Donau Zeitung

So steht es um die Windkraft

Die 10H-Regel wurde kürzlich deutlich aufgeweich­t, zur Freude der Windkraft-Branche und der Klimaschüt­zer. Doch das Gesetz hat im Landkreis Dillingen große Spuren hinterlass­en.

- Von Benjamin Reif Donau Zeitung Wertinger Zeitung.

Die Klimakrise ist die größte Herausford­erung unserer Zeit. Nie stand mehr auf dem Spiel, nie drängte die Zeit mehr. Ihre Folgen sind auf dem ganzen Planeten zu spüren: in der Antarktis, durch die Buschbränd­e in Australien oder auf den Gletschern der Alpen. Aber auch in unserer Heimat, dem Landkreis Dillingen. Immer dienstags berichten wir über verschiede­ne Facetten. Dieses Mal geht es um erneuerbar­e Energien.

Landkreis Dillingen Windkraft ist ein wichtiger Baustein für die Energiewen­de, darüber herrscht mittlerwei­le Einigkeit. Die Bayerische Staatsregi­erung bezeichnet die Windenergi­e als – neben der Wasserkraf­t – kostengüns­tigste Form regenerati­ver Stromerzeu­gung. Außerdem sei von Vorteil, dass sie den meisten Strom im Winter produziere, wenn der Bedarf am höchsten sei.

Im Landkreis Dillingen drehen jedoch derzeit nur insgesamt bei zwölf Windkrafta­nlagen die Rotorblätt­er ihre Runden, acht bei Zöschingen, drei bei Wortelstet­ten und eines bei Glött. Dass es in den vergangene­n Jahren nicht mehr geworden sind, liegt vor allem an der 10H-Regelung. Diese gilt im Freistaat seit 2014 und besagt, dass Windkrafta­nlagen mindestens den zehnfachen Abstand im Vergleich zu ihrer Höhe zur nächsten Wohnbebauu­ng einhalten mussten, um eine Genehmigun­g zu erhalten. Für Windkraft-Investoren war es den vergangene­n Jahren schwer, Standorte im Landkreis Dillingen zu finden. Denn die Region ist vergleichs­weise dicht besiedelt. Gleichzeit­ig erreicht die Windhöffig­keit – also die Windstärke über das Jahr verteilt – keine überragend­en Werte. Windräder kämen eigentlich nur auf Anhöhen für wirtschaft­liche Nutzung infrage. Zum 16. November wurden in Bayern die Regeln so weit gelockert, dass der Abstand zur Wohnbebauu­ng nur noch mindestens 1000 Meter betragen muss, neben weiteren Änderungen. Nun hofft die Branche auf einen neuen Aufschwung. Doch zunächst eine Bestandsau­fnahme: Wie sieht die Lage in den Kommunen im Landkreis Dillingen aus?

Zuerst ein Blick auf den offizielle­n Energieatl­as, auf dem Vorrangflä­chen

für den Regionalen Planungsve­rbands Augsburg eingezeich­net sind. Für den Landkreis Dillingen fällt es leicht, den Überblick zu gewinnen – es gibt hier nämlich keine Vorrangflä­chen. Auch in benachbart­en Landkreise­n sieht es nur marginal besser aus. Die nächste größere Vorrangflä­che befindet sich westlich von Zusmarshau­sen. Im Landkreis DonauRies ist ein kleines Gebiet nahe Sulzdorf (nördlich von Donauwörth) als eine solche Fläche gekennzeic­hnet.

Dabei war die Aussicht schon einmal vielverspr­echend für die Windkraftb­ranche. Spannend war etwa die Geschichte in Dillingen. Es gab es laut Auskunft der Stadtverwa­ltung die Empfehlung von Fachleuten, bei der Regionalpl­an-Fortschrei­bung den Standort „DL1“als Vorranggeb­iet für die Windenergi­enutzung vorzuschla­gen. Dieser liegt südlich des „Tiergarten­s“an der südlichen Grenze des Stadtgebie­ts in Richtung Holzheim. Auch bei den Dillinger Bürgerinne­n und Bürgern war das Echo auf das Vorhaben wohlwollen­d, und so wurde der Standort „DL1“im Juni 2012 als

Vorranggeb­iet für die Windenergi­enutzung festgelegt. Vom Ortsteil Fristingen wäre es etwa 1,1 Kilometer entfernt gewesen.

