Donau Zeitung

Für Marokko, für Afrika, für ganz Arabien

Überraschu­ngsteam im Viertelfin­ale

- Von Wolfgang Stephan

Doha Die arabische Welt ist vereint: Jedenfalls am Samstag, wenn mit Marokko das Überraschu­ngsTeam der WM im Viertelfin­ale gegen Portugal (16 Uhr, ZDF) spielen darf. „Wir wollen Afrika stolz machen, wir haben die afrikanisc­he Welt hinter uns“, sagt Trainer Walid Regragui, der es in drei Monaten geschafft hat, aus der Ansammlung vieler Stars ein Kollektiv zu formen, das taktisch ungemein disziplini­ert spielt. Marokko überrascht­e schon in der Gruppenpha­se, die sie als Gruppeners­ter vor Kroatien beendeten. Am Dienstag wurde in einem denkwürdig­en Elfmetersc­hießen TitelFavor­it Spanien besiegt, nachdem die „Atlas-Löwen“über 120 Minuten den Spaniern ihre Grenzen aufgezeigt hatten. Alles bei einem Lärmpegel, der bei dieser WM außergewöh­nlich war, allenfalls beim südamerika­nischen Duell Argentinie­n – Mexiko herrschte eine ähnliche Begeisteru­ng auf den Rängen.

Bezeichnen­d: In vier WM-Spielen hat noch kein Gegner die marokkanis­che Abwehr bezwingen können, nicht einmal im Elfmetersc­hießen, in dem sich Torwart Yassine Bounou, genannt Bono, vom FC Sevilla mit zwei gehaltenen Elfmetern zum Helden machte. Nicht umsonst wurde der 31-Jährige in der vergangene­n Saison zum besten

Torhüter Spaniens gewählt. Der einzige Gegentreff­er, den Marokko hinnehmen musste, war das Eigentor von Nayef Aguerd beim 2:1 gegen Kanada.

Die Mannschaft lebt von Leistungst­rägern, die in Europa ausgebilde­t wurden und teilweise bei Top-Vereinen unter Vertrag sind, auch wenn sie nicht immer Stammspiel­er sind. Noussair Mazraoui spielt bei den Bayern, Achraf Hakimi bei Paris St. Germain, nachdem er zuvor in Dortmund geglänzt hatte.

Vorne dreht sich viel um Hakim Ziyech vom FC Chelsea, der sich gerne in der Rolle des Stars sieht. Über die Hälfte der Spieler im 26-er Kader wurden im Ausland geboren. Aber im Gegensatz zu der üblichen Praxis schaffen es die Nordafrika­ner, ihre Top-Fußballer im Ausland für die eigene Nationalma­nnschaft zu begeistern. Integratio­n mal anders.

Auch der Trainer ist ein Novum: Walid Regragui hat das Team erst drei Monate vor der WM übernommen, weil der langjährig­e Trainer Vahid Halihodzic im Streit mit dem Verband gehen musste. Den Machtkampf mit den Stars Ziyech und Mazraoui hatte der 70-jährige Trainer verloren. Regragui folgte.

Er geht pfleglich mit seinen Stars um: „Manche Trainer sagen, alle Spieler müssen gleich behandelt werden, doch Hakim ist nicht irgendein Spieler. Ich zeige ihm Liebe und Respekt, denn das hat er verdient.“Ziyech sei „wie ein Neymar für Brasilien oder ein Mbappé für Frankreich.“Walid Regragui vor dem Portugal-Spiel: „Ich sage nicht, dass wir Weltmeiste­r werden, aber wir wollen es werden.“Für Marokko, für Afrika, für ganz Arabien. (dpa)

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Foto: Christophe Die Marokkaner präsentier­en sich als verschwore­ne Gemeinscha­ft. Ena, dpa

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