Es war einmal … der erfolgreichste Klub
Der EV Füssen feiert das 100. Jahr seiner Gründung. Mit 16 Titeln sind die Ostallgäuer bis heute Eishockey-Rekordhalter. Martin Beck ist der älteste noch lebende Meisterspieler und trainierte einst auch den AEV.
Füssen Noch einmal lässt er das Goldstück durch seine faltigen Hände gleiten. Ein Eishockey-Tormann ist darauf abgebildet. Darüber prangt der Schriftzug „Spengler Cup Davos 1952 – 1. Platz.“Der 89-jährige Martin Beck hat die Medaille, die an einem Lederriemen hängt, bis heute zu Hause aufbewahrt. Wie das entscheidende Tor im Finale fiel, kann er noch heute minutiös beschreiben. „Es gab ein Bully in der Zürcher Zone – Rückpass – Zack – Bumm – und Tor“, erinnert sich der einstige Verteidiger des EV Füssen.
Jetzt, da das 100-jährige Jubiläum bevorsteht, hat er so manche Trophäe von einst wieder aus dem Schrank hervorgeholt. Und davon hat Beck wahrlich einige gesammelt. Der Zahnmediziner ist nämlich der älteste noch lebende Meisterspieler des EV Füssen. Bis heute ist der Eishockeyklub mit 16 Titeln der Rekordhalter, was die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg angeht.
An sage und schreibe acht dieser Meisterschaften war Beck beteiligt. Nun, da dem EVF ein großes Jubiläumswochenende bevorsteht, werden bei ihm wieder Erinnerungen wach. An den Silvestertag vor 70 Jahren zum Beispiel. „Wir waren ja so stolz und glücklich, dass wir überhaupt in die Schweiz zum traditionsreichsten Eishockey-Turnier Europas fahren durften“, sagt Beck. „Und dann als erste deutsche Mannschaft gleich ins Finale zu kommen – es war hervorragend.“
Solche Sätze, die mit den Worten „es war einmal“beginnen, hört man in Füssen dieser Tage häufiger. Klar – bei so einem Jubiläum. Aber die glorreiche Zeit, die am Freitag bei einer großen Gala wieder aufleben soll, liegt eben auch schon lange zurück.
Inzwischen spielt der EV Füssen in der drittklassigen Oberliga. Immerhin, könnte man sagen. Denn nach einer Insolvenz vor sieben Jahren musste der Traditionstraditionsreichsten
klub von ganz unten neu beginnen. Zweifelsohne der Tiefpunkt in der hundertjährigen Historie. Doch mit vielen Talenten gelang binnen vier Jahren die Rückkehr ins professionelle Eishockey. „Zu verdanken hat der Verein das alles nur sei
nem Nachwuchs“, ist Beck überzeugt. „Dieses Jubiläum müsste dem Nachwuchs gewidmet werden, den vielen eissportbegeisterten Kindern und Jugendlichen, die das alles erst ermöglicht haben.“
Am 11. Dezember 1922 hatten
sich 13 Männer und fünf Frauen im Füssener Hotel Sonne zur Gründungsversammlung eingefunden. Die Bestellung von „zehn Hockeyschlägern und drei Hockeyscheiben“wurde in Auftrag gegeben. Es sollte die Geburtsstunde eines der
Eissportklubs des Landes sein. Seine größte Zeit erlebte der EV Füssen bis 1973. Im altehrwürdigen Eisstadion, das sich an den Kobelhang schmiegte, galt der EVF in der Bundesliga als schier unbezwingbar, war der letzte Klub, der eine deutsche Eishockeymeisterschaft ohne Importspieler feiern konnte. „Sogar bis aus Augsburg kamen die Fans, darunter Honoratioren wie der Gründer des Möbelhauses Segmüller“, erinnert sich Beck. Schon bald sollten es aber Füssener sein, die für den Augsburger EV aufliefen, um dort dem Eishockey auf die Beine zu helfen.
„Ich erhielt 1965 einen Anruf von Curt Frenzel, ob ich den AEV trainieren könne“, erinnert sich Beck. Der Gründer dieser Zeitung, zeitgleich Präsident des AEV, wollte seinen Verein nach oben hieven. Und dieses Vorhaben gelang: Beck als Coach brachte den Augsburger EV in die Bundesliga. Und er lockte auch andere Füssener wie Paul Ambros oder Ernst Köpf zum AEV. „Danach war mir der Aufwand zu groß.“Mit Xaver Unsinn übernahm der nächste Füssener das Traineramt beim AEV.
Und Beck? Der hielt dem EVF auch in schlechten Zeiten die Treue. Als der Verein etwa 1983 zum ersten Mal in Konkurs ging, übernahm er einen Vorstandsposten. Für eine Ausstellung zum Hundertjährigen stellte er jetzt seine Trophäensammlung zur Verfügung – darunter auch die Medaille vom legendären Spengler-CupSieg in Davos.
„Wissen Sie was?“, sagt Beck. „Den Pokal von 1952 hab ich noch gar nie gesehen.“Denn der EV Füssen reiste am Silvestertag vor 70 Jahren noch vor der Siegerehrung ab, um daheim mit der Familie den Jahreswechsel zu feiern. Doch am Freitag wird Beck die Trophäe, die er vor 70 Jahren gewann, erstmals in Händen halten. Denn eine Delegation aus Davos bringt den originalen Cup von damals nach Füssen. Der alten Zeiten wegen.