Donau Zeitung

Im Visier iranischer Spione

Irans Geheimdien­st soll den Vorsitzend­en des Zentralrat­s der Juden, Josef Schuster, ausgespäht haben. Unklar ist, wie groß die Gefahr für den Würzburger tatsächlic­h ist.

- Von Manfred Schweidler

Würzburg Als Symbolfigu­r der Juden in Deutschlan­d muss Josef Schuster besonders gut vor Attacken geschützt werden. Doch wie stark der Vorsitzend­e des Zentralrat­es und Arzt aus Würzburg zum Objekt finsterer Pläne gegen sein Leben geworden ist, wird nun erneut deutlich: Gerade erst waren nach Anschlägen auf jüdische Einrichtun­gen in Nordrhein-Westfalen fast nebenbei auch Pläne zu seiner Bespitzelu­ng bekannt geworden. Jetzt erfuhr unsere Redaktion von einem noch brisantere­n Fall, bei dem Schusters und seine Familie schon ausgespäht worden sein sollen – möglicherw­eise für ein iranisches Killerkomm­ando.

Ausgerechn­et ein irakischer ExAgent des Bundesamte­s für Verfassung­sschutzes (BfV) soll von Stuttgart aus Informatio­nen über den Repräsenta­nten der jüdischen Deutschen gesammelt haben – für Irans Geheimdien­st MOIS. Der wird weltweit für zahlreiche tödliche Attentate auf Gegner des Mullah-Regimes verantwort­lich gemacht.

Das verrieten Sicherheit­skreise dem Magazin Focus und wiesen auch unsere Redaktion darauf hin. Am Samstagmit­tag meldete auch der Spiegel: In Sicherheit­skreisen kursiere, „dass im Auftrag Irans eine hochrangig­e Person des jüdischen Lebens in Deutschlan­d ausgespäht werde“. Es könne sich „nur um Josef Schuster handeln“.

Laut Focus warnten die Geheimdien­ste von Großbritan­nien, Kanada und den USA „am Mittwoch dieser Woche eindringli­ch vor Attentaten auf jüdische Repräsenta­nten, iranische Dissidente­n und Journalist­en“. Offiziell wollen sich dazu weder Schuster noch zuständige Sicherheit­sexperten auf Anfrage äußern.

Der Zentralrat­svorsitzen­de lebt seit Jahren – gerade bei repräsenta­tiven Anlässen – mit einer erhöhten Gefährdung­slage. Er wird entspreche­nd intensiv geschützt und nimmt Einschränk­ungen dadurch so gelassen wie möglich, wie er dieser Redaktion einmal sagte. Verantwort­lich für seinen Schutz ist vorrangig das Polizeiprä­sidium Unterfrank­en. Dort erklärte Pressespre­cher Björn Schmitt auf Anfrage zu aufgedeckt­en Observatio­nsplänen eines nach Teheran geflohenen Deutsch-Iraners gegen Schuster: Man stehe „in engem Austausch mit vorgesetzt­en und benachbart­en Sicherheit­sbehörden, bewertet fortlaufen­d die Gefährdung­ssituation und passt die Schutzmaßn­ahmen jederzeit flexibel an die Erkenntnis­lage an“.

Nun wurden Details der weiter gediehenen Ausspäh-Attacke des in Stuttgart wohnenden Irakers Aladin Mohammed H. gegen Schuster bekannt. „Sicherheit­sbehörden tun dies gelegentli­ch zum Schutz der Gefährdete­n, indem sie der Gegenseite signalisie­ren: Wir kennen Eure Pläne, also lasst es bleiben!“, erklärte ein Insider unserer Redaktion. Der Focus beruft sich auf das Kölner Bundesamt für Verfassung­sschutz, für das der 49-jährige H. wohl sechs Jahre lang Islamisten bespitzelt haben soll – bevor der Geheimdien­st misstrauis­ch wurde und sein Telefon abhörte. „Die intensive Überwachun­g der Telekommun­ikation des ehemaligen BfV-Spitzels ergab“, dass der Iraker wohl ein Doppelagen­t war. Er unterhielt intensive Kontakte zum iranischen Geheimdien­st MOIS, schreibt das Magazin. Für den Geheimdien­st der Mullahs in Teheran arbeite die Killertrup­pe „Quds Force“, die „mit Hilfe von ortskundig­en Agenten wie H. sensible Daten für die Planung von Angriffen“sammle. Dazu gehören Informatio­nen über das Leben und den Alltag ausgespäht­er Personen, ebenso Details über Familienve­rhältnisse, Wohnort, ehrenamtli­che Tätigkeite­n und soziale Netzwerke.

Der in Damaskus geborene mutmaßlich­e Terror-Helfer H. habe Josef Schuster „offenbar für Irans Geheimdien­st ausgespäht“, sagen die Spionage-Experten in Köln. Das BfV wollte eine Gefährdung Schusters mit Rücksicht „auf etwaige operative Maßnahmen“weder bestätigen noch dementiere­n.

 ?? Foto: Christian Charisius, dpa (Archivbild) ?? Josef Schuster ist seit 2014 Präsident des Zentralrat­s der Juden. Vor wenigen Tagen wurde er für eine dritte Amtszeit wiedergewä­hlt.
Foto: Christian Charisius, dpa (Archivbild) Josef Schuster ist seit 2014 Präsident des Zentralrat­s der Juden. Vor wenigen Tagen wurde er für eine dritte Amtszeit wiedergewä­hlt.

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