Liebe ohne Kompromisse
Vor dem Start der Doku-Serie über Harry und Meghan war die Spannung groß. Und die Sorge, der Zwist mit dem Königshaus könnte eskalieren. In den ersten Teilen blieb der große Knall aus.
London „Ist er das wirklich wert?“Diese Frage sollen Meghans Freunde ihr immer wieder gestellt haben. Doch die heute 41-jährige USAmerikanerin entschied sich für die Beziehung mit Prinz Harry. Sie hätten sich, so sagt sie, 2016 Hals über Kopf ineinander verliebt, wollten gemeinsam die Welt erobern, bis man versuchte habe, sie daran zu hindern. So zumindest stellt das Paar „ihre Sicht“in der Netflix-Dokuserie „Harry & Meghan“dar, die am Donnerstag veröffentlicht wurde.
Wie die Geschichte endete, ist bekannt: Prinz Harry und Herzogin Meghan sagten sich von der britischen Krone los und leben nun mit ihren zwei Kindern, dem dreijährigen Archie und der ein Jahr alten Lilibet, in Kalifornien.
Exakt um 09.01 Uhr stellte die Plattform die mit Spannung erwarteten ersten drei von sechs Folgen der Dokumentation online. Der genaue Inhalt war ein gut gehütetes Geheimnis. Zwei in den vergangenen Tagen veröffentlichte Trailer legten jedoch neue Skandal-Enthüllungen nahe. Viele Britinnen und Briten verfolgten die Serie zuhause oder im Büro. „Der große Knall blieb dann jedoch aus, zumindest bislang“, betonte Pauline MacLaran, Royal-Expertin an der Royal Holloway Universität in London im Gespräch mit unserer Redaktion.
Die britische Presse sezierte die ersten Folgen dennoch bis ins kleinste Detail. Für Furore sorgte eine Aussage zu Beginn, wonach es Mitglieder der königlichen Familie abgelehnt hätten, den Inhalt der Dokumentation zu kommentieren. Dies entspreche nicht der Wahrheit, berichteten britische Medien und bezogen sich dabei auf Informanten aus Palastkreisen. Das Paar habe der königlichen Familien ein solches Angebot gar nicht gemacht. Die Daily Mail deutete dies als Ausdruck der Wut des Königshauses auf „Megflix“, wie sie die Skandal-Doku nannten.
Am Anfang, im Jahr 2016, sei alles leicht gewesen, als noch keiner von ihrer Beziehung wusste, hört man Harry und Meghan sagen. Um dies zu verdeutlichen, darf das Publikum einen Blick hinter die Kulissen werfen. Private Fotos werden gezeigt. Schnappschüsse. Intime Momente eines frisch verliebten Paares, unterlegt von Klaviermusik. Schnell hätten sie gewusst, dass sie füreinander bestimmt sind. Meghan fand ihn charmant und lustig. Der Prinz fühlte sich durch ihre Warmherzigkeit an seine Mutter Diana erinnert.
Dann jedoch habe sich ihr Leben rasant in einen Albtraum verwandelt, so das Narrativ der ersten drei Folgen. Dafür werden mehrere Gründe angeführt: Die gnadenlose britische Presse, die sie sowohl in den USA als auch in London auf Schritt und Tritt verfolgt habe, die königliche Familie mit ihrem strengen Protokoll sowie Großbritannien als früheres Empire mit einer Geschichte von Sklaverei und Rassismus.
Diese Kombination, so legt die Serie nahe, habe ein Leben für Herzogin Meghan und Prinz Harry als Teil der königlichen Familie unerträglich gemacht. Kritisch für das Königshaus könnten Harrys Aussagen zum Umgang seiner Familie mit Meghan sein. Dort sei man überzeugt gewesen, dass sie auch angesichts rassistischer Anfeindungen durch die Presse keine Extrabehandlung verdient habe. „Warum sollte deine Freundin anders behandelt werden?“, zitiert Prinz Harry seine Schwägerin.
Experten fragten sich nun, wie das Königshaus auf diese Anschuldigungen reagieren wird. Schließlich sei man sich im Klaren darüber, dass der Vorwurf, dass der Palast ein Rassismusproblem habe, extrem schädlich sein kann. Das wurde durch die Anschuldigungen von Herzogin Meghan während ihres Interviews mit Oprah Winfrey im vergangenen Jahr deutlich. Meghan erzählte damals ausführlich davon, dass in den Kreisen der Royals die Sorge darüber geäußert worden sei, wie dunkel die Haut ihres Sohnes womöglich wird.
Es gebe in der Königsfamilie ein riesiges Maß an unbewussten Vorurteilen, sagt Harry in der Doku und zeigt sich dabei auch selbstkritisch. Das Tragen eines NaziKostüms bei einer Party im Jahr 2005 bezeichnete er als „einen der größten Fehler meines Lebens“. Der 38-Jährige war damals bei einem privaten Kostümfest in einer Uniform mit Hakenkreuz-Armbinde erschienen.
In Großbritannien hofft man nun, dass mit der Veröffentlichung von Harrys Buch „Spare“im Januar Ruhe einkehrt. Mehr Klarheit hierüber wird es kommenden Donnerstag geben, wenn die verbliebenen drei Folgen der Serie gezeigt werden. Bei den meisten Briten jedenfalls sind die beiden nicht mehr sonderlich beliebt. Viele fordern, dass ihnen ihre königlichen Titel entzogen werden. Royal-Expertin Pauline MacLaran kann sich jedoch vorstellen, dass die Serie insbesondere beim jüngeren Publikum in den USA gut ankommt. =