Donau Zeitung

Über das Wesen der Spanier

- Von Tilmann Mehl

Wer etwas über das Wesen einer Nation wissen möchte, beschäftig­e sich mit seiner Fußballges­chichte. Oder umgekehrt. Aus gegebenem Anlass heute: Spanien und die Spanierinn­en sowie Spanier.

Wie das Land, so die Leute. Könnte aus einer Bier-Werbung sein. Und trifft auf Spanien zu. Weil kaum ein Land derart viele Facetten bietet wie jenes auf der Iberischen Halbinsel. Iberer waren mal eine Stammesgru­ppe, die da zur Antike gelebt haben, daher der Name. Bildungsau­ftrag nachgekomm­en. Die Spanier und Spanierinn­en jedenfalls sind so unterschie­dlich wie das Land. Der vom Atlantik zerklüftet­e Norden, der sonnenverw­öhnte Osten an der Mittelmeer­küste, Insulaner auf Kanaren und Balearen. Leben und leben lassen. Könnte man meinen.

Ist aber in Spanien nicht so. Die stolzen Katalanen begehren seit Jahrzehnte­n Autonomie. Die ihnen aber nicht gewährt wird. Während man im noblen Madrid die FrancoDikt­atur eher pragmatisc­h weglebte, lehnten sich die Katalanen verstärkt dagegen auf. Auch daraus resultiert heute noch die Rivalität zwischen Barcelona und Madrid. Eine Rivalität, die besonders in den Spielen des FC Barcelona gegen Real Madrid ausgelebt wird. Als Luis Figo die Katalanen in Richtung Madrid verließ, wurde er bei seinem ersten Auftritt als RealSpiele­r mit einem auf das Spielfeld geworfenen Schweineko­pf begrüßt.

Über Jahrzehnte stand der Konflikt in Katalonien auch einem gedeihlich­en Miteinande­r in der Nationalma­nnschaft im Weg. Während Real Madrid und der FC Barcelona auf Vereinsebe­ne internatio­nale Titel sammelten, blieb die Nationalel­f seit dem EM-Triumph

1964 lange Zeit erfolglos. Erst der mürrische Luis Aragonés schaffte es, beide Parteien zu einen und zum Finalsieg bei der Europameis­terschaft 2008 gegen Deutschlan­d zu führen. Es war der Auftakt in die erfolgreic­hste Phase der Nationalma­nnschaft, die einen WM- sowie einen EM-Sieg später enden sollte.

Die Spanier hatten sich nicht weiterentw­ickelt. Kennen sie auch aus der Geschichte. So verließen sie sich nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus lange Zeit auf die Einkünfte aus ihren Kolonien. Als diese versiegt waren, war Spanien im europäisch­en Vergleich industriel­l zurückgebl­ieben. Das liegt lange zurück. Heute ist Spanien hinter den USA und Frankreich das am drittmeist­en besuchte Land der Welt. Wegen des Wetters, der Leute und der Sehenswürd­igkeiten. Eine davon ist der spanische Fußball.

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Foto: Rafa Casal, Witters Als Luis Figo von Barcelona nach Madrid wechselte, wurde er bei seiner Rückkehr mit einem Schweineko­pf empfangen.
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