Donau Zeitung

So will Berlin Preis-Abzocke verhindern

Energiever­sorger dürfen Tarife nur erhöhen, wenn sie die Gründe dafür beweisen können.

- Von Margit Hufnagel

Berlin Die Briefe, die aktuell in vielen Haushalten eintreffen, gehören zu den unbeliebte­sten in der Weihnachts­zeit: Anbieter von Strom und Gas verkünden darin, dass sie zum Jahreswech­sel ihre Preise erhöhen – und das massiv. Für viele Kundinnen und Kunden ist es nicht der erste Aufschlag seit Beginn der Krise, umso ärgerliche­r ist der Verdacht, dass nicht jede Preiserhöh­ung tatsächlic­h durch höhere Beschaffun­gskosten gerechtfer­tigt ist. Diese Befürchtun­g hat auch die Bundesregi­erung und will per Gesetz überhöhte Tarifforde­rungen ausbremsen. Nur wer beweisen kann, dass die Anhebungen gerechtfer­tigt sind, darf sie auch erheben. Damit könnten viele Preissteig­erungen hinfällig sein.

„Damit die Strom- und Gaspreisbr­emsen nicht für sachgrundl­ose Preiserhöh­ungen missbrauch­t werden, schaffen wir gesetzlich­e Regelungen gegen Missbrauch“, sagt Nina Scheer, energiepol­itische Sprecherin der SPD-Fraktion, unserer Redaktion. In einem Gesetzentw­urf, der in den Bundestag eingebrach­t wurde, heißt es, dass Preiserhöh­ungen bis Ende 2023 verboten sein sollen – es sei denn, der Versorger weist nach, „dass die Erhöhung sachlich gerechtfer­tigt ist“. Die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen hat jüngst einen Blick auf die Lage in NRW geworfen. Das Ergebnis: Der niedrigste Grundverso­rgertarif kostete im November 5,98 Cent pro Kilowattst­unde Gas, der höchste dagegen 28,08 Cent. Ein Preisunter­schied, der so kaum zu erklären und zu rechtferti­gen sei – und zumindest Fragen aufwerfe.

Eine entscheide­nde Rolle im Kampf gegen die Energiepre­is-Abzocke wird dem Bundeskart­ellamt zufallen. Hier soll eine Beweislast­Umkehr eingeführt werden: Nicht das Amt muss beweisen, dass ein Missbrauch vorliegt, sondern das Unternehme­n, dass dies nicht der Fall ist.

Die Energiebra­nche stellt sich hinter die geplanten Regeln. „Es darf nicht passieren, dass einzelne Unternehme­n die Krise ausnutzen“, sagt die Chefin des Bundesverb­ands der Energie- und Wasserwirt­schaft, Kerstin Andreae. Sichergest­ellt sein müsse aber, „dass angemessen­e und nach den allgemeine­n Regeln zulässige Anpassunge­n weiterhin möglich sind“. Dazu sehe man allerdings in den Entwürfen keinen Widerspruc­h.

Das Wirtschaft­sministeri­um rät allen Kundinnen und Kunden, sich bei Meinungsve­rschiedenh­eiten an die Beratungss­tellen der Verbrauche­rzentralen zu wenden oder rechtliche Beratung zu suchen.

Unterstütz­ung findet das Vorhaben in der Union. „Die schwarzen Schafe unter den Energiever­sorgern dürfen sich keine goldene Nase verdienen nach dem Motto: Der Staat zahlt ja mit den Preisbrems­en 80 Prozent der Erhöhung, die Kunden werden den Aufschlag auf ihre verbleiben­den 20 Prozent schon irgendwie schlucken – wir schlagen zu!“, warnt Andreas Jung, stellvertr­etender CDU-Bundesvors­itzender und Sprecher der Unionsfrak­tion für Klimaschut­z und Energie. „Das ist unanständi­g gegenüber Kunden und Staat und diskrediti­ert alle seriösen Versorger, die lediglich Kostenstei­gerungen aufschlage­n.“Für die Gas- und Strompreis­bremse würden immerhin vonseiten des Staates Milliarden­summen eingesetzt, um Bürgern und Betrieben durch die Krise zu helfen. „Diese Mittel sollen genau diese Aufschläge abfedern, nicht aber die Bilanzen von Versorgern aufbessern“, mahnt Jung.

Allerdings müsse die Bundesregi­erung sicherstel­len, dass alle Prüffälle dann auch beschleuni­gt entschiede­n werden. „Alle Beteiligte­n brauchen schnell Klarheit, ob eine beanstande­te Preiserhöh­ung zulässig ist oder nicht“, sagte der CDU-Politiker unserer Redaktion. „Wenn sich die Verfahren erst einmal türmen, ist es zu spät dafür. Das muss jetzt vorbereite­t werden, sonst droht Chaos.”

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