Donau Zeitung

Die minimale Form des WM-Boykotts

- Von Tilmann Mehl

Sie wird oft belächelt. Alte Männer in Vereinskne­ipen sorgen sich um den Fortbestan­d und suchen Wege, sich für eine Zukunft aufzustell­en, in der sie keine Rolle mehr spielen werden. Die Verbandsar­beit. Ganz wichtig: die Suche nach Sponsoren, die mal einen Satz Trikots finanziere­n oder eine neue Tischtenni­splatte. So sollte man sich auch die Arbeit bei der Fifa vorstellen.

Der Fußball-Weltverban­d steht noch dazu systembedi­ngt vor einer ganz außergewöh­nlichen Herausford­erung. Er richtet lediglich alle vier Jahre das Fest aus, bei dem die kickende Jugend der Welt zusammenko­mmt. Nur alle vier Jahre wird somit ein wenig Geld in die leeren Kassen gespült. Wie gut, dass die Fifa ein paar Sponsoren hat, die sie auch in der Zwischenze­it über Wasser halten.

Nun ist es aber so, dass die Fifa nicht überall gut gelitten ist. Das bringt Verbandsar­beit so mit sich. Viel Feind, viel Ehr. Für jene, die es mit dem Fußball, aber nicht mit der Fifa halten, ist dieses Turnier aus vielerlei Gründen eine Herausford­erung. Für manche ist es ein gangbarer Weg, sich die Spiele anzuschaue­n, den Verband und seine Sponsoren – Partner, wie sie die Fifa bezeichnet – nicht zusätzlich finanziell zu unterstütz­en. Das aber ist gar nicht so leicht.

Den Direktflug nach Katar bietet nur eine einheimisc­he Fluggesell­schaft an. Fifa-Sponsor, klar. In den sauren Apfel muss gebissen werden. In einen anderen nicht. Auch der Kreditkart­en-Riese Visa ist einer der liebenswer­ten Kleinspons­oren. Ohne Visa geht bei der WM nichts. Im Medienzent­rum kann einzig mit einer Karte des Fifa-Partners bezahlt werden. Kein Cash, keine andere Karte. We accept only Visa. In einer Zeit, in der an jedem zahlungspf­lichtigen Plumpsklo im mecklenbur­gischen Hinterland mit Handy oder Karte der Wahl die Rechnung beglichen werden kann. Die Dame am Visa-Schalter würde schnell eine Karte ausstellen. Aber: Reste von Stolz. Wer soll denn auch Kredit geben? Die Fifa? Besitzt keinen mehr.

So aber nun Verzicht. Kein leckeres Buffet im Medienrest­aurant. Nicht einmal Kaffee in der liebevolle­n Burgerbrat­erei mit dem goldenen M, die sich auch zu den Partnern zählen darf. Und: auch keinen Apfel in den Stadien. Auch der: nur mit Visa erhältlich. (Bild: Tilmann Mehl)

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Ohne Visa geht in Katar nichts.

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