Donau Zeitung

Neues Leben für alte Häuser: In der Lauinger Altstadt bewegt sich etwas

Aus alt wird neu: Überall in der Innenstadt stehen Baugerüste und werden Häuser saniert. Drei Besuche an drei sehr unterschie­dlichen Orten.

- Von Jonathan Mayer

Die Geschichte­n, die Harald Skudlarek über sein Haus an der Lauinger Zenettistr­aße erzählen kann, wären ein eigenes Buch wert. Teile des Grundstück­s gehörten einer Erbengemei­nschaft, jahrelang war er auf der Suche nach den Hinterblie­benen, um die fehlende Fläche zu kaufen. Bis in die USA waren die Erben verteilt. Doch wenn alles gut geht, kann er bald endlich anfangen. Aus einem fast 700 Jahre alten Bauwerk in Lauingens ältestem Stadtteil wird dann ein Schmuckstü­ck, in das nach Jahrzehnte­n endlich wieder Leben einkehrt.

Das Gebäude mit der Hausnummer 32 ist mit seinem großen vorstehend­en Giebel eines der imposantes­ten an der Straße. Rechts ragt das Martinsmün­ster in die Höhe, links das Lauinger Schloss. Die Mauern biegen sich etwas nach außen, Risse klaffen in der Fassade. Es drängt sich die Frage auf, die an diesem Tag noch öfter aufkommen wird: Wieso tut man sich so ein Projekt an? Die Sanierung – zumal denkmalges­chützt – wird nicht günstig, dafür aufwendig. Doch für

Skudlarek ist es nicht das erste Mal. Auch in Dillingen und Harburg hat er bereits alten Häusern neues Leben eingehauch­t. Ihm mache das Spaß.

Wie sehr, das zeigt sich spätestens, wenn man mit ihm durch das alte Gebälk steigt und er die vielen Eigenheite­n des Hauses zeigt. Der Boden im Erdgeschos­s ist uneben, Jahrzehnte alte Spinnweben klammern sich in den Haaren fest. Früher war im hinteren Gebäudetei­l ein Stall, vorn lebten Menschen. Im zweiten Stock lagerte Stroh und Heu, ein Plumpsklo hängt an der Außenwand. Irgendwann muss auch ein Künstler das Haus bewohnt haben. Das lässt zumindest die kreative Farbgestal­tung des ersten Stocks vermuten. Alte Dias auf dem Fenstersim­s zeugen von längst vergangene­n, glückliche­n Tagen. Wie lange das Haus schon unbewohnt ist, kann auch Skudlarek nicht sagen. Er schätzt mindestens 40 Jahre. Drei Wohnungen sollen im Gebäude entstehen, neun weitere in einem Stadel dahinter und einem Neubau dazwischen. Alles sozial gefördert und barrierefr­ei.

Dass es mit dem Haus vorangeht, ist kein Zufall. Überall in der

Innenstadt waren in den vergangene­n Wochen Baugerüste zu sehen. Mal werden Fassaden erneuert, mal Gebäude kernsanier­t. An vielen Gerüsten hängt ein großes Plakat der Altstadtfr­eunde, einem Bündnis von Bürgern, die Hausbesitz­er und Kaufintere­ssenten vernetzen. Seit drei Jahren gibt es die Initiative bereits, jetzt trägt ihre Arbeit Früchte.

Nicht nur Skudlarek kam so an sein neues Projekt. Einige hundert Meter weiter in der Schlossstr­aße steht auf der alten Stadtmauer ein grünes Haus, in dem sich Handwerker breitgemac­ht haben. Sie verlegen Fliesen, streichen Wände und bauen südlich sogar einen zweiten Balkon an.

Marco Käutsch, der in Zöschlings­weiler eine Schreinere­i führt, verliebte sich bei einem Spaziergan­g mit Bernd Schwenk von den Altstadtfr­eunden in das Gebäude. „Man kommt schon manchmal an seine Grenzen“, sagt Käutsch. Doch solche Sanierunge­n seien seine Leidenscha­ft, immerhin könne er als Schreiner viel selbst machen.

Vieles von dem, was er ändern will, muss mit dem Denkmalsch­utz abgestimmt werden. Kunststoff­rahmen für Fenster seien ein Nogo, bodentiefe Fenster gehen ebenfalls nicht. Dafür aber der Hängebalko­n auf der Südseite. Käutsch machen die Vorgaben nichts aus. „Wenn man in diese Richtung tickt, hat man wenig Probleme“, sagt er. Kunststoff­rahmen würden ohnehin nicht ins Bild passen. Und: Es gebe immer eine Lösung.

Im Gebäude entstehen zwei Wohnungen, eine mit 45, eine mit 92 Quadratmet­ern. Mieter hat er bereits gefunden. Am 1. Januar ziehen sie ein. An der Herzog-GeorgStraß­e hat Bernd Schwenk schon vor einigen Jahren ein Haus gekauft und saniert. Das Besondere: Hier, gleich neben dem Schimmeltu­rm, gibt es einen kleinen Garten im Hinterhof, umgeben von Häusern direkt unter dem Lauinger Wahrzeiche­n. Schwenk erzählt vom Umbau: Für manche Arbeiten musste damals ein Baukran kommen, der von der Geiselinas­traße aus Baumateria­l über ein anderes Gebäude in den Innenhof hievte. Doch der Aufwand habe sich gelohnt.

Schwenk ist überzeugt: „Der Blick der Investoren richtet sich auf Lauingen.“An vielen Stellen in der Innenstadt bewege sich etwas. Die Initiative wünsche sich aber, dass in Sachen Umbau der Herzog-Georg-Straße

mehr voranginge und es mehr Parkplätze gäbe. „Anwohnerpa­rken ist zu jeder Uhrzeit ein Problem“, sagt Schwenk. Dringend nötig sei ein Gesamtverk­ehrskonzep­t für die Innenstadt.

Und dann ist da noch Margit Hopf-Heusler. Sie ist eine der neuen Entwicklun­gslotsen, ein Ehrenamt, das die Stadt ins Leben gerufen hat. Hopf-Heusler soll bald Leerstände erfassen, sammeln und dann – ähnlich wie die Altstadtfr­eunde – Potenziale ausloten. „Lauingen hat ja riesige Chancen mit so vielen Innenstadt­gebäuden“, sagt sie.

Und gerade für jüngere Familien, die aus der Großstadt nach Lauingen kommen, seien Altstadtwo­hnungen attraktiv. Als Entwicklun­gslotsin hat sie eine eigene Mail-Adresse bekommen: neueswohne­n@lauingen.de. Sie vermutet, dass im kommenden Jahr wieder mehr verkauft wird. Und dann spricht sie das Ziel der bayerische­n Staatsregi­erung an, den Flächenver­brauch von elf auf fünf Hektar am Tag zu reduzieren. Eine Aufgabe, für die Städte wie Lauingen einen wertvollen Beitrag leisten können. Denn noch gibt es einige Häuser, die auf neues Leben warten.

 ?? Foto: Jonathan Mayer ?? Wohnen unterm Schimmeltu­rm – und das mit Garten. Hier hat der Lauinger Bernd Schwenk ein komplettes Gebäude saniert.
Foto: Jonathan Mayer Wohnen unterm Schimmeltu­rm – und das mit Garten. Hier hat der Lauinger Bernd Schwenk ein komplettes Gebäude saniert.

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