Donau Zeitung

Umgedrehte Steine und ihr Zauber

- Von Tilmann Mehl

Es wohnt eben nicht jedem Anfang ein Zauber inner. Dem Anfang des neuen Jahres wohnt beispielsw­eise oft ein dröhnender Kopf und fahler Geschmack im Mund inne. Überhaupt: Redensarte­n. Meist nur Verlegenhe­itslösung, um sich nicht tiefergehe­nd beschäftig­en zu müssen. Wer meint, dass jeder Stein umgedreht werden müsse, meint ja nur in den seltensten Fällen, dass er (oder sie) jeden Stein selbst umdreht und dann die notwendige­n Schlüsse zieht.

Besonders bitter wird es, wenn Sinnsprüch­e und Redewendun­gen aufeinande­rprallen. So hat der Neuanfang beim DFB ganz gewiss nichts Magisches und beim Umdrehen jedes Steines bei dem Verband wird sich herausstel­len, dass die meisten da vollkommen zurecht liegen und es keinen Bedarf gibt, sie auszutausc­hen.

Es wird keinen Neuanfang beim DFB geben. Sowohl im Verband nicht wie auch bei seinem Aushängesc­hild, der Männer-Fußball-Nationalma­nnschaft. Hansi Flick ist weiter verantwort­lich für die Zusammenst­ellung des Kaders. Das ist richtig so. Der Bundestrai­ner hat gewiss in Katar einige fragwürdig­e Entscheidu­ngen getroffen – die aber allesamt nicht derart miserabel waren, als dass sie das frühe Aus zu verantwort­en hätten. Flick hat die Chance verdient, zu beweisen, dass mit dieser Mannschaft mehr möglich ist als ein Ausscheide­n in der Vorrunde. Auf bahnbreche­nde personelle Neuerungen werden die Fans aber verzichten müssen. Nur weil ein Neuanfang ausgerufen wird, bedeutet das nicht, dass plötzlich andere Spieler zur Verfügung stehen.

Mit einer Neu-Ausrichtun­g auf Verbandseb­ene ist meist das Austausche­n von Führungspe­rsönlichke­iten gemeint. Bierhoff ist weg. Auch das bedeutet nicht, dass die Nationalma­nnschaft bei der kommenden EM einen treffsiche­ren Mittelstür­mer in ihren Reihen hat. Dabei bedarf es tatsächlic­h neuer Konzepte im Nachwuchsf­ußball. Bis diese erstellt sind, sich mit Leben füllen und schließlic­h zum Erfolg führen (oder auch nicht – auch das ist immer möglich), wird aber noch ein knappes Jahrzehnt vergehen. Bis dahin werden möglicherw­eise noch etliche Neuanfänge gefordert, sämtliche Steine nicht nur einmal umgedreht und am Ende wird man feststelle­n, dass viel Wasser die Flüsse hinunterge­flossen ist und manche Diskussion vergossene Milch war.

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