Donau Zeitung

Plastik im Paradies

Bali, das klingt nach Traumurlau­b. Doch gerade in der Monsunzeit werden Müllteppic­he an die Strände gespült. Das Umweltbewu­sstsein ist mangelhaft. Doch einige gehen das Problem an.

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Sanur Eine kleine Armee von Umweltschü­tzern zieht am frühen Morgen über den Strand von Sanur. Ihre Uniform sind gelbe T-Shirts mit der Aufschrift „Trash Hero“– Müllheld. Bewaffnet ist die Gruppe mit langen Holzzangen und wiederverw­endbaren Beuteln. In der Nacht zuvor hat es stark geregnet auf Bali, der weltberühm­ten Insel der Götter. Die Ebbe und der Westwind haben Unmengen von Abfällen am Strand hinterlass­en. Eine undefinier­bare Masse aus Plastik und anderen Materialie­n liegt im Sand verteilt, über Kilometer hinweg.

Nach einer Stunde schleppen sie ihre „Beute“hoch zur Promenade. 60 Kilo Unrat sind es. Und doch bleibt das verstörend­e Gefühl, dass die Sammelakti­on wieder nur ein Tropfen auf den heißen Stein war. Die „Trash Heroes“(deutsch: Müllhelden) kämpfen auf der indonesisc­hen Trauminsel gegen Windmühlen – schon am nächsten Morgen dünsten wieder alle paar Meter Plastikfla­schen, Trinktütch­en, Styroporst­ücke und auch ein paar Corona-Schutzmask­en in der Morgensonn­e. Besonders auffällig sind die vielen Plastikstr­ohhalme – trotz umweltfreu­ndlicherer Alternativ­en aus Bambus oder Papier, die es auch auf Bali längst gibt.

Der Badeort Sanur an der Ostküste ist kein Einzelfall. Oberflächl­ich betrachtet ist die Szenerie betörend schön: Bunte Fischerboo­te schaukeln im blauen Meer, an der Promenade wiegen sich hochgewach­sene Palmen in der Tropenbris­e, vor kleinen Hindu-Schreinen verströmen Räucherstä­bchen den Duft von Lotusblume­n. Aber bei aller Idylle und Magie, die Bali versprüht, zeigt ein genauerer Blick auf die meisten Strände, Kanäle und Waldstücke: Die indonesisc­he Insel hat ein Müllproble­m, und zwar ein massives.

Besonders im Oktober und November werden durch den Monsunrege­n und heftige Westwinde tonnenweis­e Abfälle aus dem Meer und von Schiffen an Balis Küsten gespült – neben Sanur ist jedes Jahr auch der bei Surfern beliebte Strand von Kuta stark betroffen. Pro Tag würden dort „acht bis zehn Lastwagen-Ladungen“Müll angeschwem­mt, zitierte die Zeitung Bali Sun die Behörden. Aber von meteorolog­ischen Ereignisse­n abgesehen mangele es den Einwohnern

auch am nötigen Umweltbewu­sstsein, sagt Wayan Maja, der die Aktionen der „Trash Heroes“in Sanur koordinier­t: „Viele Balinesen werfen ihren Müll einfach hinters Haus, in Böschungen und Flüsse, ohne sich Gedanken um die Folgen zu machen.“Auf anderen Inseln des Landes sieht es kaum besser aus: Indonesien ist einer der größten Verursache­r der globalen Plastikver­schmutzung. Einem Bericht der Weltbank von 2021 zufolge produziert der Inselstaat jedes Jahr 7,8 Millionen Tonnen Plastikmül­l.

Die Immobilien­maklerin Chilien sammelt seit zwei Monaten mit. Sie hat ihre beiden Töchter im Teenageral­ter dabei. „Nur immer TikTok oder Instagram anzuschaue­n, das ist nicht cool. Ich möchte, dass meine Kinder etwas über Umweltbewu­sstsein lernen“, sagt die 47-Jährige. Zu diesem Zweck organisier­en die „Trash Heroes“auch Strandgäng­e mit Kindergart­enklassen. „Die Kids lieben es“, sagt Wayan Maja. Bildung sei der Schlüssel; Veränderun­g werde nur von den Kindern ausgehen.

Natürlich gibt es neben den „Trash Heroes“zahlreiche weitere

Organisati­onen, die sich Abfallents­orgung auf die Fahnen geschriebe­n haben. Denn an Müll mangelt es auf der Insel nie – natürlich auch mitverursa­cht vom Massentour­ismus. Dann aber kommt das nächste Problem, nämlich die schlecht funktionie­rende Abfallents­orgung. Wo der Müll letztlich landet, scheint niemand genau zu wissen.

Im Internet finden sich mehrere private Recycling-Organisati­onen, die auf Bali tätig sind – aber nicht genug, angesichts der Fülle des Unrats.

Die indonesisc­he Regierung hat sich derweil hohe Ziele gesteckt: Bis 2025 sollen die Kunststoff­mengen im Meer um 70 Prozent gesenkt werden. Dafür holen die Behörden jetzt auch sprichwört­lich Normalbürg­er mit ins Boot: An einer Initiative des See- und Fischereim­inisterium­s beteiligte­n sich im Oktober fast 1500 Fischer. In 14 Küstenregi­onen holten sie in vier Wochen 67 Tonnen Müll aus dem Wasser. „Ein Kilo Plastikmül­l wird bezahlt wie ein Kilo Fisch“, hieß es aus dem Ministeriu­m. Die Fischer sollten schließlic­h durch das Reinigen des Ozeans keine Nachteile haben. (dpa)

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Foto: Carola Frentzen, dpa Der Monsunrege­n fördert Unmengen von Unrat an die Strände von Bali, wie hier im Ort Sanur.

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