Preisschock für Gemeinden: Strompreise steigen extrem
Zahlreiche Kommunen nehmen an einer besonderen Ausschreibung teil und müssen nun hohe Strompreise zahlen. Ein Bürgermeister spricht von „Wahnsinn“. Es gibt einen Hoffnungsschimmer und einen Wermutstropfen.
Johann Gebele, der Bürgermeister von Laugna, ist stinksauer. „Das ist der Wahnsinn“, schimpft er. Gebele hatte wie viele andere Rathauschefs im Landkreis und aus ganz Bayern beim Stromeinkauf für seine Gemeinde auf eine spezielle Ausschreibung gesetzt. Das ging viele Jahre lang gut, doch heuer kamen dabei extrem hohe Preise heraus. Doch die Kommunen müssen diese zahlen. Die Folge: Diese Preise werden letztlich auch die Bürger und Bürgerinnen zu spüren kommen, da sie beispielsweise die Wasserpreise oder Kanalgebühren in die Höhe treiben werden.
Hintergrund: Um einen guten Strompreis zu erzielen, schlossen sich viele Gemeinden und Städte zusammen. Sie beauftragten die Firma Kubus Kommunalberatung und Service GmbH - als Kooperationsberater des Bayerischen Gemeindetages - mit der sogenannten Bündelausschreibung zur Stromvergabe. Dadurch wurde bislang für die Kommunen meist ein guter Strompreis erreicht. Doch heuer kam es anders. Die Ausschreibung fand zu einem Zeitpunkt statt, in dem der Strompreis auf dem Markt sehr hoch war.
Bürgermeister Gebele vermutet, dass die Anbieter aufgrund der unsicheren Lage angesichts der Energiekrise auf höherem Niveau eingestiegen sind. Das Ergebnis: Der Strompreis, der bei der Bündelausschreibung herauskam, ist in den meisten Fällen extrem hoch. Bürgermeister Gebele spricht sogar von „exorbitant hoch“. Doch diesen Preis müssen die Kommunen nun zahlen, ob sie wollen oder nicht. Das ist in dem Vertrag festgeschrieben.
Einige Beispiele: Laugna muss brutto bald 90 Cent pro Kilowattstunde zahlen, aber in den kommenden Jahren wird es dann weniger. „Zuvor waren es rund 20 Cent“, erklärt Gebele. In Höchstädt schlug laut Auskunft von Bürgermeister Gerrit Maneth bislang die Kilowattstunde brutto mit 23 Cent zu Buche, künftig sind es 69 Cent. Für Wertingen stieg der Strompreis für die Straßenbeleuchtung von 24 Cent auf 93 Cent. Die Preise der Bündelausschreibung treffen auch Zusamaltheim und andere Kommunen im Landkreis.
Doch einige Gemeinden hatten auch Glück. Villenbach setzt beispielsweise auf Öko- beziehungsweise Biostrom. „Wir haben dafür kein Angebot aus der Bündelausschreibung erhalten“, berichtet Bürgermeister Werner Filbrich. Somit landete die Gemeinde in der Grundversorgung der Lechwerke und muss laut Filbrich nun rund 42 Cent pro Kilowattstunde zahlen. Das ist deutlich günstiger als die meisten Ergebnisse, die bei der Bündelausschreibung herauskamen. Auch Dillingen war bei der Bündelausschreibung nicht dabei. Die Stadt bezieht den Strom von den Dillinger Stadtwerken.
Doch für die Verantwortlichen in den Städten und Gemeinden, die bei der Bündelausschreibung dabei waren, gibt es nun einen Hoffnungsschimmer - die Strompreisbremse. Diese soll, wie es derzeit aussieht, auch für die Kommunen greifen. Somit bleiben Gemeinde und Städte vermutlich vor den exorbitanten Preisen verschont. Bürgermeister Gebele zieht dabei zwar die Vorteile für seine Kommune und sagt: „Für uns ist das eine Abminderung des Schadens“. Doch er macht klar, dass es auch einen Wermutstropfen gibt: „Alles was der Staat zahlt, zahlen auch die Bürger. Nun machen viele mit ihren Steuergeldern die Stadtwerke reicher.“Diese würden den Strom vermutlich deutlich günstiger einkaufen können und dann aber den Kommunen teuer in Rechnung stellen.
Die hohen Strompreise haben die betroffenen Bürgermeister im Landkreis geschockt. Aus diesem Grund hatte es auch eine Videokonferenz mit den Verantwortlichen des Gemeindetages gegeben. Laut Gebele sei dabei nochmals klar geworden, dass die Gemeinden und Städte nicht aus den Verträgen aussteigen können. Das ärgert den Bürgermeister aus Laugna. „Wir beauftragen Fachleute und Experten. Da darf so etwas doch nicht passieren“, sagt Gebele.Stefan Graf, der Energiereferent beim Bayerischen Gemeindetag, erklärt wie es zu dem Vertragsabschluss kam: „Oberstes Gebot war für uns, die Stromlieferverträge zu vermitteln.“Und zwar für 1453 öffentliche Auftragsgeber. „Es gab auch einige Kommunen, die zum damaligen Zeitpunkt geschockt waren, weil sie keine Verträge erhielten“, so Graf. Außerdem müsse man bedenken, dass die Preise in den Jahren 2024 und 2025 fallen werden und 2023 die Strompreisbremse gelte.
Tobias Steinwinter, der Bürgermeister von Zöschingen und Kreisvorsitzende des Bayerischen Gemeindetags fügt an, dass man eine solche Vereinbarung nur aufheben könne, wenn sie nicht marktgerecht sei. Doch die Strompreise seien an der Börse zum diesem Zeitpunkt so hoch gewesen. Bei einer Aufhebung hätte man sich vielleicht sogar schadensersatzpflichtig gemacht. Er betont: „Die Verträge sind in guter Absicht gemacht worden. Keiner konnte zu diesem Zeitpunkt sagen, wie sich die äußeren Umstände ändern werden. Im Nachhinein ist man dann aber immer schlauer.“