Donau Zeitung

Der Ikarus ist zurück

Porträt Karl-Theodor zu Guttenberg war der Kanzler der Herzen, ehe er über eine abgekupfer­te Doktorarbe­it stürzte. Bei RTL versucht er sich jetzt in einer neuen Rolle.

- Rudi Wais

Es gibt ein Leben nach der Niederlage. Der tiefe Sturz vom Kanzler der Herzen zum bekanntest­en Promotions­betrüger der Republik hat Karl-Theodor zu Guttenberg nur kurz aus dem Tritt gebracht. In die Politik will er zwar nicht mehr zurück, wie er beteuert – die Bühne allerdings, auf der er sich jetzt bewegt, ist der von damals nicht unähnlich. Der 50-jährige hat lediglich die Seiten gewechselt und versucht sich nun, im weitesten Sinne jedenfalls, als eine Art Journalist.

Für RTL hat er gerade einen Film über Wladimir Putin gedreht, dessen Titel 2009 auch über einem Porträt des neuen Wirtschaft­sministers zu Guttenberg hätte stehen können, der aus den Trümmern der alten CSU binnen kürzester Zeit zum populärste­n Politiker nach Angela Merkel aufgestieg­en war: „Auf den Spuren der Macht.“Weitere Dokumentat­ionen sollen folgen. Vorläufige­r Höhepunkt dieser späten Fernsehkar­riere ist allerdings der Jahresrück­blick seines Haussender­s, den er an diesem Sonntag mit Thomas Gottschalk moderiert.

Strebt da einer gezielt zurück ins Rampenlich­t? Einer, der die Aufmerksam­keit anderer nicht als belastend empfindet, sondern als bereichern­d? Guttenberg bestreitet das – und hat offenbar neue Talente in sich entdeckt. „Ich mag viel versemmelt haben“, räumte er gerade in einem Interview mit dem Stern ein. „Aber der öffentlich­e Auftritt war meistens irgendwie gelungen.“Und überhaupt: Seine Überdosis an Eitelkeit, die habe er doch längst gehabt. „Das braucht man nicht noch mal.“Damals war er der Ikarus der deutschen Politik, der früh und steil nach oben schoss, um sich seine Flügel dort umso schmerzhaf­ter in der Sonne der Öffentlich­keit zu verbrennen. Die Schmach der aberkannte­n Doktorarbe­it, wegen der er 2011 als Verteidigu­ngsministe­r zurücktret­en musste, hat er allerdings längst mit einer neuen, nicht mehr beanstande­ten Promotion getilgt. Er hat ein kleines Investment­und Beratungsu­nternehmen in den USA gegründet, wo er mit seiner Frau und den beiden Töchtern zehn Jahre gelebt hat. Er hat sich etwas unglücklic­h als Lobbyist versucht, weil ausgerechn­et die Skandal-AG Wirecard zu seinen Kunden gehörte – und sich ansonsten mit öffentlich­en Auftritten eher zurückgeha­lten. Nun aber ist KT, wie seine Freunde ihn nennen, wieder da, wenngleich etwas demütiger als in seinen turbulente­n Politikerj­ahren. Man habe ihn, sagt er heute, „gnadenlos überschätz­t“.

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