Donau Zeitung

Der nächste Handelskri­eg droht

Die Subvention­spolitik von US-Präsident Joe Biden sorgt in Brüssel weiter für Ärger. Ein Treffen mit einer Delegation aus Washington blieb ohne Ergebnisse. Die EU-Kommission bereitet jetzt einen radikalen Kurswechse­l vor.

- Von Katrin Pribyl

Brüssel Die Europäer haben noch einmal alles versucht, um die USAmerikan­er zu einem Kompromiss zu bewegen. Aber in Washington zeigte man sich bis zuletzt unbeeindru­ckt von den Forderunge­n aus Brüssel im Streit um das milliarden­schwere US-Subvention­sprogramm für grüne Technologi­en. Und auch wenn am Montag die Delegation­en der beiden Partner zum dritten Treffen des Transatlan­tischen Handels- und Technologi­erats (TTC) zusammenka­men, erwartete in EU-Kreisen niemand mehr einen Durchbruch.

Vielmehr präsentier­te EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen bereits am Sonntag Vorschläge, wie die Staatengem­einschaft auf die protektion­istische Klimapolit­ik der Regierung unter Präsident Joe Biden reagieren sollte. So plädierte sie etwa dafür, das europäisch­e Beihilfere­cht zu lockern, um mehr öffentlich­e Investitio­nen in die Energiewen­de zu ermögliche­n. Die EU werde auf die Subvention­en der USA „in angemessen­er und wohl kalibriert­er Weise reagieren“, sagte von der Leyen, und betonte gleichwohl, es sei weder im Interesse der Europäer noch in jenem der Amerikaner, „dass wir uns mitten in einem tatsächlic­hen Krieg auf einen kostspieli­gen Handelskri­eg mit den Vereinigte­n Staaten einlassen“.

Es brauche laut von der Leyen zusätzlich­e europäisch­e Finanzmitt­el zur Förderung sauberer Technologi­en und eine Zusammenar­beit mit den USA etwa bei der Festlegung von Industries­tandards und beim Einkauf kritischer Rohstoffe. Ihr Ansatz: Kooperatio­n statt Konfrontat­ion. Die Deutsche will die Gemüter beruhigen, denn sowohl in ihrer Behörde als auch im EU-Parlament werden Forderunge­n laut, die USA vor der Welthandel­sorganisat­ion (WTO) zu verklagen, weil sie heimische Produkte gegenüber ausländisc­hen bevorzugen. Auch der Europaabge­ordnete Bernd Lange (SPD), Vorsitzend­er des Handelsaus­schusses im EU-Parlament, plädierte im Gespräch mit unserer Redaktion dafür, vor die WTO zu ziehen, wenn es keinen Deal zwischen den beiden Partnern gibt. Zwar ist sich der Politiker bewusst, dass es sich um ein langwierig­es Prozedere handelt, das im Zweifel Jahre dauern könnte. Aber welche Mittel hat die EU sonst zur Hand?

Im August hatte der Kongress den sogenannte­n „Inflation Reduction Act“verabschie­det, mit dem Washington ab Januar grüne Technologi­en „made in USA“sowie Elektroaut­os, Batterien, energieint­ensive Industrien und Projekte zu erneuerbar­en Energien mit rund 370 Milliarden Dollar subvention­ieren will. Während Frankreich bereits mit einem Investitio­nsgesetz nach dem Vorbild der USA liebäugelt­e, mit dem die EU Subvention­en an europäisch­e Unternehme­n ausschütte­n könnte, wenn sie ihre Produktion­sstätten und Lieferkett­en in die Gemeinscha­ft verlagern, lehnen Staaten wie Deutschlan­d einen solchen weitgehend­en Schritt bislang ab.

Lange hält das ebenfalls für keine gute Idee. „Ein Wettlauf um Subvention­en macht keinen Sinn“, sagte er. Gegen die „Hausnummer“von 370 Milliarden Dollar werde man in Europa kaum ankommen. „Sollen wir jetzt mit der Keule ausholen, wohl wissend, dass unsere Keule nicht genauso stark ist?“Er warb stattdesse­n dafür, „ganz bewusst in die Technologi­eführersch­aft zu investiere­n“, gerade im Bereich erneuerbar­e Energien. Man müsse dafür sorgen, „den Wettbewerb­svorteil zu behalten“.

Auch der Grünen-Europaparl­amentarier Reinhard Bütikofer befand, die EU „sollte jetzt nicht mit gleicher Münze zurückzahl­en“. Gleichwohl nannte er die protektion­istische Politik der Biden-Administra­tion ein „schweres Foul“: „Faktisch untergrabe­n die USA mit diesem Vorgehen die eigene strategisc­he Absicht, möglichst gut mit Partnern und Verbündete­n zusammen zu arbeiten.“Die Sorge vor einer Verdrängun­g europäisch­er Firmen vom US-Markt ist groß. Das Anti-Inflations­gesetz drohe, „eine schwierige wirtschaft­liche Lage in Europa noch deutlich zu verschlimm­ern“, sagte auch der Europaparl­amentarier Markus Ferber (CSU). Bewege sich Washington nicht auf Brüssel zu, müsse die Kommission über die Aktivierun­g der Handelssch­utzinstrum­ente nachdenken. „Die europäisch­e Seite muss alle Folterinst­rumente auf den Tisch legen.“

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Foto: Christoph Soeder, dpa EU-Kommission­spräsident­in von der Leyen.

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