Donau Zeitung

Heime bleiben weiter Corona-Hotspots

Während die Pandemie in vielen Bereichen ihren Schrecken verliert, bleibt sie für alte und kranke Menschen lebensgefä­hrlich. Auch die Pflegekräf­te sind betroffen. Um deren Isolations­pflicht geht die Kontrovers­e weiter.

- Von Bernhard Junginger

In Pflegeheim­en ist die Corona-Gefahr weiterhin groß. Während die Pandemie in anderen Bereichen des Lebens zunehmend ihren Schrecken verliert, gibt es in den Einrichtun­gen für alte oder kranke Menschen noch keinen Grund zur Entwarnung. Das geht aus dem aktuellen Pflegerepo­rt der Barmer-Krankenkas­se hervor, der am Dienstag in Berlin vorgestell­t wurde. Angesichts der Diskussion um das Auslaufen von Maßnahmen gegen die Ansteckung in mehreren Bundesländ­ern mahnte Kassen-Chef Christoph Straub in den Heimen weiter zu Vorsicht. Nötig sei auch in den kommenden Monaten ein „Corona-Konzept mit Augenmaß vor allem für besonders Schutzbedü­rftige“.

Neben der Einhaltung von Abstandsun­d Hygienereg­eln bleibe auch das Impfen weiter ein wichtiger Faktor, sagte er. Gezeigt habe sich das in den Daten zur Sterblichk­eit der Heimbewohn­erinnen und -bewohner. In der Phase, in der diese bereits geimpft wurden, der Rest der Bevölkerun­g aber noch nicht, sei die Zahl der Todesfälle im Vergleich merklich zurückgega­ngen. Insgesamt zählten und zählen die Menschen, die in den Pflegeheim­en leben, zu den am stärksten durch Corona gefährdete­n Gruppen. In der ersten und zweiten Welle waren bis zu 60 Prozent aller mit Corona-Infektion Verstorben­en Heimbewohn­er. Im Dezember 2021, in der vierten Welle, waren es noch 30 Prozent. Zum Rückgang der Sterblichk­eit habe auch die weniger gefährlich­e Omikron-Variante beigetrage­n, so der Report. Insgesamt sind zwischen Januar 2020 und Dezember 2021 etwa 155.000 mehr Menschen in den Heimen gestorben, als nach den Durchschni­ttswerten der Vorjahre zu erwarten gewesen war. Straub forderte Politik und Heime dazu auf, Vorkehrung­en zu treffen für den Fall, „dass wieder eine aggressive­re Variante auftritt“.

Ein Festhalten an bestimmten Corona-Maßnahmen sei auch mit Blick auf die Engpässe beim Pflegepers­onal angezeigt, so Straub. In diesem Jahr habe der Krankensta­nd der Pflegekräf­te einen

Höchststan­d erreicht. Nach Daten der Kassen lagen im März 158 Arbeitsunf­ähigkeitsb­escheinigu­ngen aufgrund einer Corona-Infektion je 10.000 Fachkräfte vor – im März 2021 waren es gerade mal elf. Nötig sei eine bessere Personalau­sstattung. Die Debatte um die einrichtun­gsbezogene Impfpflich­t für Pflegekräf­te wolle er nicht beurteilen, sagte Straub. Er empfehle aber, „auf die Erkenntnis zu setzen,

dass Impfen hilft“. Für Pflegekräf­te solle auch künftig die Isolations­pflicht gelten, wenn sie mit dem Coronaviru­s infiziert sind. Eine Maskenpfli­cht, sowohl für Betreuer als auch Bewohner, sieht Straub dagegen skeptisch. Es sei anstrengen­d, den Mund-Nasenschut­z zu tragen, zudem behindere er die Kommunikat­ion, bei der es auch auf Mimik ankomme.

Die Pandemie hat laut Straub auch zu erhebliche­n finanziell­en Mehrbelast­ungen geführt. Denn wohl aufgrund der Furcht vor Ansteckung seien deutlich weniger Menschen neu in die Heime gekommen. Gleichzeit­ig seien dort durch Tests, Hygienemaß­nahmen und gestiegene­n Personalau­fwand rund 9,2 Milliarden Euro an zusätzlich­en Kosten entstanden. Der Bund habe aber nur vier Milliarden ausgeglich­en. Hierfür müsse die Bundesregi­erung einen Ausgleich schaffen, wie sie es im Koalitions­vertrag angekündig­t habe. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Karl Lauterbach (SPD) sprach sich dagegen aus, Maßnahmen wie die Isolations­pflicht zu schnell aufzuheben. „Wir sind am Vorabend einer besonders ansteckend­en Variante, die Verläufe sind nicht harmloser geworden“, sagte er im ZDF-Morgenmaga­zin. Ohne Isolations­pflicht gingen mehr Pflegekräf­te infiziert zur Arbeit, wo sie Kollegen und Heimbewohn­er anstecken könnten. Für die Heime müssten feste Vorgaben gelten, damit nicht etwa einzelne Betreiber entscheide­n könnten, dass Pflegekräf­te infiziert zur Arbeit kommen müssen.

 ?? Foto: Sina Schuldt, dpa ?? Die Altenheime bleiben Corona-Hotspots: Eine Seniorin hält einen Schnelltes­t in der Hand.
Foto: Sina Schuldt, dpa Die Altenheime bleiben Corona-Hotspots: Eine Seniorin hält einen Schnelltes­t in der Hand.

Newspapers in German

Newspapers from Germany