Messi macht den Unterschied
Dank seines Mittelfeldstrategen zieht Argentinien ins WM-Halbfinale ein. Gegen die Niederlande müssen die Südamerikaner dafür aber ins Elfmeterschießen.
Doha Es gibt gerade wohl keinen besseren Ort für argentinische Freudenfeste als die katarische Planstadt Lusail. Die dort errichtete goldene Stadionschüssel ist der Ort aller Sehnsüchte dieser umstrittenen Weltmeisterschaft. Genau hier haben Lionel Messi und Kollegen mit stimmgewaltiger Unterstützung von den Rängen am Freitagabend in einem Wechselbad der Gefühle eine hohe Viertelfinalhürde genommen. Mit dem dramatischen 4:3-Sieg im Elfmeterschießen gegen die Niederlande ist der zweifache Weltmeister nur noch einen Schritt von seiner sechsten Finalteilnahme entfernt.
Zum gefeierten Helden wurde Torhüter Emiliano Martinez mit zwei Elfmeterparaden. Nach einer packenden Partie hatte es nach der regulären Spielzeit und Verlängerung
2:2 (1:0) gestanden. Die Argentinier gaben dabei einen von Messi eingeleiteten 2:0-Vorsprung aus der Hand. Erst bereitete der Kapitän das 1:0 von Nahuel Molina vor (35.), um dann mit einem verwandelten Foulelfmeter selbst das 2:0 anzubringen (73.). Doch dann schaffte der eingewechselte Wout Weghorst mit einem Doppelschlag (83. und 90.+11) noch den unverhofften 2:2-Ausgleich.
Nach torloser Verlängerung brauchte es die Nervenschlacht vom Kreidepunkt für die himmelblauen Glücksmomente. Für die „Albiceleste“wartet nun am Dienstag (20 Uhr) das Halbfinale gegen den Brasilien-Bezwinger Kroatien an selber Stelle.
Der bin in die Haarspitzen motivierte Messi will diese Mannschaft so mitreißen wie bei seiner leidenschaftlichen Ansprache vor dem Finale der Copa América 2021 gegen Brasilien (1:0), weil der 35-Jährige
naturgemäß spürt, dass vermutlich nur diese Chance bleibt, um wie Legende Diego Maradona für seine Heimat den Goldpokal zu holen. Hingegen ist die Mission des kauzigen Lehrmeisters Louis van Gaal beendet. Die Kultfigur wird als Bondscoach aufhören, doch der 71-Jährige kokettiert noch immer mit, irgendwo weiterzumachen.
Die ohne Angel di Maria in der Startelf angetretenen Argentinier benötigten ein bisschen, ehe sie in diese zunächst sehr taktisch geprägte Begegnung fanden. Das sechste WM-Duelle seit 1974, als Holland einst mit seinem „Voetbal Totaal“begeisterte, entwickelte sich wegen der taktischen Fesseln nicht so spektakulär wie vielleicht erhofft. Der Akustikpegel stieg eigentlich immer dann an, wenn Messi seine Füße im Spiel hatte.
Und wer sollte es anders sein, als Messi höchstpersönlich, der mit einem kurzen Dribbling sich Raum verschaffte, um dann einen Traumpass anzubringen, den nur Weltstars beherrschen: Der aufgerückte Molina nahm das Zuspiel mit rechts an, um mit links die Kugel an Noppert vorbeizuspitzeln.
Nach Wiederanpfiff kamen die Niederlande endlich mehr aus ihrer Deckung, verbuchten nun sogar ein Plus an Ballbesitz. Aber die besseren Szenen hatte Argentinien. Linksverteidiger Marcos Acuna holte gegen Denzel Dumfries einen Strafstoß heraus. Messi schoss sein 95. Länderspieltor.
Nichts deutete zu diesem Zeitpunkt noch auf eine Wende hin, doch dann weckte Weghorst mit dem Anschlusstreffer die niederländischen Lebensgeister. Es begann eine hektische Schlussphase, die am Ende noch mit einem Knalleffekt aufwartete. Denn Teun Koopmeiners spielte den Ball bei einem Freistoß unter der Mauer hindurch und Weghorst vollstreckte aus der Drehung. Am Ende aber, war das vergeblich.
Tore 0:1 Molina (35.), 0:2 Messi (73./Foulelfmeter), 1:2 Weghorst (83.), 2:2 Weghorst (90.+11) Elfmeterschießen E. Martínez hält von Van Dijk, 0:1 Messi, E. Martínez hält von Berghuis, 0:2 Paredes, 1:2 Koopmeiners, 1:3 Montiel, 2:3 Weghorst, Fernández verschießt, 3:3 L. de Jong, 3:4 L. Martínez