In der Höchstädter Weihnachtsmärchenwelt
Seit mehr als 20 Jahren leuchtet Rudi Troßbachs Haus im Advent. Der Höchstädter erklärt, warum er so viele Lichterketten aufhängt.
Höchstädt Eigene Wege gehen – bewusst, mit Freude und Elan. Wie sich Menschen damit individuell verwirklichen und womöglich lichtvoll auf andere und unsere Gesellschaft wirken, wollen wir mit dieser Serie im Advent aufzeigen.
Dieses Haus in der Bürgermeister-Grimminger-Straße in Höchstädt zieht in der Vorweihnachtszeit unweigerlich die Blicke an. Denn hier ist auf wenigen Quadratmetern so viel Kitsch versammelt, dass es schon wieder Kult ist. Engel, Schneemänner, Nikolause, Löwen, Elefanten, Hunde, eine Krippe. Rudi Troßbach hat aber auch zwei Freiheitsstatuen aufgestellt – und der Höhepunkt: das Schloss Neuschwanstein. Im Keller des Anwesens und in Gartenhäuschen des 65-Jährigen lagert noch viel mehr: Rentiere, Heilige Drei Könige, Kamele, Esel, Ochsen, Ziegen. Troßbach bittet um Verständnis, dass er seine Schätze nicht alle nach oben geräumt hat. „Ich bin gesundheitlich angeschlagen“, sagt der
Höchstädter, der eine schwere Operation überstanden hat.
Troßbachs skurrile Weihnachtswunderwelt gibt es bereits seit mehr als 20 Jahren. „Damals war ich der Einzige weit und breit, und viele haben gesagt, ich bin verrückt“, blickt der 65-Jährige zurück. Heute gebe es ja auch in der Region viele „Weihnachtshäuser“, die im Advent im Lichterglanz erstrahlen. Vor mehr als zwei Jahrzehnten fuhren Scharen von Müttern und Vätern mit ihren Kindern nach Höchstädt, um Troßbachs Glitzerwelt zu sehen. „Vor allem kleine Kinder freuen sich richtig, wenn sie das vorweihnachtlich dekorierte Haus erblicken“, sagt Troßbach. Und dies sei nach wie vor sein Anliegen. „Ich mache das, damit Kinder eine Freude haben.“Es gebe gegenwärtig so viele traurige Nachrichten, sagt Troßbach und nennt den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine mit den globalen Folgen. „Ich möchte ein Wunderland schaffen, eine Märchenwelt aufbauen“, sagt Troßbach.
Der Höchstädter ist Vater von
vier Töchtern und zwei Söhnen. Anfangs hat Troßbach einige wenige Lichterketten aufgehängt. Es habe positive Rückmeldungen wie „Es ist schön, dass ihr so etwas macht“gegeben. Inzwischen leuchten an seinem Haus etwa 12.000 Lämpchen. Wobei Troßbach
schon mehr in die Vollen gegangen ist. Aber seine Krankheit und die explodierenden Energiepreise haben ihn etwas gebremst.
Troßbach sammelt in seinem Garten Spenden. Das Geld verwendet er aber nicht für die Begleichung der Stromrechnung, die im
Dezember etwa 700 Euro höher ist, sondern für den Bunten Kreis, der sich in Schwaben um chronisch, krebs- und schwerstkranke Kinder kümmert. Troßbach tut dies nicht ohne Grund, denn 2001 ist seine Tochter Cinderella gestorben. „Wir haben damals vom Bunten Kreis sehr viel Unterstützung erfahren“, betont Troßbach.
Um Stromkosten zu sparen, verwendet der selbstständige Höchstädter, der wegen seiner Krankheit „seit zwei Jahren außer Gefecht“ist, jetzt auch viele batteriebetriebene Lichterketten. Tochter Marcelina verfolgt das Tun ihres Vaters mit einem Schmunzeln. „Es ist schon verrückt, was Papa da macht“, sagt die 16-Jährige. Aus einem Lautsprecher ertönen an diesem Abend „Jingle Bells“und „Merry Christmas“.
Im Gegensatz zu früheren Hochzeiten kommen nur noch vereinzelt Eltern mit ihren Kindern zum Höchstädter Weihnachtshaus. Rudi Troßbach will an dieser Tradition festhalten. „Wenn sich Kinder freuen“, sagt er, „ist dies das Schönste.“