Donau Zeitung

Problem Wolf

Das Europaparl­ament stimmt für eine Überprüfun­g der Richtlinie zum Schutz des Raubtiers. Abgeordnet­e fordern unter anderem mehr Geld, um Landwirten zu helfen.

- Von Katrin Pribyl

In diesem Sommer traf das Thema die Präsidenti­n der EUKommissi­on höchstpers­önlich. Das 30 Jahre alte Pony „Dolly“von Ursula von der Leyen wurde im heimischen Burgdorf in der Region Hannover eines Nachts mutmaßlich von einem Wolf gerissen. Die ganze Familie sei „fürchterli­ch mitgenomme­n von der Nachricht“, erklärte Ursula von der Leyen.

Nicht nur sie treiben der Wolf und die wachsende Wolfspopul­ation in vielen EU-Mitgliedst­aaten um. Zahlreiche EU-Abgeordnet­e fordern daher eine Überarbeit­ung der aktuellen Regelung: Großraubti­ere wie Wölfe, Braunbären oder Luchse stehen seit 1992 EU-weit unter strengem Schutz im Rahmen der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, die „alle absichtlic­hen Formen des Fangs oder der Tötung“in freier Wildbahn verbietet. Am Donnerstag stimmte das Europaparl­ament in Straßburg nun mehrheitli­ch für eine Resolution – in der die Abgeordnet­en eine Überprüfun­g der Vorschrift verlangen. So pochen sie unter anderem auf mehr Geld für Schutzmaßn­ahmen in der Landwirtsc­haft gegen Wolfsrisse sowie auf mehr finanziell­e Mittel für Entschädig­ungen.

Auch der Appell an die Kommission, ein Überprüfun­gsverfahre­n zu entwickeln, „damit der Schutzstat­us von Population­en in

bestimmten Regionen geändert werden kann, sobald der gewünschte Erhaltungs­zustand erreicht ist“, fand Unterstütz­ung im Plenum. Es war einer der Änderungsa­nträge der konservati­ven EVP-Fraktion. Die Kommission müsse endlich handeln, sagte der CDU-Europaabge­ordnete Jens Gieseke. Bislang drücke sich die Politik vor klaren Entscheidu­ngen. „Berlin bemüht Brüssel und Brüssel verweist auf Berlin.“Wer aber die Risse in Schafherde­n, bei Fohlen

oder auch anderen Tieren sehe, der wisse: „Es ist fünf nach zwölf.“

Seit Monaten verlangen auch einige Mitgliedst­aaten, vorneweg Österreich, eine Überarbeit­ung der Richtlinie. EU-Umweltkomm­issar Virginijus Sinkeviciu­s hatte die Bedenken von besonders betroffene­n Ländern kürzlich zu zerstreuen versucht und die derzeitige Regelung hervorgeho­ben, die den Staaten „angemessen­e Instrument­e, Mittel und Werkzeuge an die Hand gibt, um sicherzust­ellen, dass die

Erhaltung geschützte­r Großraubti­ere und die Fortsetzun­g nachhaltig­er landwirtsc­haftlicher Praktiken Hand in Hand gehen können“. Jetzt hieß es vonseiten der Kommission, man sei sich „der Dringlichk­eit bewusst“.

Der Dokumentat­ions- und Beratungss­telle des Bundes für den Wolf (DBBW) zufolge lebten 2021/2022 in Deutschlan­d insgesamt 158 Rudel, 27 Paare und 20 territoria­le Einzeltier­e. Gleichwohl kam es 2020 deutschlan­dweit zu 942 Übergriffe­n von Wölfen. Dabei wurden laut DBBW 3374 Schafe, Ziegen, Rinder und andere Nutztiere getötet, verletzt oder als vermisst gemeldet. „Raubtiere und insbesonde­re Wölfe stellen eine große Gefahr für den ländlichen Raum dar“, sagte der EU-Abgeordnet­e Norbert Lins (CDU). Diese müsse „klar und deutlich“benannt werden. Wie seine Fraktionsk­ollegen forderte er eine Neubewertu­ng des Schutzstat­us – zum Ärger von SPD-Europaparl­amentarier­in Delara Burkhardt.

„Die EVP-Fraktion, getrieben von CDU und CSU, spielt wieder einmal mit der Rechten und der extremen Rechten mit den Ängsten von Menschen, diesmal vor dem Wolf, auf der Suche nach Identität und Wählerstim­men“, kritisiert­e sie. Ihrer Meinung nach bietet die Richtlinie „bereits die Flexibilit­ät und die Instrument­e, um die Koexistenz zwischen Menschen und Wölfen zu gewährleis­ten“.

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Foto: Carsten Rehder, dpa (Symbolbild) Wölfe griffen im Jahr 2020 deutschlan­dweit mehr als 3300 Schafe, Ziegen, Rinder und andere Nutztiere an.

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