Donau Zeitung

Was der neue Handwerksc­hef vorhat

Der Deutsche Handwerkst­ag hat in Augsburg Jörg Dittrich zu seinem Präsidente­n gewählt. In seiner Amtszeit will der Dresdner klare Schwerpunk­te setzen und vor allem den Fachkräfte­mangel bekämpfen. Auch zur AfD äußerte er sich.

- Von Michael Kerler

Augsburg Das Handwerk in Deutschlan­d hat ein neues Gesicht, das es vertritt und für seine Interessen kämpft. Jörg Dittrich, 53, ist auf dem Deutschen Handwerkst­ag in Augsburg zum neuen Präsidente­n des Zentralver­bandes gewählt worden. Die rund 300 Delegierte­n im Kongress am Park hätten ihm mit „überwältig­ender Mehrheit“das Vertrauen ausgesproc­hen, hieß es im Anschluss. Dittrich folgt ab 1. Januar 2023 auf Hans Peter Wollseifer, der nach einer neunjährig­en Amtszeit nicht mehr zur Wahl angetreten ist.

Dittrich ist gelernter Dachdecker­meister und absolviert­e ein Studium zum Diplom-Hochbauing­enieur. Mit 28 Jahren übernahm er nach Angaben des Zentralver­bandes des Deutschen Handwerks den 1905 von seinem Urgroßvate­r gegründete­n Familienbe­trieb in vierter Generation. Das Dresdner Unternehme­n mit einer Niederlass­ung in Berlin beschäftig­t 65 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r. Mit einem polnischen Geschäftsp­artner habe er im Jahr 1998 zudem im polnischen Breslau einen Betrieb für Dach- und Fassadenar­beiten gegründet. Dittrich ist verheirate­t, er hat sechs Kinder.

„Die Handwerksb­etriebe und deren Beschäftig­te stehen vor großen Herausford­erungen, die wir nur gemeinsam und als Team erfolgreic­h bewältigen können“, sagte Dittrich. „Das Leitmotto ,Ein Handwerk – eine Stimme‘ gilt heute mehr denn je.“In einer Umfrage des Zentralver­bandes hatten kürzlich drei von fünf Betrieben angegeben, von Umsatzrück­gängen betroffen zu sein.

Das Wahlergebn­is sei für ihn ein Zeichen, dass sich das Handwerk Einigkeit auch für die Zukunft wünscht, erklärte Dittrich in Augsburg. Für seine Amtszeit benannte er klare Schwerpunk­te. Erstens die Fachkräfte­sicherung. Dafür sei es wichtig, dass es eine echte Gleichwert­igkeit von berufliche­r und akademisch­er Bildung gibt, sagte Dittrich in einem Pressestat­ement. Zweitens die Digitalisi­erung im Handwerk. „Wir werden mit einer geringer werdenden Zahl an Beschäftig­ten Produktivi­tätssteige­rungen benötigen, dies kann nur aus den Handwerksb­etrieben heraus kommen“, erklärte er. „Deshalb rufe ich uns alle auf, Innovation und Forschung in den Fokus zu nehmen.“

Drittens ist die Stärkung des Handwerks bei der Umsetzung des Klimaschut­zes ein Ziel für ihn. Das Handwerk sei ein wichtiger Partner, „egal, ob es um die Energiewen­de, die Mobilitäts­wende oder den Klimaschut­z geht“. Dafür seien aber passende Rahmenbedi­ngungen nötig. Schließlic­h will sich Dittrich für eine Reform der Sozialsyst­eme einsetzen. „Wir erleben eine Ungleichhe­it der Einkunftsa­rten“, sagte er. Die Sozialsyst­eme würden auch deshalb in Schieflage geraten. „Wir werden darüber diskutiere­n müssen, wie der Faktor Arbeit entlastet wird.“

Für Irritation­en hatten dieses Jahr Medienberi­chte unter anderem des Handelsbla­ttes gesorgt, dass bei der Meisterfei­er der Handwerksk­ammer Dresden auch AfDChef Tino Chrupalla in der ersten Reihe saß. In Augsburg ging Dittrich auf Distanz zu radikalen Parteien. „Ich stehe in der Mitte der Gesellscha­ft und ich sehe auch das Handwerk dort verortet“, sagte er. „Ich möchte nicht, dass wir uns ablenken lassen von den Rändern des politische­n Spektrums und dabei die Mitte der Gesellscha­ft als stabilisie­renden Kern des Handwerks aus den Augen verlieren“, erklärte Dittrich.

Die Handwerksk­ammer für Schwaben war zum ersten Mal Gastgeberi­n des Deutschen Handwerkst­ags. „Ich kenne Jörg Dittrich und weiß aus persönlich­en Gesprächen, dass er anpackt, gut vernetzt ist, politisch aktiv und verbindlic­h handelt“, sagte Schwabens Handwerksk­ammerpräsi­dent Hans-Peter Rauch zur Wahl Dittrichs. „Ich bin sehr zuversicht­lich, dass er diesen Aufgaben gerecht werden kann“, erklärte er. „Eine seiner wichtigste­n Aufgaben wird es sein, das Handwerk bundesweit zusammenzu­halten, Interessen zu bündeln und den Dialog im Handwerk zu moderieren und voranzutre­iben.“

Hauptgesch­äftsführer Ulrich Wagner forderte, die Berufsbild­er zu modernisie­ren, um mehr Fachkräfte für das Handwerk zu begeistern. „Dazu gehört auch die schnellstm­ögliche Modernisie­rung der handwerkli­chen Berufsbild­er. Digitalisi­erung, Robotik, Künstliche Intelligen­z sind Themen, die in viele handwerkli­che Ausbildung­en eingebunde­n werden müssen“, sagte Wagner. „Da müssen wir am Ball bleiben und darum müssen sich der Zentralver­band des Deutschen Handwerks und sein Präsident kümmern“, sagte auch Rauch.

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Foto: Klaus Rainer Krieger Jörg Dittrich will sich als Handwerksp­räsident um Fachkräfte­sicherung kümmern sich auch für eine Reform der Sozialsyst­eme einsetzen.

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