Justiz verharmlost mitunter Gewalt gegen Frauen
Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung, Totschlag. Mord. Diese Aufzählung ist nur ein Ausschnitt aus den Delikten, die die Kriminalstatistik der Polizei in der Rubrik „Partnerschaftsgewalt“aufführt. Tatverdächtig waren 2021 zu knapp 80 Prozent Männer. 115.342 weibliche Opfer zählt die Statistik deutschlandweit für das vergangene Jahr, 28.262 männliche. Vor dem Augsburger Amtsgericht wurde am Dienstag ein Fall aus dem Kreis Dillingen verhandelt, der in diese Statistik eingehen wird. Ein Fall von vielen. Ein Mann aus dem Landkreis misshandelte dabei seine Ex-Freundin, bedrohte sie. Sie zeigte ihn an. Alles gipfelte darin, dass er ihr ein Messer vorhielt und sie und ihre drei Kinder in ein Auto zwang.
Familiendrama, Eifersuchtstat – ist bei solchen Fällen oft in den Medien zu lesen, wenn Täter und Opfer einmal ein Paar waren. Doch auch die Justiz verharmlost solche Taten, wie sich vor dem Amtsgericht in Augsburg zeigte. „Eine Beziehungstat, die völlig eskaliert ist“, nannte etwa die Staatsanwältin das Geschehen. Den Begriff „Beziehungstat“kennt das Strafgesetzbuch jedoch gar nicht. Solche Zuschreibungen sind verharmlosend, denn sie legen nahe, dass es in Beziehungen eben einmal Knatsch gibt. „Da gehören immer zwei dazu“, ist ein häufiger Ausspruch in dem Zusammenhang, den auch der Angeklagte in ähnlicher Weise im Prozess in Augsburg äußerte. Solche Verharmlosungen sorgen bisweilen auch dafür, dass eine Tat nicht als Mord, sondern nur als Totschlag gewertet wird, weil etwa die Eifersucht des ExPartners nicht als niederer Beweggrund angesehen wird. Partnerschaftsgewalt basiert nicht auf einer zufällig entstandenen problematischen Konstellation zweier Personen, sondern auf antiquierten Rollenbildern, nach denen die Frau der Besitz des Mannes ist. Erst wenn sich das in den Köpfen der Menschen ändert, können Frauen sicherer leben.