Donau Zeitung

Bayern klagen über Bus und Bahn

Nur in zwei Bundesländ­ern ist die Unzufriede­nheit mit dem öffentlich­en Nahverkehr noch größer. Umwelt- und Verkehrsex­perten bezweifeln, dass das 49-Euro-Ticket daran etwas ändert.

- Von Christian Grimm

Die Bayerische Staatsregi­erung präsentier­t ihr Land gerne als den Primus unter den Ländern – Spitze in allen Bereichen. Doch bei der Mobilität stimmt das Selbstbild der Staatsregi­erung nicht mit dem Bild der Bürger überein. In einer repräsenta­tiven Umfrage sagen nur 58 Prozent der Bayern, dass sie sich gut an Bus und Bahn angebunden fühlen. Im Umkehrschl­uss heißt das, dass es 42 Prozent nicht sind. Nur in Rheinland-Pfalz und Mecklenbur­g-Vorpommern fühlen sich die Menschen noch abgehängte­r.

Gefragt nach der Bewertung des Nahverkehr­sangebots haben die Allianz pro Schiene, der Verkehrssi­cherheitsr­at

und der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND). Im Nachbarlan­d Baden-Württember­g ist die Stimmung eine andere. Die Menschen dort sind zufriedene­r mit der Verfügbark­eit von Bus und Bahn. Zwei Drittel sagen, sie seien gut angebunden, ein Drittel empfindet das Gegenteil. Damit liegt das Ländle genau im deutschen Durchschni­tt.

Jeder dritte Deutsche sei mit der Anbindung an den Nahverkehr unzufriede­n sagt der Chef der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. „Dieser Befund ist politisch hochreleva­nt, weil die Republik seit Wochen über das Neun-Euro-Ticket beziehungs­weise 49-Euro-Ticket spricht.“Wenn das 49-Euro-Ticket ein Erfolg werden solle, so Flege, müssten deutlich mehr Busse und

Bahnen fahren als bisher. Vor allem die Verbindung zu den Bahnhöfen per Bus ist aus Fleges Sicht in weiten Teilen des Landes völlig unzureiche­nd. Ausnahmen sind die Metropolen Berlin, Hamburg und Bremen, in denen jeweils neun von zehn Befragten mit dem Angebot einverstan­den sind.

Mit dem 49-Euro-Ticket macht der Staat das Bus- und Bahnfahren billiger. Das kostet viel Geld, das bei der Verbreiter­ung des Angebots fehlt. Die Bundesregi­erung hat den Ländern für das kommende Jahr eine zusätzlich­e Milliarde für den Nah- und Regionalve­rkehr zugesagt. Bislang sind es rund zehn Milliarden Euro pro Jahr.

Mit dem Geld werden Regionalzü­ge bezuschuss­t, die sich allein durch den Verkauf von Fahrkarten nicht wirtschaft­lich betreiben lassen. Flege hält die bereitgest­ellten Mittel trotz Aufstockun­g aber für nicht ausreichen­d, um das Angebot zu verbessern: „Es wird allein schwierig, das bestehende Angebot aufrechtzu­erhalten.“Die Befragung zeigt außerdem, dass die Menschen mehrheitli­ch nicht die Entfernung zur nächsten Haltestell­e als zu weit empfinden, sondern dass dort der Bus oder die Bahn zu selten fahren.

Der neue Vorsitzend­e der Eisenbahne­rgewerksch­aft EVG, Martin Burkert, sieht in Bayern die Staatsregi­erung in der Pflicht, den Ausbau des Nah- und Regionalve­rkehrs zu beschleuni­gen. „Es braucht Investitio­nen in den ÖPNV und den Schienenna­hverkehr. Nur so kann Bayern zeigen, den Klimaschut­z ernst zu nehmen“, sagte Burkert unserer Redaktion. Die Taktung zu steigern, könnte allerdings nicht nur am fehlenden Geld scheitern, sondern auch an fehlenden Fahrern. Busfahrer sind Mangelware, gerade auch in Bayern.

Dass der Nahverkehr nicht attraktiv genug ist, um die Menschen vom Auto wegzulocke­n, zeigt das Heer der Pendler. Jeden Morgen machen sich Millionen auf zur Arbeit, zwei Drittel davon in ihrem Auto. Eine Erfahrung des 9-EuroTicket­s ist, dass diese Millionen zwar am Wochenende für den Ausflug den Regionalzu­g genommen haben, den Weg zur Arbeit aber weiter mit ihrem Pkw zurücklege­n. Das Sparticket allein hat nicht zum Umstieg geführt.

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