Hefe – der Killer im Brot
Hungern Hefepilze, vergiften sie auch Verwandtschaft.
Unter Nahrungsmangel bilden Hefepilze ein Gift, das konkurrierende Bakterien und sogar die eigene Verwandtschaft abtötet. Sie stellen auf diese Weise ihr eigenes Überleben sicher, berichtet ein japanischdänisches Forscherteam im Fachmagazin PLOS Biology. „Von einem derart riskanten und fast selbstmörderischen Verhalten wurde zuvor weder bei einem einzelligen Organismus berichtet noch hat man gedacht, dass es überhaupt existieren könnte“, sagte Studienleiter Tetsuhiro Hatakeyama von der Universität Tokio.
Hefen sind einzellige Pilze, schon seit langem werden sie zur Herstellung von Lebensmitteln wie Wein, Bier oder Kefir eingesetzt. Am bekanntesten ist die sogenannte Bäckerhefe Sacharomyces cerevisiae, die beim Brotbacken verwendet wird, aber auch in der Bier- und Weinerzeugung. Hefen ernähren sich von Kohlenhydraten, also Zuckern wie Glucose, Fructose oder Maltose. Wenn ihnen Zucker fehlt, müssen sich sowohl die einzelnen Hefe-Zellen als auch die gesamte Population anpassen, um zu überleben, erläutern die Forschenden. Sie untersuchten zunächst in Kulturversuchen
die Entwicklung der Hefe Schizosacharomyces pombe, einer Art, die sich durch Teilung (Spaltung) vermehrt. In einigen Kulturen reduzierten die Wissenschaftler den Glucose-Anteil – sie ließen die Hefen hungern. „In der kritischen Situation des Glukosemangels geben die Hefen Gifte in ihre Umgebung ab, die andere Mikroorganismen abtöten, während die Hefe selbst eine Resistenz entwickelt“, erklärte Hatakeyama. Auch die eigene Verwandtschaft – also Zellen, die aus derselben elterlichen Zelle hervorgegangen sind – blieb nicht verschont. „Wir haben dieses Phänomen Nachzügler-Tötung genannt.“
Die Ergebnisse zeigten eine überraschend egoistische Seite des Hefe-Verhaltens, sagte Hatakeyama. Wie weitere Experimente belegten, bildet auch die nur entfernt verwandte Bäckerhefe S. cerevisiae entsprechende Gifte – ein Hinweis darauf, dass der Mechanismus unter Hefen weit verbreitet ist. Die neuen Erkenntnisse könnten womöglich in der Lebensmittelindustrie nützlich sein, wenn es darum geht, Wachstumskontrollen für Hefen zu entwickeln.