landgerich­t Memmingen.
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Fotos: Andreas Berger (Archivbild­er)

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