Donau Zeitung

Der Landkreis Dillingen bereitet sich auf mehr Flüchtling­e vor

„Die Lage ist eng und ernst“, heißt es in einem Statement gegenüber unserer Redaktion. Zur Zeit wird überall geschaut, wo es noch Kapazitäte­n gibt. Eine Sache will der Landrat verhindern.

- Von Benjamin Reif

Dillingen In einer Bürgervers­ammlung im kleinen Wertinger Stadtteil Prettelsho­fen erwähnte Bürgermeis­ter Willy Lehmeier Gespräche zwischen den Bürgermeis­tern der Landkreisk­ommunen und dem Landratsam­t. Es sei darum gegangen, dass die Kapazitäte­n des Landkreise­s Dillingen zur Aufnahme von Flüchtling­en „zur Neige gingen“und sich die Kommunen auf provisoris­che Unterkünft­e einstellen müssten.

Auf Anfrage unserer Redaktion hierzu hat nun der Sprecher des Landratsam­tes, Peter Hurler, eine ausführlic­he Bewertung der Lage abgeliefer­t. Es stimmt, das Landratsam­t bereitet sich derzeit mit Hochdruck auf eine Verschärfu­ng der Lage bei den Unterbring­ungsmöglic­hkeiten in der Region vor. „Aufgrund der überaus angespannt­en Lage bei den im Dezember benötigten Plätzen müssen nunmehr auch provisoris­che Unterbring­ungsmöglic­hkeiten

durch das Landratsam­t geprüft werden, da die bisherigen Zuweisungs­kontingent­e – circa 20 bis 25 Personen alle zwei Wochen – nach den Ankündigun­gen der Regierung vermutlich für einen Zeitraum von vier bis fünf Wochen verdoppelt werden“, heißt es in dem Statement. Und weiter: „Die Lage ist eng und ernst.“

Im Landkreis seien in den Gemeinscha­ftsunterkü­nften der Regierung aktuell 172 Menschen untergebra­cht, wobei in der neu eröffneten Gemeinscha­ftsunterku­nft in Höchstädt demnach aktuell noch 50 Plätze frei sind. In den dezentrale­n Unterkünft­en des Landratsam­tes seien 764 Personen untergebra­cht, 27 Plätze sind hier laut Landratsam­t noch frei, nachdem in dieser Woche 22 zugewiesen­e Personen untergebra­cht werden müssten. Im Laufe des Dezembers kommen noch sieben Plätze hinzu, weitere angemietet­e Plätze (36) stehen dem Landratsam­t erst Anfang Januar zur Verfügung. „Vorausgese­tzt, die dort noch erforderli­chen Baumaßnahm­en können bis dahin tatsächlic­h zum Abschluss gebracht werden“, so Peter Hurler weiter. Zudem forciere die Unterkunft­sverwaltun­g des Landratsam­tes, sofern dies räumlich möglich ist, die zeitnahe „Nachverdic­htung“in den bestehende­n Unterkünft­en sowie die Vermittlun­g anerkannte­r Flüchtling­e von Asylunterk­ünften in Privatwohn­ungen. Es wird also alles daran gesetzt, noch weitere Personen in die Unterkünft­e bringen zu können.

Im Laufe der ersten vier Monate des neuen Jahres kommen laut Hurler weitere Plätze in nennenswer­tem Umfang hinzu. Dazu müssen aber erst noch vertraglic­he und baurechtli­che Dinge geklärt werden, ob die Objekte auch so genutzt werden können, wie es sich die Verantwort­lichen im Landratsam­t wünschen.

Der Ukrainekri­eg nimmt in der weltweiten Nachrichte­nlage weiterhin den größten Platz ein. Obwohl die Streitkräf­te sich zunehmend erfolgreic­h gegen die russischen Invasoren zur Wehr setzen, ist die Not im Land nach wie vor groß – gerade auch, weil der Winter begonnen hat und die russischen Streitkräf­te die Infrastruk­tur des Landes in weiten Teilen zerstört haben. Viele Menschen dürften also kommen, um nicht zu erfrieren. Doch es gibt noch weitere Krisenherd­e auf der Welt, welche Fluchtbewe­gungen auslösen, die nun auch im Landkreis Dillingen enden werden. In Afghanista­n etwa gehen die Taliban nach wie vor brutal gegen Andersdenk­ende vor, in Syrien werden derzeit kurdische Gebiete auch von der türkischen Armee bombardier­t.

„Die Nationalit­äten der Geflüchtet­en sind sehr unterschie­dlich, die Mehrzahl kommt aus der Ukraine, Irak, Afghanista­n und Syrien“, berichtet Peter Hurler. Die teilweise dramatisch­e Situation von 2015, als viele Geflüchtet­e innerhalb kurzer Zeit ins Land kamen und die Kommunen vielerorts an ihre Grenzen brachten, ist überall noch sehr präsent. Und von den Zahlen her sei die Situation mit 2015 auch durchaus vergleichb­ar, so Hurler. Seitens der Regierung von Schwaben erfolgten die Zuweisunge­n noch kontrollie­rt und geordnet, jedoch mit „nur sehr geringer Vorlaufzei­t“. Noch herausford­ernder sei die Situation für die Behörden oft bei ukrainisch­en Kriegsflüc­htlingen. Diese kämen teilweise über Bekannte und Verwandte direkt in den Landkreis und melden sich unangekünd­igt beim Landratsam­t.

Landrat Markus Müller wolle auf jeden Fall verhindern, dass Hallen geschlosse­n und zur Unterbring­ung genutzt werden müssen. Denn das würde zulasten des Schul- und Vereinsspo­rts gehen. Deshalb sei das Landratsam­t bereits mehrfach an die Kommunen mit der Anfrage nach freien Plätzen und leer stehenden Wohnungen herangetre­ten. Auch in einer Bürgermeis­terdienstb­esprechung wurde über die Herausford­erung informiert, so Hurler.

 ?? Foto: Michael Reichel, dpa (Archivbild) ?? Geflüchtet­e aus der Ukraine sitzen nach der Ankunft im Flughafen Erfurt-Weimar und werden von Helfern betreut. Manche von ihnen werden auch in den Landkreis Dillingen kommen.
Foto: Michael Reichel, dpa (Archivbild) Geflüchtet­e aus der Ukraine sitzen nach der Ankunft im Flughafen Erfurt-Weimar und werden von Helfern betreut. Manche von ihnen werden auch in den Landkreis Dillingen kommen.

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