Neues Leben für alte Häuser: In der Lauinger Altstadt bewegt sich etwas
Aus alt wird neu: Überall in der Innenstadt stehen Baugerüste und werden Häuser saniert. Drei Besuche an drei sehr unterschiedlichen Orten.
Die Geschichten, die Harald Skudlarek über sein Haus an der Lauinger Zenettistraße erzählen kann, wären ein eigenes Buch wert. Teile des Grundstücks gehörten einer Erbengemeinschaft, jahrelang war er auf der Suche nach den Hinterbliebenen, um die fehlende Fläche zu kaufen. Bis in die USA waren die Erben verteilt. Doch wenn alles gut geht, kann er bald endlich anfangen. Aus einem fast 700 Jahre alten Bauwerk in Lauingens ältestem Stadtteil wird dann ein Schmuckstück, in das nach Jahrzehnten endlich wieder Leben einkehrt.
Das Gebäude mit der Hausnummer 32 ist mit seinem großen vorstehenden Giebel eines der imposantesten an der Straße. Rechts ragt das Martinsmünster in die Höhe, links das Lauinger Schloss. Die Mauern biegen sich etwas nach außen, Risse klaffen in der Fassade. Es drängt sich die Frage auf, die an diesem Tag noch öfter aufkommen wird: Wieso tut man sich so ein Projekt an? Die Sanierung – zumal denkmalgeschützt – wird nicht günstig, dafür aufwendig. Doch für
Skudlarek ist es nicht das erste Mal. Auch in Dillingen und Harburg hat er bereits alten Häusern neues Leben eingehaucht. Ihm mache das Spaß.
Wie sehr, das zeigt sich spätestens, wenn man mit ihm durch das alte Gebälk steigt und er die vielen Eigenheiten des Hauses zeigt. Der Boden im Erdgeschoss ist uneben, Jahrzehnte alte Spinnweben klammern sich in den Haaren fest. Früher war im hinteren Gebäudeteil ein Stall, vorn lebten Menschen. Im zweiten Stock lagerte Stroh und Heu, ein Plumpsklo hängt an der Außenwand. Irgendwann muss auch ein Künstler das Haus bewohnt haben. Das lässt zumindest die kreative Farbgestaltung des ersten Stocks vermuten. Alte Dias auf dem Fenstersims zeugen von längst vergangenen, glücklichen Tagen. Wie lange das Haus schon unbewohnt ist, kann auch Skudlarek nicht sagen. Er schätzt mindestens 40 Jahre. Drei Wohnungen sollen im Gebäude entstehen, neun weitere in einem Stadel dahinter und einem Neubau dazwischen. Alles sozial gefördert und barrierefrei.
Dass es mit dem Haus vorangeht, ist kein Zufall. Überall in der
Innenstadt waren in den vergangenen Wochen Baugerüste zu sehen. Mal werden Fassaden erneuert, mal Gebäude kernsaniert. An vielen Gerüsten hängt ein großes Plakat der Altstadtfreunde, einem Bündnis von Bürgern, die Hausbesitzer und Kaufinteressenten vernetzen. Seit drei Jahren gibt es die Initiative bereits, jetzt trägt ihre Arbeit Früchte.
Nicht nur Skudlarek kam so an sein neues Projekt. Einige hundert Meter weiter in der Schlossstraße steht auf der alten Stadtmauer ein grünes Haus, in dem sich Handwerker breitgemacht haben. Sie verlegen Fliesen, streichen Wände und bauen südlich sogar einen zweiten Balkon an.
Marco Käutsch, der in Zöschlingsweiler eine Schreinerei führt, verliebte sich bei einem Spaziergang mit Bernd Schwenk von den Altstadtfreunden in das Gebäude. „Man kommt schon manchmal an seine Grenzen“, sagt Käutsch. Doch solche Sanierungen seien seine Leidenschaft, immerhin könne er als Schreiner viel selbst machen.
Vieles von dem, was er ändern will, muss mit dem Denkmalschutz abgestimmt werden. Kunststoffrahmen für Fenster seien ein Nogo, bodentiefe Fenster gehen ebenfalls nicht. Dafür aber der Hängebalkon auf der Südseite. Käutsch machen die Vorgaben nichts aus. „Wenn man in diese Richtung tickt, hat man wenig Probleme“, sagt er. Kunststoffrahmen würden ohnehin nicht ins Bild passen. Und: Es gebe immer eine Lösung.
Im Gebäude entstehen zwei Wohnungen, eine mit 45, eine mit 92 Quadratmetern. Mieter hat er bereits gefunden. Am 1. Januar ziehen sie ein. An der Herzog-GeorgStraße hat Bernd Schwenk schon vor einigen Jahren ein Haus gekauft und saniert. Das Besondere: Hier, gleich neben dem Schimmelturm, gibt es einen kleinen Garten im Hinterhof, umgeben von Häusern direkt unter dem Lauinger Wahrzeichen. Schwenk erzählt vom Umbau: Für manche Arbeiten musste damals ein Baukran kommen, der von der Geiselinastraße aus Baumaterial über ein anderes Gebäude in den Innenhof hievte. Doch der Aufwand habe sich gelohnt.
Schwenk ist überzeugt: „Der Blick der Investoren richtet sich auf Lauingen.“An vielen Stellen in der Innenstadt bewege sich etwas. Die Initiative wünsche sich aber, dass in Sachen Umbau der Herzog-Georg-Straße
mehr voranginge und es mehr Parkplätze gäbe. „Anwohnerparken ist zu jeder Uhrzeit ein Problem“, sagt Schwenk. Dringend nötig sei ein Gesamtverkehrskonzept für die Innenstadt.
Und dann ist da noch Margit Hopf-Heusler. Sie ist eine der neuen Entwicklungslotsen, ein Ehrenamt, das die Stadt ins Leben gerufen hat. Hopf-Heusler soll bald Leerstände erfassen, sammeln und dann – ähnlich wie die Altstadtfreunde – Potenziale ausloten. „Lauingen hat ja riesige Chancen mit so vielen Innenstadtgebäuden“, sagt sie.
Und gerade für jüngere Familien, die aus der Großstadt nach Lauingen kommen, seien Altstadtwohnungen attraktiv. Als Entwicklungslotsin hat sie eine eigene Mail-Adresse bekommen: neueswohnen@lauingen.de. Sie vermutet, dass im kommenden Jahr wieder mehr verkauft wird. Und dann spricht sie das Ziel der bayerischen Staatsregierung an, den Flächenverbrauch von elf auf fünf Hektar am Tag zu reduzieren. Eine Aufgabe, für die Städte wie Lauingen einen wertvollen Beitrag leisten können. Denn noch gibt es einige Häuser, die auf neues Leben warten.