Bayern klagen über Bus und Bahn
Nur in zwei Bundesländern ist die Unzufriedenheit mit dem öffentlichen Nahverkehr noch größer. Umwelt- und Verkehrsexperten bezweifeln, dass das 49-Euro-Ticket daran etwas ändert.
Die Bayerische Staatsregierung präsentiert ihr Land gerne als den Primus unter den Ländern – Spitze in allen Bereichen. Doch bei der Mobilität stimmt das Selbstbild der Staatsregierung nicht mit dem Bild der Bürger überein. In einer repräsentativen Umfrage sagen nur 58 Prozent der Bayern, dass sie sich gut an Bus und Bahn angebunden fühlen. Im Umkehrschluss heißt das, dass es 42 Prozent nicht sind. Nur in Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern fühlen sich die Menschen noch abgehängter.
Gefragt nach der Bewertung des Nahverkehrsangebots haben die Allianz pro Schiene, der Verkehrssicherheitsrat
und der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Im Nachbarland Baden-Württemberg ist die Stimmung eine andere. Die Menschen dort sind zufriedener mit der Verfügbarkeit von Bus und Bahn. Zwei Drittel sagen, sie seien gut angebunden, ein Drittel empfindet das Gegenteil. Damit liegt das Ländle genau im deutschen Durchschnitt.
Jeder dritte Deutsche sei mit der Anbindung an den Nahverkehr unzufrieden sagt der Chef der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. „Dieser Befund ist politisch hochrelevant, weil die Republik seit Wochen über das Neun-Euro-Ticket beziehungsweise 49-Euro-Ticket spricht.“Wenn das 49-Euro-Ticket ein Erfolg werden solle, so Flege, müssten deutlich mehr Busse und
Bahnen fahren als bisher. Vor allem die Verbindung zu den Bahnhöfen per Bus ist aus Fleges Sicht in weiten Teilen des Landes völlig unzureichend. Ausnahmen sind die Metropolen Berlin, Hamburg und Bremen, in denen jeweils neun von zehn Befragten mit dem Angebot einverstanden sind.
Mit dem 49-Euro-Ticket macht der Staat das Bus- und Bahnfahren billiger. Das kostet viel Geld, das bei der Verbreiterung des Angebots fehlt. Die Bundesregierung hat den Ländern für das kommende Jahr eine zusätzliche Milliarde für den Nah- und Regionalverkehr zugesagt. Bislang sind es rund zehn Milliarden Euro pro Jahr.
Mit dem Geld werden Regionalzüge bezuschusst, die sich allein durch den Verkauf von Fahrkarten nicht wirtschaftlich betreiben lassen. Flege hält die bereitgestellten Mittel trotz Aufstockung aber für nicht ausreichend, um das Angebot zu verbessern: „Es wird allein schwierig, das bestehende Angebot aufrechtzuerhalten.“Die Befragung zeigt außerdem, dass die Menschen mehrheitlich nicht die Entfernung zur nächsten Haltestelle als zu weit empfinden, sondern dass dort der Bus oder die Bahn zu selten fahren.
Der neue Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft EVG, Martin Burkert, sieht in Bayern die Staatsregierung in der Pflicht, den Ausbau des Nah- und Regionalverkehrs zu beschleunigen. „Es braucht Investitionen in den ÖPNV und den Schienennahverkehr. Nur so kann Bayern zeigen, den Klimaschutz ernst zu nehmen“, sagte Burkert unserer Redaktion. Die Taktung zu steigern, könnte allerdings nicht nur am fehlenden Geld scheitern, sondern auch an fehlenden Fahrern. Busfahrer sind Mangelware, gerade auch in Bayern.
Dass der Nahverkehr nicht attraktiv genug ist, um die Menschen vom Auto wegzulocken, zeigt das Heer der Pendler. Jeden Morgen machen sich Millionen auf zur Arbeit, zwei Drittel davon in ihrem Auto. Eine Erfahrung des 9-EuroTickets ist, dass diese Millionen zwar am Wochenende für den Ausflug den Regionalzug genommen haben, den Weg zur Arbeit aber weiter mit ihrem Pkw zurücklegen. Das Sparticket allein hat nicht zum Umstieg geführt.