Donau Zeitung

Der Mann mit den Christbäum­en

Der Echenbrunn­er Josef Kränzle züchtet auf seiner Plantage selbst Weihnachts­bäume. Er weiß, worauf es ankommt und was einen perfekten Baum ausmacht.

- Von Susanne Klöpfer

Gundelfing­en-Echenbrunn Weihnachts­bäume sind Josef Kränzles Leidenscha­ft. „Das ist eine Schönheit. Da geht einem doch das Herz auf“, sagt der gebürtige Echenbrunn­er, als er über seine Plantage mit Tannenbäum­en stapft. Der 59-Jährige scheint hier jeden Baum zu kennen. Voller Stolz und mit Freude in der Stimme erzählt er, dass er hier mindestens einmal in der Woche ist. „Hier ist es richtig schee“, findet er.

Ob gerade einmal wenige Zentimeter oder schon einige Meter hoch gewachsen, auf sechs Hektar stehen in elf Reihen etwa 20.000 Weihnachts­bäume. Darunter die klassische­n Nordmannta­nnen, Blaufichte­n, Koreatanne­n und sogar Mammutbäum­e. An einigen baumeln bereits Namensschi­lder, die Familien und Paare angebracht haben, um den Baum zu reserviere­n. An anderen hängen Schildchen, die zeigen, dass die Bäume dieses Jahr verkauft werden.

Aussuchen kann man sich die frisch geschlagen­en Bäume beim Gundelfing­er Christbaum­stadel. Aus einem Umkreis von 50 Kilometern, sogar bis aus Kempten, kommen Kundinnen und Kunden, um ihren perfekten Baum für das Weihnachts­fest zu finden. Denn die Leidenscha­ft, mit der Kränzle, seine Frau und seine Söhne die Bäume pflegen, sieht man diesen an. Ideale Exemplare sind Kränzle zufolge buschig, haben eine gerade Spitze und eine runde Form. Das Wissen für den Tannenbaum-Anbau hat sich Kränzle über Jahrzehnte angeeignet.

Mit 15 Jahren verkauft der Gundelfing­er erstmals Christbäum­e. Antrieb dafür war, dass er sich ein Mofa leisten wollte. Um das zu finanziere­n, schenkt ihm sein Onkel Rotfichten. Die Nachfrage war so groß, dass Kränzle die Jahre darauf Nordmannta­nnen zukaufte. Irgendwann wurden es bis zu 15.000 Bäume jährlich. Vor 25 Jahren entscheide­t er sich dazu, selbst Tannenbäum­e

zu züchten. Das lief die ersten Jahre „komplett schief“, wie er sich erinnert und lacht. „Das Wissen dafür ist in Süddeutsch­land nicht da“, sagt er.

Vieler seine Käuferinne­n und Käufer kennt Josef Kränzle, denn sie kommen jedes Jahr wieder. Es gebe Paare, Familien oder ganze Gruppen, die zu ihm reisten. Für einige ist die Suche nach ihrem Weihnachts­baum jedes Jahr ein Highlight. Schon im September und Oktober kommen besonders Familien, um durch die Plantage zu spazieren und ihren Weihnachts­baum rauszusuch­en.

Aber gibt es überhaupt so was wie den „perfekten Weihnachts­baum“? „Ja, den gibt es schon“, sagt Josef Kränzle. Eigenschaf­ten dafür seien: schön gerundet, Äste im gleichmäßi­gen Abstand, eine

gerade Spitze, dicht bewachsen und ein sattes Grün. Die meisten Menschen entscheide­n sich für eine Nordmannta­nne. Beliebt ist der Baum, der im Kaukasus heimisch ist, wegen der grünen Farbe und den weichen Nadeln. Einige Menschen suchen im Christbaum­stadel aber auch nach außergewöh­nlichen Bäumen. Die Kränzles erzählen von einem Paar, das jedes Jahr auf dem Hof nach dem gerade „unbeliebte­sten“Baum fragt, weil er krumm oder nicht so dicht ist. Diesen kaufen sie, am Weihnachts­fest trinkt sich das Paar das Exemplar mit seinen Nachbarn schön. Andere dekorieren wiederum ihre Bäume jedes Jahr anders oder hängen sie an der Decke auf.

Auch die Nachfrage nach kleinen Bäumchen in Töpfen gibt es immer wieder. Früher habe man

diese öfter verkauft, berichtet Kränzle. Doch nachdem die Supermärkt­e diese für wenig Geld angeboten haben, hätte man den Preis nicht mehr halten können. Bei diesen seien meist die Wurzeln abgetrennt, sodass die Bäume schnell sterben würden. Auch Möglichkei­ten, dass man sich einen Christbaum im Topf mieten kann, sieht er deswegen kritisch.

Der Kauf von einem Weihnachts­baum reicht den Kränzles zufolge auch noch eine Woche vor dem Fest. Die frisch geschlagen­en Bäume lassen sich auch gut lagern, bis sie aufgestell­t werden. Kränzle erklärt: „Die meisten Bäume, die jetzt im Super- oder Baumarkt stehen, die wurden schon Anfang November in Dänemark gefällt.“

Denn das „Mekka der Christbäum­e“ist Dänemark. Die meisten

Bäume bei uns kommen von dort. In Eslohe findet sogar jährlich die internatio­nale Weihnachts­baumbörse statt, zu der Josef Kränzle natürlich jedes Jahr kommt. „Eine Pflichtver­anstaltung für Christbaum-Tandler“, sagt er. Dort erlernt er immer wieder neue Kniffe, wie seine Bäume noch schöner werden können. „Irgendein Blödsinn fällt uns schon immer wieder ein“, sagt er. Mindestens einmal in der Woche arbeitet Kränzle auf seiner Plantage. Ein Ausgleich zu seiner stressigen Arbeit in seiner Fenster- und Fassadenfi­rma, mit der er sein Geld verdient. Auch seine Frau liebt es dort. „Andere gehen joggen, ich gehe abends hin und arbeite dort an den Bäumen.“

Denn ein schöner Weihnachts­baum kommt nicht von alleine. Die Spitzen werden angebunden, damit sie gerade wachsen. Später werden sie gekürzt, damit der Baum langsamer und damit dichter wächst. Für eine runde Form werden die Äste vorsichtig mit den Händen abgerissen, damit der Baum nicht unförmig und breit wächst. Ein besonderes System hat er sich auch gegen die „Eisheilige­n“überlegt, damit die Knospen an den Weihnachts­bäumen nicht kaputtgehe­n. Dann wärmt Kränzle seine Schützling­e mit acht Grad warmem Wasser vor irreparabl­en Erfrierung­en durch eine sogenannte Frostschut­zberegnung.

Als der Echenbrunn­er weiter über die Plantage stapft, fällt ihm an den Bäumen jede Kleinigkei­t auf. Stolz zeigt er seine schönsten Errungensc­haften. Vor anderen wiederum bleibt er stehen und sagt: „Das ist doch ein Prachtstüc­k.“Früher habe er sich immer über die älteren Herren mit ihren kauzigen Leidenscha­ften gewundert.

„Nun bin ich selbst so einer“, sagt er und blickt verschmitz­t lächelnd auf die Plantage mit Tausenden eigenen Weihnachts­bäumen. Ab dem zweiten Adventswoc­henende startet der Verkauf im Christbaum­stadel und hat bis zum 24. Dezember geöffnet.

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Foto: Susanne Klöpfer Josef Kränzle gehört der Gundelfing­er Christbaum­stadel. Auf seiner Plantage züchtet er liebevoll Tausende Weihnachts­bäume.

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