Zwischen böser Satire und Gelassenheit
Bruno Jonas ist kein Freund sanfter Worte. Der gebürtige Niederbayer mag es auch mit 70 Jahren scharfzüngig und kernig. Gerade zu Beginn seiner Karriere machte er sich damit nicht nur Freunde.
München Das Leben schreibt oft die besten Geschichten – traurige ebenso wie romantische, lustige oder spannende. Und wenn es schräg wird, freut es vor allem die Kabarettisten. So wie Bruno Jonas, der das politische und gesellschaftliche Geschehen seit vielen Jahren kommentiert, gerne bissig, aber stets humorvoll. „Ich denke, der Humor hat eine stark versöhnende Kraft, die wir in dieser Zeit gut nutzen können, in der es nur noch Empörte und Ruhiggestellte gibt“, sagte Jonas im Vorfeld seines 70. Geburtstags am Samstag.
Wäre es nach seinen Eltern gegangen, hätte der gebürtige Passauer die Metzgerei der Familie übernommen. Doch es war die Bühne, die ihn faszinierte. Im Fürstbischöflichen Opernhaus sang er im Chor und wirkte bei Operetten und Musicals mit. Auch die katholische Kirche prägte ihn in dieser Hinsicht. Als Ministrant habe er seine ersten „Show-Erfah- rungen“gesammelt, sagte er mal im Bayerischen Rundfunk . Am Ambo stehen und zur Gemeinde sprechen – für ihn eine gute Vorbereitung. „Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich dabei viel gelernt habe: wie man betont, wie man spricht und so weiter.“
Ausgerechnet dieser Messdiener brachte die Menschen in seiner politisch konservativ geprägten Heimatstadt gegen sich auf, war er doch 1975 an der Seite von Sigi Zimmerschied im Kabarettstück „Die Himmelskonferenz“zu sehen. Das Thema: eine zweite Schwangerschaft der Gottesmutter Maria. Ärger war vorprogrammiert, inklusive Auftrittsverbot. Doch Jonas beeindruckte das wenig. „Das hat uns aber eher angespornt, weiterzumachen.“Und der Erfolg gab ihm recht. Selbst Konservative söhnten sich im Laufe der Jahrzehnte mit ihm aus – so verlieh der Bayerische Landtag ihm 2016 die Verfassungsmedaille.
Jonas machte Karriere, mit seinem Bühnenprogramm ebenso wie im Fernsehen, wo er mit Dieter Hildebrandt in der ARD-Kabarettsendung „Scheibenwischer“auftrat. Ab 2004 redete er Politikerinnen und Politikern ins Gewissen, als Fastenprediger Barnabas beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg. Dreimal nahm er die mal mehr, mal weniger Mächtigen aufs Korn, bevor er seinen Posten wieder aufgab, aus Angst vor Routine, wie er damals erklärte. Bis heute eng verbunden ist Jonas der Lachund Schießgesellschaft in München. Er ist Mitgesellschafter und Autor. Und er ist Initiator des Zentralrats des Deutschen Humors, bei dem es nicht nur um die besten Lacher geht, sondern auch um die wissenschaftliche Seite. „Es macht Spaß, drüber nachzudenken, was es mit dem Phänomen des Humors auf sich hat“, beschreibt Jonas seine
Idee. „Humor darf grundsätzlich in jeder Situation zur Anwendung kommen: Bei Ärger, Enttäuschung und Niederlagen kann Humor eine psychisch reinigende Wirkung entfalten und sie im besten Fall umwandeln in einen entspannenden Lacher.“Und er sei ein Urbedürfnis: „Der Humor, das ist ein seelisches Vermögen. So lange es Menschen gibt, gibt es auch Humor, er ist eine Konstante seit Anbeginn der Zeit.“
Auch die Grenzen des Kabarettistischen lotet Jonas gerne aus. Trotz des Grundrechts der freien Meinungsäußerung gebe es Einschränkungen, was Satire dürfe und was nicht. „Aber man darf schon überlegen, ob dieser Begriff der Cancel Culture eigentlich identisch ist mit dem Begriff Zensur und ob es richtig ist, dass die gesamte Persönlichkeit eines Künstlers bei einem vermeintlichen
Fehltritt angegriffen wird.“Versuche, jemanden in seinem Rederecht einzuschränken, und Einschüchterungen gebe es. „Dieses Hindern am Reden ist ja eine altbekannte, fast schon traditionelle Strategie, wobei gegen Kritik an sich natürlich überhaupt nichts zu sagen ist. Satire fordert ja Gegenpositionen heraus.“
Allerdings lasse „das Vermögen, einen satirischen Text wahrzunehmen, ein bisschen nach“sagt Jonas. Es gebe Menschen, die sehr große Schwierigkeiten damit hätten. Er selbst fühle sich dadurch aber nicht eingeschränkt. „Ich kann ja nur Pointenangebote machen und Lachangebote, und der Pointenverbraucher entscheidet dann selber, wie er reagiert.“
Überhaupt der deutsche Humor. Hierzulande herrsche oft ein gewisser Trotz. „Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Vielleicht brauchen wir in diesem Jahr mehr Trotz, aber der Trotz ist mir persönlich zu trutzig. Dieses Abriegelnde, das hat was Militärisches“, findet der Kabarettist. „Mir persönlich ist da das angelsächsische Gefühl lieber oder Schiller, der gesagt hat: Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“
Doch wie schafft man es, angesichts der gegenwärtigen Nachrichtenlage optimistisch zu bleiben? „Ich muss manchmal feststellen, dass mir der Humor fehlt. Die Welt ist ja oft eine trübselige Sache“, räumt Jonas ein. Insgesamt sei er aber ein bisschen gelassener geworden, wenn auch nicht in allen Dingen. Sein Rezept für einen entspannteren Umgang mit den Widrigkeiten des Lebens hat er aus seiner Heimat: „Wir sagen in Niederbayern: Gleich gar nicht ignorieren.“