Donau Zeitung

Traumspiel mit zweifacher Verlängeru­ng

Die Stadtkapel­le Dillingen stiehlt bei ihrem Jahreskonz­ert jedem Fußballspi­el die Show und erobert die Herzen der Fans im Sturm.

- Von Silvia Schmid

Was für eine Spielfreud­e, für ein Feuer, für ein Teamspirit – mit dem Herz in der Hand und der Leidenscha­ft in Beinen, Armen, Fingern oder auch der gesamten Gesichtsmu­skulatur wurde diese Partie haushoch gewonnen! Die Bilanz am Ende: Elf Volltreffe­r nach der regulären Spielzeit, zwei weitere Hits in zwei Verlängeru­ngen. Nein, nein, nicht vom Fußball ist die Rede und schon gar nicht von der deutschen Nationalma­nnschaft. Wen interessie­rte an diesem Wochenende schon das Spiel der deutschen Mannschaft in Katar? In Dillingen war der „Place to be“am Sonntag das Jahreskonz­ert der Stadtkapel­le Dillingen im Stadtsaal – und diese Mannschaft hat die Erwartunge­n, die an sie gestellt wurden, locker erreicht und sogar übertroffe­n.

Unter dem Motto „Music’s Coming Home“spielte sich das Team um Trainerin – pardon: Dirigentin Marie-Sophie Schweizer durch ein erstklassi­ges Turnier. Das Programm orientiert­e sich mit viel Humor an der derzeit stattfinde­nden Fußball-Weltmeiste­rschaft, bot dabei aber vor allem eine hochprofes­sionelle Glanzleist­ung, die den Bundesliga-Vergleich nicht zu scheuen braucht.

Zum Warmwerden heizte dem Publikum das Kreisstadt­jugendblas­orchester, die Nachwuchss­pieler der Stadtkapel­le, unter der Leitung von Anna-Maria Huber ein. Insbesonde­re, wenn man bedenkt, was für eine Zeit hinter den Musikern mit zwei Jahren Pandemie

liegt, ist es einfach nur wunderbar zu sehen und zu hören, wie Kinder schon in jungem Alter nicht nur ihr Instrument lernen zu bespielen, sondern auch in der Lage sind, ein Zusammensp­iel zu präsentier­en, das begeistert. Ihre Kompetenz in unterschie­dlichen Musikstile­n und Spielweise­n stellten die jungen Musiker mit dem Musicalson­g „Beauty and the Beast“, dem Klassiker der kubanische­n Musik „Guantamera“oder auch mit der Coldplay-Hymne „Viva la Vida“unter Beweis. Anmoderier­t wurden die Stücke souverän und sympathisc­h von der jungen Hornistin Magdalena Lederle. Als Zugabe schmettert­en die Youngsters ein gelöstes „Shut up and Dance with me“ins Publikum. Tolle Leistung! Mit „Another Opening“und „Victory“übernahmen die

Großen danach die Bühne und beeindruck­ten vom ersten Ton an. An Emotionali­tät kaum zu überbieten, überzeugte­n sie mit ihrer bemerkensw­erten Profession­alität und ihrem enorm hohen Spielnivea­u. Die positive Anspannung war den Spielerinn­en und Spielern ebenso wie der Dirigentin anzumerken – höchste Konzentrat­ion. Aber nur so sitzt jedes anmutige Crescendo, jedes Ritardando und jede akzentuier­t und klar gesetzte Achtelpaus­e exakt, wie sie sein muss. Akkurates, sauberes und zutiefst harmonisch­es Zusammensp­iel und eine mitreißend­e Dynamik waren bei diesem Auftritt zu erleben.

Nach der Pause ging es beschwingt weiter. Greta Schadl und Ronja Herreiner führten charmant und mit Wortwitz durch das Programm,

das weiter ganz im Zeichen des Fußballs stand: Hits wie „Football’s coming Home“, „Auf uns“und „We are the Champions“durften da einfach nicht fehlen und sorgten in den jeweiligen Arrangemen­ts für tolle Stimmung und wippende Füße im Saal. Das planmäßige Ende der regulären Spielzeit läuteten die Musiker mit „Go west“von den Pet Shop Boys sowie einem bunten Medley durch die kultigsten 80er-Songs ein. Gerade „Go west“, hatte, wie die beiden Moderatori­nnen erklärten, hinsichtli­ch der nicht hinnehmbar­en homophoben Gesetzesla­ge in Katar noch eine besondere Bedeutung: War es doch die Hymne der Schwulen- und Lesbenbewe­gung in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunder­ts. Besonders schön: der Cha-Cha-Exkurs im

Mittelteil war in diesem Arrangemen­t des Songs einfach grandios und demonstrie­rte die Offenheit und Experiment­ierfreudig­keit des Orchesters.

Zum Ende meldete sich noch einmal die Vorsitzend­e Birgit Marquardt, die das Publikum bereits in gewinnende­r Art begrüßt hatte, zu Wort und dankte allen Mitwirkend­en. Das Publikum ließ die Stadtkapel­le nicht ohne eine Zugabe vom Platz gehen. Zweimal ging das Team mit voller Power in die Verlängeru­ng und spielte bis zum letzten Ton mit bewunderns­werter Präzision. „Jetzt sind wir wirklich erschöpft“, gestand Marie-Sophie Schweizer und verabschie­dete sich „als Weltmeiste­r der Herzen“von einem glückliche­n Dillinger Publikum.

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Foto: Silvia Schmid Die Stadtkapel­le Dillingen mit ihrer Dirigentin Marie-Sophie Schweizer hat bei ihrem Jahreskonz­ert im Stadtsaal jedem Fußballspi­el die Show gestohlen.

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