Vom Versager zum Hoffnungsträger
Porträt Gareth Southgate steht mit England bei der WM im Viertelfinale. Er will endlich den ganz großen Erfolg. Hartnäckig ist er, das weiß auch seine Ehefrau Alison.
Auf Elfmeter sollte man Gareth Southgate besser nicht ansprechen. Schon gar nicht auf Elfmeter gegen Deutschland. Und den Namen Andreas Köpke sollte man im direkten Gespräch auch besser vermeiden. Southgate war ein sehr solider Innenverteidiger, er spielte viele Jahre in Englands erster Liga und im Nationalteam. Southgate agierte nicht immer elegant, manchmal wirkte sein Spiel ungelenk. Innenverteidiger eben.
Dann aber, in seinem zweiten Jahr als Nationalspieler Englands, dieses Halbfinale 1996 gegen Deutschland. Es war zu Hause, also dort, wo nach britischem Verständnis der Fußball erfunden wurde. Im Wembleystadion von
London spielten die Gastgeber gegen die wenig geliebten Deutschen. Es kam zum Elfmeterschießen, und irgendwann war auch Southgate an der Reihe. Er lief an, schoss – Köpke aber hielt. England schied aus. Ein trauriger Moment, der Southgate lange begleitet.
In den Flitterwochen kurz nach dem Fehlschuss traf er auf Bali einen Mönch. Der hatte nichts Besseres zu tun, als ihn mit den Worten zu begrüßen: „Du bist es, nicht wahr? England. Verschossener Elfmeter.“Trost spendete ihm seine Ehefrau Alison. Seit 1997 sind sie verheiratet, für ihn war es die Liebe auf den ersten Blick. Alison arbeitete in einer Boutique, in der Southgate zum Stammkunden wurde, bis er sich endlich traute, sie anzusprechen. Zwei Jahre dauerte es bis zum ersten Date. Die Ehe hält bis heute. Southgate ist seit 2016 Englands Nationaltrainer. Eine Aufgabe, die der 52-Jährige recht ordentlich erfüllt. Vor vier Jahren in Russland führte er England ins Halbfinale, vor einem Jahr bei der EM sogar ins Endspiel. Dort aber: wieder Elfmeterschießen. Wieder versagten die Engländer, Italien triumphierte. Der nächste traurige Moment für Gareth Southgate, der nach Sicht der englischen Öffentlichkeiten die falschen Schützen ausgewählt hatte.
Nun in Katar soll alles anders werden. England steht im Viertelfinale, in dem mit Frankreich allerdings der Weltmeister wartet. Southgate wird wieder elegant gekleidet am Rand stehen, ganz der britische Gentleman. Zwei Jahre hat er noch Vertrag. Den möchte er erfüllen, die Spieler wollen das offenbar auch. „Wir alle lieben Gareth, er ist ein fantastischer Trainer“, sagte Nationalspieler Kieran Trippier. Zumindest mal bis zum Viertelfinale am Samstag gegen Frankreich.