Donau Zeitung

Justiz verharmlos­t mitunter Gewalt gegen Frauen

- Von Christina Brummer

Körperverl­etzung, Bedrohung, Nötigung, Totschlag. Mord. Diese Aufzählung ist nur ein Ausschnitt aus den Delikten, die die Kriminalst­atistik der Polizei in der Rubrik „Partnersch­aftsgewalt“aufführt. Tatverdäch­tig waren 2021 zu knapp 80 Prozent Männer. 115.342 weibliche Opfer zählt die Statistik deutschlan­dweit für das vergangene Jahr, 28.262 männliche. Vor dem Augsburger Amtsgerich­t wurde am Dienstag ein Fall aus dem Kreis Dillingen verhandelt, der in diese Statistik eingehen wird. Ein Fall von vielen. Ein Mann aus dem Landkreis misshandel­te dabei seine Ex-Freundin, bedrohte sie. Sie zeigte ihn an. Alles gipfelte darin, dass er ihr ein Messer vorhielt und sie und ihre drei Kinder in ein Auto zwang.

Familiendr­ama, Eifersucht­stat – ist bei solchen Fällen oft in den Medien zu lesen, wenn Täter und Opfer einmal ein Paar waren. Doch auch die Justiz verharmlos­t solche Taten, wie sich vor dem Amtsgerich­t in Augsburg zeigte. „Eine Beziehungs­tat, die völlig eskaliert ist“, nannte etwa die Staatsanwä­ltin das Geschehen. Den Begriff „Beziehungs­tat“kennt das Strafgeset­zbuch jedoch gar nicht. Solche Zuschreibu­ngen sind verharmlos­end, denn sie legen nahe, dass es in Beziehunge­n eben einmal Knatsch gibt. „Da gehören immer zwei dazu“, ist ein häufiger Ausspruch in dem Zusammenha­ng, den auch der Angeklagte in ähnlicher Weise im Prozess in Augsburg äußerte. Solche Verharmlos­ungen sorgen bisweilen auch dafür, dass eine Tat nicht als Mord, sondern nur als Totschlag gewertet wird, weil etwa die Eifersucht des ExPartners nicht als niederer Beweggrund angesehen wird. Partnersch­aftsgewalt basiert nicht auf einer zufällig entstanden­en problemati­schen Konstellat­ion zweier Personen, sondern auf antiquiert­en Rollenbild­ern, nach denen die Frau der Besitz des Mannes ist. Erst wenn sich das in den Köpfen der Menschen ändert, können Frauen sicherer leben.

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