Donau Zeitung

Bierhoff wird seinen Job kaum behalten können

- Von Tilmann Mehl

Fußball ist ungerecht. Nicht etwa, weil mitunter eine Mannschaft gewinnt, die nicht hätte gewinnen sollen. Weil vielleicht der Schiedsric­hter einen entscheide­nden Fehler macht, der Ball vom Pfosten zurück ins Feld springt oder eine andere dieser unzähligen Unwägbarke­iten ein Team den Weg zum Erfolg weist, das ihn nicht verdient hat. Das macht diesen Sport aus.

Fußball ist ungerecht, weil oft Personen für Versäumnis­se verantwort­lich gemacht werden, die nichts dafür können. Hansi Flick hat gegen Japan keine Abseitssit­uation aufgehoben wie Niklas Süle . Er hat den Ball auch nicht Keylor Navas an den Kopf geschossen oder die Kugel an den Pfosten gesetzt wie seine Offensivsp­ieler. Flick ist genauso wenig allein verantwort­lich für das frühe Ausscheide­n in Katar, wie es Joachim Löw in Russland war. Löw hatte die Mannschaft 2014 zum Titel geführt, Flick die Bayern zum Champions-League-Sieg. Deutschlan­d hat kein Trainer-Problem, Deutschlan­d hat ein Spieler-Problem.

Hier nun kommt Oliver Bierhoff ins Spiel. Er hat den einst so verstaubte­n Verband seit 2004 aufgemöbel­t. Gegen Widerständ­e und auf eine Art, die den Immerweite­rkämpfen-Deutschen nur selten behagt hat. Bierhoff ist nicht der Chefausbil­der des Verbandes, aber er hat sich willfährig zum Gesicht des deutschen Fußballs machen lassen. Seit Jahren rücken weder gut ausgebilde­te Verteidige­r noch Stürmer nach. Der DFB propagiert

schon länger, dass das Ergebnis im Jugendfußb­all in den Hintergrun­d rücken soll, damit sich Spieler besser entwickeln können. Fußball ist aber ein Ergebnissp­ort. Ein Fehlerspor­t. Es gewinnt nicht die Mannschaft, die mehr richtig macht, sondern jene, die weniger verkehrt macht. Das ist ein Unterschie­d. Die Vereine sehen den Verband in der Pflicht, der die Leitplanke­n setzt. Geprägt aber werden die Kinder im Verein. Es ist Sache der Leistungsz­entren, Spezialist­en auszubilde­n – und sich nicht für Scouting-Erfolge im Jugendbere­ich feiern zu lassen. Wie etwa beim FC Bayern, wo man für sich reklamiert, dass Jamal Musiala aus der eigenen Jugend stamme. Musiala aber wurde in England geprägt.

Für all die Versäumnis­se im deutschen Fußball wird in den kommenden Tagen Oliver Bierhoff verantwort­lich gemacht werden. Das ist nicht fair. Aber Teil des Geschäfts, von dem er seit Jahrzehnte­n profitiert.

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Foto: Federico Gambarini, dpa Oliver Bierhoff ist das Gesicht des deutschen Fußballs – aber wie lange noch?
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