Donau Zeitung

Rohstoffe sind schwerer verfügbar

- Von Stefan Küpper

Die bayerische Wirtschaft ist besorgt. Zinn, Lithium, Seltene Erden oder Kupfer werden teurer, sind stärker nachgefrag­t, und das Risiko bei der Beschaffun­g steigt. Die Frage ist: Wie lange funktionie­ren die Märkte noch?

München Rohstoffe wie Zinn, Lithium oder Seltene Erden sind elementar für einen Industries­tandort wie Bayern. In einem zunehmend schwierige­ren geopolitis­chen Umfeld bleibt es für die Unternehme­n – große wie kleine – im Freistaat allerdings schwierig, über diese verlässlic­h zu verfügen. Und der Trend macht es nicht besser. Die jährlich veröffentl­ichten Studien des Verbandes der bayerische­n Wirtschaft (vbw) zeigen: In den letzten Jahren hat die Unsicherhe­it in der Rohstoffve­rsorgung im Freistaat stetig zugenommen.

Inzwischen gehören 27 von 45 untersucht­en Rohstoffen zur sogenannte­n Hochrisiko­gruppe. 2015 waren es nur 16. Bertram Brossardt, vbw-Hauptgesch­äftsführer, fasst zusammen: „Generell lässt sich festhalten, dass das durchschni­ttliche Versorgung­srisiko der betrachtet­en Rohstoffe im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen ist. Viele Rohstoffe sind weltweit immer stärker umkämpft.“

Dazu gehören Zinn, Gallium und Tantal, die wichtig für die Elektro-Industrie und den Ausbau der digitalen Infrastruk­tur sind. Gefragt bleiben natürlich Lithium, Kobalt und Graphit, die laut Brossardt zu den „sehr kritischen Rohstoffen“gehören. Gebraucht werden

sie für Lithium-Ionen-Batterien, sprich die E-Wende der AutoIndust­rie. Zu den „besonders risikobeha­fteten Rohstoffen“gehören Seltene Erden wie Yttrium, Scandium und Neodym, auch sie sind elementar für E-Mobilität und E-Wende.

Sowohl Brossardt als auch Studienaut­or Karl Lichtblau, Geschäftsf­ührer von IW Consult, betonen zwar, dass der Rohstoffha­ndel läuft – auch mit Russland noch. Aber sie weisen auch deutlich auf

die Risiken hin. So gehört etwa Russland bei 18 der 45 im Rohstoff-Risiko-Index ausgewerte­ten Rohstoffen zu den fünf größten Produzente­n der Welt. Den deutschen Markt beliefert Russland vor allem mit Selen, Nickel und Palladium, das etwa für Autokataly­satoren benötigt wird. Brossardt sagt: „Es besteht die Gefahr, dass aufgrund geopolitis­cher Konflikte Engpässe entstehen, ganze Produktion­sketten reißen können oder Rohstoffe als Druckmitte­l in

Handelskon­flikten eingesetzt werden.“

Die vbw-Studie wird jährlich erstellt. Dieses Jahr haben die Autoren explizit die Schwierigk­eiten untersucht, die aus einer stark steigenden Nachfrage bei Kupfer resultiere­n. Kupfer braucht man etwa für den Ausbau der Stromnetze, für Windkrafta­nlagen, aber auch für Feststoffb­atterien. Die IW Consult-Auswertung zeigt, dass allein im Bereich der Energieerz­eugung und -nutzung der Kupferbeda­rf

bis 2030 um 40 bis 75 Prozent zunehmen wird.

Was sind die Lösungsans­ätze, um die Risiken von Ausfällen zu minimieren? Brossardt nimmt die Bundesregi­erung in die Pflicht, mit ihrer Außenpolit­ik die nötigen Rahmenbedi­ngungen für einen dauerhaft sicheren Rohstoffbe­zug zu schaffen und die Unternehme­n beim Zugang zu internatio­nalen Rohstoffmä­rkten zu unterstütz­en.

Zugleich kommt natürlich dem Recycling eine immer größere Bedeutung zu, erläutert Lichtblau: „Das ist – etwa auf dem Bau, das Stichwort lautet ,urban mining‘ – ein großes Thema.“Künftig aber müsse schon bei der Entwicklun­g von Produkten vielmehr deren Wiederaufb­ereitung mitgedacht werden. Produkte müssten recyclingf­ähig designt werden. Auch Rohstoffe in Deutschlan­d zu fördern, sei eine Option. Lithium etwa. Allerdings sei dies stets mit Eingriffen in die Natur, also mit umweltpoli­tischen Herausford­erungen, verbunden. Selbst wenn es eine Entscheidu­ng dafür gäbe, würde es mindestens fünf Jahre dauern, bis auf diesem Wege etwas erreicht sei.

Das Exportland Deutschlan­d ist bei Rohstoffen vom Import abhängig. Das ist in einer raueren Welt keine gute Nachricht. Denn wie Energie können Rohstoffe auch als ökonomisch­e Waffe eingesetzt werden.

 ?? Foto: Patrick Pleul, dpa ?? Lithium ist gefragt. Für Batterien etwa, ohne die die E-Wende im Mobilitäts­sektor nicht voran kommt.
Foto: Patrick Pleul, dpa Lithium ist gefragt. Für Batterien etwa, ohne die die E-Wende im Mobilitäts­sektor nicht voran kommt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany