Donau Zeitung

Georgia besiegelt Trumps Debakel

Die Republikan­er sind getroffen. Durch den Wahlsieg ihres Kandidaten gewinnen die Demokraten einen wichtigen Sitz im Senat.

- Von Karl Doemens

Washington Kurz vor Mitternach­t am späten amerikanis­chen Dienstagab­end, als selbst der rechte Fernsehsen­der Fox News seinen Zuschauern die Hiobsbotsc­haft nicht mehr vorenthalt­en konnte, war die Stimmung in Mar-a-Lago düster. „Unser Land befindet sich in gewaltigen Schwierigk­eiten“, postete Donald Trump auf seiner Plattform Truth Social. „Was für ein Fiasko!“

Stundenlan­g hatten die tröpfchenw­eise eintreffen­den Ergebnisse einzelner ländlicher Regionen an dem Abend die Illusion eines Kopf-an-Kopf-Rennens zwischen dem demokratis­chen Amtsinhabe­r Raphael Warnock und seinem republikan­ischen Herausford­erer Herschel Walker um den Senatssitz des Bundesstaa­tes Georgia genährt. Doch als dann endlich die Stimmen der Metropolre­gion um Atlanta ausgezählt wurden, ging es für Walker steil bergab. Am Ende siegte Warnock mit drei Prozentpun­kten Vorsprung.

Der Triumph des afroamerik­anischen Pastors, der an der Ebenezer-Kirche in Atlanta predigt, wo einst der Bürgerrech­tler Martin Luther King wirkte, ist an sich schon ein bemerkensw­ertes Ereignis in dem traditione­ll republikan­ischen Südstaat. Bereits bei den Zwischenwa­hlen am 8. November hatte er leicht vorn gelegen. Weil jedoch beide Kandidaten die absolute Mehrheit verfehlten, war die Stichwahl erforderli­ch geworden. Dabei konnte Warnock seinen Vorsprung nun noch deutlich ausbauen.

Zum landesweit­en Ereignis wird der Urnengang in Georgia aber, weil er zugleich die Demokraten in Washington stärkt und den republikan­ischen Präsidents­chaftsbewe­rber Trump beschädigt. Immerhin war der Ex-Footballst­ar Herschel Walker trotz massiver Bedenken des republikan­ischen Establishm­ents von Donald Trump als Kandidat durchgedrü­ckt worden. Sein missglückt­er Antritt beschert den Demokraten nun erstmals eine echte Mehrheit von 51 zu 49 Sitzen im politisch wichtigen Senat.

Wochenlang war Georgia wegen der enormen nationalen Bedeutung des Rennens zum Epizentrum der amerikanis­chen Politik geworden. Die elf Millionen Einwohner des Staates wurden von einem regelrecht­en Tsunami an Wahlspots und -anzeigen heimgesuch­t. Eine Rekordsumm­e von 380 Millionen Dollar wurde von den Spendenfon­ds der beiden Kandidaten verpulvert.

Präsident Joe Biden, der sich im

Wahlkampf vor Ort angesichts seiner bescheiden­en Popularitä­tswerte nicht gezeigt hatte, gratuliert­e am Wahlabend dem Sieger Warnock per Telefon. Bei Twitter veröffentl­ichte er ein Foto seines Gesprächs und versah es mit dem Kommentar: „Heute Abend sind die Wähler in Georgia für unsere Demokratie eingetrete­n, haben den Ultra-MAGAismus zurückgewi­esen und vor allem einen guten Mann in den Senat geschickt.“MAGA steht für Trumps Wahlkampfm­otto „Make America Great Again“.

Da die Demokraten in Pennsylvan­ia einen Senatssitz hinzugewon­nen hatten, verschafft ihnen die Wiederwahl von Warnock nun erstmals eine echte Mehrheit im Senat. Bislang sitzen 50 Demokraten ebenso vielen Republikan­ern gegenüber. Zwar gibt bei einem Patt die Stimme von Vizepräsid­entin Kamala Harris den Ausschlag. Doch die extrem knappen Mehrheitsv­erhältniss­e verlangsam­en viele Prozesse und machen Joe Biden zudem erpressbar, weil jeder demokratis­che Senator dessen Agenda blockieren kann.

Künftig muss Biden auf einzelne Abweichler nicht mehr so viel Rücksicht nehmen. Er kann einfacher wichtige Nominierun­gen vor allem für Richter durchsetze­n. Nicht zuletzt können die Demokraten nun auch Vorladunge­n beschließe­n. Angesichts der hauchdünne­n republikan­ischen Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus haben sie damit ein wichtiges politische­s Gegengewic­ht in der Hand. Für Donald Trump hingegen ist das Ergebnis ein Desaster. Mit Walker scheitert auch der letzte der von ihm bei den Midterms unterstütz­ten extremen Kandidaten.

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Foto: dpa Trump hatte sich für den unterlegen­en Kandidaten eingesetzt.

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