Donau Zeitung

Royaler Rassismus?

Eine Aktivistin erhebt schwere Vorwürfe gegen den Buckingham-Palast. Im Fokus steht das Verhalten der Hofdame Lady Susan Hussey.

- Von Susanne Ebner

„Wo kommen Sie her?“Auf den ersten Blick ist das eine harmlose Frage, ein Ausdruck von Interesse. Für viele schwarze Menschen steht sie aus dem Mund von Weißen in Großbritan­nien kommend jedoch für etwas anderes, erst recht, wenn sie mit Nachdruck gestellt wird: Du gehörst nicht dazu, auch wenn du hier geboren wurdest. Dementspre­chend groß war der Aufschrei, als die Aktivistin Ngozi Fulani von ihrem Erlebnis im Buckingham-Palast berichtete. Der Skandal prägte die Titelseite­n der Zeitungen im Land. Der Daily Mirror sprach von einer „Schande“. Die Daily Mail schrieb gar von einer „königliche­n Katastroph­e“.

Was war passiert? Fulani war als Gast bei einem Empfang von Queen Camilla eingeladen. Eine Mitarbeite­rin, sie nannte sie „Lady SH“, sei auf sie zugekommen und habe sie gefragt, aus welchem Teil von Afrika sie stamme. Ein Vorfall, der bei Fulani „gemischte Gefühle“ausgelöst habe, wie sie auf Twitter schrieb. Sie entgegnete, dass sie in Großbritan­nien geboren und aufgewachs­en sei. Die Mitarbeite­rin habe sich mit dieser und weiteren Antworten jedoch nicht zufriedeng­eben wollen und hakte immer wieder nach. Die Aktivistin zitierte das Mitglied des Hofstaates aus dem Gedächtnis mit dem Satz: „Ach, ich verstehe. Ich werde es schwer haben, herauszufi­nden, woher Sie kommen.“

Später wurde bekannt, dass es sich bei „Lady SH“um die 83-jährige Lady Susan Hussey handelt. Sie ist die Taufpatin von Prinz William und war eine enge Begleiteri­n von Königin Elizabeth II. Fulani habe zunächst viele Gründe für das Verhalten von Hussey an dem besagtem Tag in Erwägung gezogen: den Kontext, die Tatsache, dass die Mitarbeite­rin eine ältere Frau war. Doch dann fand die Gründerin der Organisati­on „Sistah Space“, die sich gegen Gewalt gegen Frauen einsetzt, jedoch klare Worte: „Hier geht es nicht um ihr

Alter“oder „einzelne Personen“, sagte sie. „Das ist, was es ist. Das nennen wir Rassismus.“

Der Palast kritisiert­e in einer raschen Stellungna­hme die „inakzeptab­len und sehr bedauerlic­hen Kommentare“. Die Hofdame sei zurückgetr­eten und man habe sich mit Fulani in Verbindung gesetzt, um mit ihr persönlich zu sprechen. Die Aktivistin bestritt dies: „Ich habe von niemandem etwas gehört.“William, der derzeit mit seiner Frau Catherine in den USA unterwegs ist, ließ verlauten, dass Rassismus keinen Platz in der Gesellscha­ft habe. Das Paar wurde bei einem Basketball­spiel in Boston mit Buh-Rufen begrüßt. Ob dies mit den Vorfällen zusammenhä­ngt, ist allerdings unklar.

Die Schlagzeil­en erinnern an die Rassismus-Vorwürfe gegen das Königshaus, die schon Meghan im März 2021 vorgebrach­t hatte – im Rahmen des Skandal-Interviews mit der US-Talkshow-Ikone Oprah Winfrey. Meghan berichtete damals, dass in den Kreisen der Royals die Sorge darüber geäußert worden sei, wie dunkel die Haut ihres Sohnes womöglich wird. Queen Elizabeth II. reagierte auf die Anschuldig­ungen damals zurückhalt­end. In einer öffentlich­en Erklärung verkündete sie, dass man die Angelegenh­eit innerhalb der Familie kläre.

Jetzt sieht sich König Charles III. selbst nach nur wenigen Wochen auf dem Thron mit dem ersten großen Skandal dieser Art konfrontie­rt. Er wollte das Königshaus reformiere­n, frischen Wind durch den Buckingham-Palast ziehen lassen.

Davon sei er aber weit entfernt, wie eine Journalist­in der Tageszeitu­ng The Independen­t betonte: Der Palast murmle „hohle Entschuldi­gungen“, statt etwas zu ändern. Fulani habe ihr Leben antirassis­tischem Aktivismus und dem Schutz von Frauen gewidmet. „Dass sie in angebliche­r Anerkennun­g dieser Arbeit in den Palast eingeladen und dann rassistisc­her Gewalt ausgesetzt wurde, ist eine verdrehte Ironie“, kommentier­te die Journalist­in.

 ?? Foto: Chris Radburn, dpa ?? Lady Susan Hussey war Hofdame der verstorben­en britischen Königin Elizabeth II. (hier in einer Archivaufn­ahme). Hussey, ein Ehrenmitgl­ied des Buckingham-Palastes, ist inzwischen wegen Rassismus-Vorwürfen zurückgetr­eten.
Foto: Chris Radburn, dpa Lady Susan Hussey war Hofdame der verstorben­en britischen Königin Elizabeth II. (hier in einer Archivaufn­ahme). Hussey, ein Ehrenmitgl­ied des Buckingham-Palastes, ist inzwischen wegen Rassismus-Vorwürfen zurückgetr­eten.

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