Was der neue Handwerkschef vorhat
Der Deutsche Handwerkstag hat in Augsburg Jörg Dittrich zu seinem Präsidenten gewählt. In seiner Amtszeit will der Dresdner klare Schwerpunkte setzen und vor allem den Fachkräftemangel bekämpfen. Auch zur AfD äußerte er sich.
Augsburg Das Handwerk in Deutschland hat ein neues Gesicht, das es vertritt und für seine Interessen kämpft. Jörg Dittrich, 53, ist auf dem Deutschen Handwerkstag in Augsburg zum neuen Präsidenten des Zentralverbandes gewählt worden. Die rund 300 Delegierten im Kongress am Park hätten ihm mit „überwältigender Mehrheit“das Vertrauen ausgesprochen, hieß es im Anschluss. Dittrich folgt ab 1. Januar 2023 auf Hans Peter Wollseifer, der nach einer neunjährigen Amtszeit nicht mehr zur Wahl angetreten ist.
Dittrich ist gelernter Dachdeckermeister und absolvierte ein Studium zum Diplom-Hochbauingenieur. Mit 28 Jahren übernahm er nach Angaben des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks den 1905 von seinem Urgroßvater gegründeten Familienbetrieb in vierter Generation. Das Dresdner Unternehmen mit einer Niederlassung in Berlin beschäftigt 65 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit einem polnischen Geschäftspartner habe er im Jahr 1998 zudem im polnischen Breslau einen Betrieb für Dach- und Fassadenarbeiten gegründet. Dittrich ist verheiratet, er hat sechs Kinder.
„Die Handwerksbetriebe und deren Beschäftigte stehen vor großen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam und als Team erfolgreich bewältigen können“, sagte Dittrich. „Das Leitmotto ,Ein Handwerk – eine Stimme‘ gilt heute mehr denn je.“In einer Umfrage des Zentralverbandes hatten kürzlich drei von fünf Betrieben angegeben, von Umsatzrückgängen betroffen zu sein.
Das Wahlergebnis sei für ihn ein Zeichen, dass sich das Handwerk Einigkeit auch für die Zukunft wünscht, erklärte Dittrich in Augsburg. Für seine Amtszeit benannte er klare Schwerpunkte. Erstens die Fachkräftesicherung. Dafür sei es wichtig, dass es eine echte Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung gibt, sagte Dittrich in einem Pressestatement. Zweitens die Digitalisierung im Handwerk. „Wir werden mit einer geringer werdenden Zahl an Beschäftigten Produktivitätssteigerungen benötigen, dies kann nur aus den Handwerksbetrieben heraus kommen“, erklärte er. „Deshalb rufe ich uns alle auf, Innovation und Forschung in den Fokus zu nehmen.“
Drittens ist die Stärkung des Handwerks bei der Umsetzung des Klimaschutzes ein Ziel für ihn. Das Handwerk sei ein wichtiger Partner, „egal, ob es um die Energiewende, die Mobilitätswende oder den Klimaschutz geht“. Dafür seien aber passende Rahmenbedingungen nötig. Schließlich will sich Dittrich für eine Reform der Sozialsysteme einsetzen. „Wir erleben eine Ungleichheit der Einkunftsarten“, sagte er. Die Sozialsysteme würden auch deshalb in Schieflage geraten. „Wir werden darüber diskutieren müssen, wie der Faktor Arbeit entlastet wird.“
Für Irritationen hatten dieses Jahr Medienberichte unter anderem des Handelsblattes gesorgt, dass bei der Meisterfeier der Handwerkskammer Dresden auch AfDChef Tino Chrupalla in der ersten Reihe saß. In Augsburg ging Dittrich auf Distanz zu radikalen Parteien. „Ich stehe in der Mitte der Gesellschaft und ich sehe auch das Handwerk dort verortet“, sagte er. „Ich möchte nicht, dass wir uns ablenken lassen von den Rändern des politischen Spektrums und dabei die Mitte der Gesellschaft als stabilisierenden Kern des Handwerks aus den Augen verlieren“, erklärte Dittrich.
Die Handwerkskammer für Schwaben war zum ersten Mal Gastgeberin des Deutschen Handwerkstags. „Ich kenne Jörg Dittrich und weiß aus persönlichen Gesprächen, dass er anpackt, gut vernetzt ist, politisch aktiv und verbindlich handelt“, sagte Schwabens Handwerkskammerpräsident Hans-Peter Rauch zur Wahl Dittrichs. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass er diesen Aufgaben gerecht werden kann“, erklärte er. „Eine seiner wichtigsten Aufgaben wird es sein, das Handwerk bundesweit zusammenzuhalten, Interessen zu bündeln und den Dialog im Handwerk zu moderieren und voranzutreiben.“
Hauptgeschäftsführer Ulrich Wagner forderte, die Berufsbilder zu modernisieren, um mehr Fachkräfte für das Handwerk zu begeistern. „Dazu gehört auch die schnellstmögliche Modernisierung der handwerklichen Berufsbilder. Digitalisierung, Robotik, Künstliche Intelligenz sind Themen, die in viele handwerkliche Ausbildungen eingebunden werden müssen“, sagte Wagner. „Da müssen wir am Ball bleiben und darum müssen sich der Zentralverband des Deutschen Handwerks und sein Präsident kümmern“, sagte auch Rauch.