Der Landkreis Dillingen bereitet sich auf mehr Flüchtlinge vor
„Die Lage ist eng und ernst“, heißt es in einem Statement gegenüber unserer Redaktion. Zur Zeit wird überall geschaut, wo es noch Kapazitäten gibt. Eine Sache will der Landrat verhindern.
Dillingen In einer Bürgerversammlung im kleinen Wertinger Stadtteil Prettelshofen erwähnte Bürgermeister Willy Lehmeier Gespräche zwischen den Bürgermeistern der Landkreiskommunen und dem Landratsamt. Es sei darum gegangen, dass die Kapazitäten des Landkreises Dillingen zur Aufnahme von Flüchtlingen „zur Neige gingen“und sich die Kommunen auf provisorische Unterkünfte einstellen müssten.
Auf Anfrage unserer Redaktion hierzu hat nun der Sprecher des Landratsamtes, Peter Hurler, eine ausführliche Bewertung der Lage abgeliefert. Es stimmt, das Landratsamt bereitet sich derzeit mit Hochdruck auf eine Verschärfung der Lage bei den Unterbringungsmöglichkeiten in der Region vor. „Aufgrund der überaus angespannten Lage bei den im Dezember benötigten Plätzen müssen nunmehr auch provisorische Unterbringungsmöglichkeiten
durch das Landratsamt geprüft werden, da die bisherigen Zuweisungskontingente – circa 20 bis 25 Personen alle zwei Wochen – nach den Ankündigungen der Regierung vermutlich für einen Zeitraum von vier bis fünf Wochen verdoppelt werden“, heißt es in dem Statement. Und weiter: „Die Lage ist eng und ernst.“
Im Landkreis seien in den Gemeinschaftsunterkünften der Regierung aktuell 172 Menschen untergebracht, wobei in der neu eröffneten Gemeinschaftsunterkunft in Höchstädt demnach aktuell noch 50 Plätze frei sind. In den dezentralen Unterkünften des Landratsamtes seien 764 Personen untergebracht, 27 Plätze sind hier laut Landratsamt noch frei, nachdem in dieser Woche 22 zugewiesene Personen untergebracht werden müssten. Im Laufe des Dezembers kommen noch sieben Plätze hinzu, weitere angemietete Plätze (36) stehen dem Landratsamt erst Anfang Januar zur Verfügung. „Vorausgesetzt, die dort noch erforderlichen Baumaßnahmen können bis dahin tatsächlich zum Abschluss gebracht werden“, so Peter Hurler weiter. Zudem forciere die Unterkunftsverwaltung des Landratsamtes, sofern dies räumlich möglich ist, die zeitnahe „Nachverdichtung“in den bestehenden Unterkünften sowie die Vermittlung anerkannter Flüchtlinge von Asylunterkünften in Privatwohnungen. Es wird also alles daran gesetzt, noch weitere Personen in die Unterkünfte bringen zu können.
Im Laufe der ersten vier Monate des neuen Jahres kommen laut Hurler weitere Plätze in nennenswertem Umfang hinzu. Dazu müssen aber erst noch vertragliche und baurechtliche Dinge geklärt werden, ob die Objekte auch so genutzt werden können, wie es sich die Verantwortlichen im Landratsamt wünschen.
Der Ukrainekrieg nimmt in der weltweiten Nachrichtenlage weiterhin den größten Platz ein. Obwohl die Streitkräfte sich zunehmend erfolgreich gegen die russischen Invasoren zur Wehr setzen, ist die Not im Land nach wie vor groß – gerade auch, weil der Winter begonnen hat und die russischen Streitkräfte die Infrastruktur des Landes in weiten Teilen zerstört haben. Viele Menschen dürften also kommen, um nicht zu erfrieren. Doch es gibt noch weitere Krisenherde auf der Welt, welche Fluchtbewegungen auslösen, die nun auch im Landkreis Dillingen enden werden. In Afghanistan etwa gehen die Taliban nach wie vor brutal gegen Andersdenkende vor, in Syrien werden derzeit kurdische Gebiete auch von der türkischen Armee bombardiert.
„Die Nationalitäten der Geflüchteten sind sehr unterschiedlich, die Mehrzahl kommt aus der Ukraine, Irak, Afghanistan und Syrien“, berichtet Peter Hurler. Die teilweise dramatische Situation von 2015, als viele Geflüchtete innerhalb kurzer Zeit ins Land kamen und die Kommunen vielerorts an ihre Grenzen brachten, ist überall noch sehr präsent. Und von den Zahlen her sei die Situation mit 2015 auch durchaus vergleichbar, so Hurler. Seitens der Regierung von Schwaben erfolgten die Zuweisungen noch kontrolliert und geordnet, jedoch mit „nur sehr geringer Vorlaufzeit“. Noch herausfordernder sei die Situation für die Behörden oft bei ukrainischen Kriegsflüchtlingen. Diese kämen teilweise über Bekannte und Verwandte direkt in den Landkreis und melden sich unangekündigt beim Landratsamt.
Landrat Markus Müller wolle auf jeden Fall verhindern, dass Hallen geschlossen und zur Unterbringung genutzt werden müssen. Denn das würde zulasten des Schul- und Vereinssports gehen. Deshalb sei das Landratsamt bereits mehrfach an die Kommunen mit der Anfrage nach freien Plätzen und leer stehenden Wohnungen herangetreten. Auch in einer Bürgermeisterdienstbesprechung wurde über die Herausforderung informiert, so Hurler.