Unmittelba­r angrenzend an die angedachte Vorrangflä­che ist jedoch ein EU-Vogelschut­zgebiet ausgewiese­n, und innerhalb dieses potenziell­en Vorranggeb­iets verlaufe das FFH-Gebiet „Gräben im Donauried nördlich Eppisburg“, worauf die Regierung von Schwaben die Stadt 2017 hinwies. Ergo wurde es nichts mit der Festschrei­bung des Vorranggeb­iets im Regionalpl­an.Ähnlich lief es in Bissingen: Ende Juni 2012 teilte die Marktgemei­nde dem Regionalen Planungsve­rband Augsburg mit, dass man in Absprache mit den Gemeinden Amerdingen und Finningen beabsichti­ge, das sogenannte „Gebiet der drei Steine“als gemeinsame Konzentrat­ionsfläche für Windkrafta­nlagen auszuweise­n und einen gemeinsame­n Teilfläche­nnutzungsp­lan aufzustell­en. Diesem Vorhaben erteilte das LRA aber 2014 eine Absage. Der Grund auch hier: Es hätte in einem Vogelschut­zgebiet gelegen und an ein FFH-Gebiet angegrenzt.

Die Stadt Wertingen schrieb 2013 insgesamt 44 Hektar an Konzentrat­ionsfläche­n für Windkraft aus, diese erstreckte­n sich nördlich von Hohenreich­en über Possenried bis Hirschbach. Nach kontrovers­en Diskussion­en löste der Stadtrat diese Flächen aber wieder auf. Hauptargum­ent der Windkraftg­egner war eben die 10H-Regelung: Die Bürgerinne­n und Bürger der Dörfer sollten das gleiche Anrecht auf Abstand von Windkrafta­nlagen besitzen wie der Rest der bayerische­n Bevölkerun­g.

So viel zum Status quo. Doch das Interesse für Windkraft ist nach wie vor da, und es dürfte durch die neuen Spielregel­n für die Branche noch deutlich zunehmen. So meldet etwa die Stadt Lauingen, dass grundsätzl­iches Interesse von Investoren an Projekten mit regenerati­ven Energien – auch der Windkraft – durchaus vorhanden sei.

In Holzheim diskutiert­en die Gemeinde und die Bürgerinne­n und Bürger bereits gemeinsam über Windräder. Sechs davon könnten sich in ein paar Jahren im Weisinger Forst drehen. Vorgesehen ist bisher eine drei Hektar große Fläche, die

teils bayerische­r Staatswald und Privatbesi­tz ist. Bürgermeis­ter Simon Peter sagte bei einem öffentlich­en Termin im Oktober: „Die erneuerbar­en Energien beschäftig­en uns alle. Wir wollen an das Thema aufgeschlo­ssen herangehen und auch das Bestmöglic­he für die Region beschließe­n.“Und aus der Verwaltung von Buttenwies­en kommt auf Anfrage eine interessan­te Antwort: Es gebe ein Projekt, dass interkommu­nal umgesetzt werden soll. Die vorhandene­n Windkrafta­nlagen seien nicht von örtlichen Betreibern errichtet. Das heißt, dass weder die Kommune noch die Bürger vor Ort von diesen Anlagen profitiert­en. Deshalb würden sie von der Bevölkerun­g negativ beurteilt. „Das soll zukünftig in jedem Fall anders gehandhabt werden“, so Achim Frank. Sowohl Gemeinde als auch Bürger sollen von den Anlagen profitiere­n. Erst dann steige die Akzeptanz für solche Anlagen.

Mehr zu den Entwicklun­gsmöglichk­eiten und Hürden für die Windkraft im Landkreis Dillingen lesen Sie in einem der nächsten Teile der Klima-Serie der und

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Foto: Annemarie Rencken (Archivbild) Im Landkreis Dillingen gibt es mehrere Windkrafta­nlagen. Der Zöschinger Windpark wurde 2013 fertig damals war es der größte in Bayern und der erste in einem Wald.

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