Für Marokko, für Afrika, für ganz Arabien
Überraschungsteam im Viertelfinale
Doha Die arabische Welt ist vereint: Jedenfalls am Samstag, wenn mit Marokko das ÜberraschungsTeam der WM im Viertelfinale gegen Portugal (16 Uhr, ZDF) spielen darf. „Wir wollen Afrika stolz machen, wir haben die afrikanische Welt hinter uns“, sagt Trainer Walid Regragui, der es in drei Monaten geschafft hat, aus der Ansammlung vieler Stars ein Kollektiv zu formen, das taktisch ungemein diszipliniert spielt. Marokko überraschte schon in der Gruppenphase, die sie als Gruppenerster vor Kroatien beendeten. Am Dienstag wurde in einem denkwürdigen Elfmeterschießen TitelFavorit Spanien besiegt, nachdem die „Atlas-Löwen“über 120 Minuten den Spaniern ihre Grenzen aufgezeigt hatten. Alles bei einem Lärmpegel, der bei dieser WM außergewöhnlich war, allenfalls beim südamerikanischen Duell Argentinien – Mexiko herrschte eine ähnliche Begeisterung auf den Rängen.
Bezeichnend: In vier WM-Spielen hat noch kein Gegner die marokkanische Abwehr bezwingen können, nicht einmal im Elfmeterschießen, in dem sich Torwart Yassine Bounou, genannt Bono, vom FC Sevilla mit zwei gehaltenen Elfmetern zum Helden machte. Nicht umsonst wurde der 31-Jährige in der vergangenen Saison zum besten
Torhüter Spaniens gewählt. Der einzige Gegentreffer, den Marokko hinnehmen musste, war das Eigentor von Nayef Aguerd beim 2:1 gegen Kanada.
Die Mannschaft lebt von Leistungsträgern, die in Europa ausgebildet wurden und teilweise bei Top-Vereinen unter Vertrag sind, auch wenn sie nicht immer Stammspieler sind. Noussair Mazraoui spielt bei den Bayern, Achraf Hakimi bei Paris St. Germain, nachdem er zuvor in Dortmund geglänzt hatte.
Vorne dreht sich viel um Hakim Ziyech vom FC Chelsea, der sich gerne in der Rolle des Stars sieht. Über die Hälfte der Spieler im 26-er Kader wurden im Ausland geboren. Aber im Gegensatz zu der üblichen Praxis schaffen es die Nordafrikaner, ihre Top-Fußballer im Ausland für die eigene Nationalmannschaft zu begeistern. Integration mal anders.
Auch der Trainer ist ein Novum: Walid Regragui hat das Team erst drei Monate vor der WM übernommen, weil der langjährige Trainer Vahid Halihodzic im Streit mit dem Verband gehen musste. Den Machtkampf mit den Stars Ziyech und Mazraoui hatte der 70-jährige Trainer verloren. Regragui folgte.
Er geht pfleglich mit seinen Stars um: „Manche Trainer sagen, alle Spieler müssen gleich behandelt werden, doch Hakim ist nicht irgendein Spieler. Ich zeige ihm Liebe und Respekt, denn das hat er verdient.“Ziyech sei „wie ein Neymar für Brasilien oder ein Mbappé für Frankreich.“Walid Regragui vor dem Portugal-Spiel: „Ich sage nicht, dass wir Weltmeister werden, aber wir wollen es werden.“Für Marokko, für Afrika, für ganz Arabien. (dpa)