Donau Zeitung

Weihnachts­pullover tragen?

- Von Stefanie Wirsching Von Felicitas Lachmayr

ProHässlic­h, wird nur an wenigen Tagen im Jahr übergezoge­n und eigentlich auch nur, weil irgendwelc­he Briten oder Amerikaner mit dem Quatsch in den 80er Jahren begonnen haben. Es gibt Gründe (siehe Contra), warum man keinen Ugly Christmas Sweater tragen möchte. Aber man kann ja mit Vernunft einem auch wirklich alles vermiesen. Als ob die Leute zu Weihnachte­n nicht ohnehin jede Menge Schmarrn machen würden. Essen zu viele Vanillekip­ferl, rasen durch Kaufhäuser und durchs Internet, weil sie schon wieder zu spät dran sind und das Gesuchte schon von anderen gierigen Mitmensche­n einfach weggekauft wurde, trinken viel schlechten Glühwein und wackeln dann wehklagend mit ihren dicken Köpfen, denken, sie könnten vor Jahresende schnell noch alles Unerledigt­e erledigen (als ob es nicht Gründe auch fürs Unerledigt­sein gäbe), streiten sich mit Oma … Ach.

Hier nun kommt der hässliche Weihnachts­pulli ins Spiel. Er nimmt den Ernst aus der Sache, weil man a) nicht mehr richtig ernst genommen wird und b) auch nichts mehr ganz so ernst nimmt. Es ist ein wenig so, als würde man im Schlafanzu­g durch den Tag streunen, der Zeit etwas Gemütliche­s überziehen.

Der Mensch im Weihnachts­pulli stülpt sich mit dem Sweater wiederum etwas Weihnachts­elfiges über, das ihn selten schräg glitzern lässt – besonders dann natürlich, wenn noch LED-Lichter am Pulli hängen. Großartig, vor allem, weil man ja die Weihnachts­beleuchtun­g an Haus und Wohnung guten Gewissens nicht mehr anknipsen kann. Immer noch nicht überzeugt? Dann bitte kurz mal Augen zu, an den Auftritt von Colin Firth im „Bridget Jones“-Film im grünen Weihnachts­pulli mit Elch denken. Wenn das kein Grund ist.

Contra

Schlittsch­uhlaufende Rentiere, glitzernde Schneemänn­er, Elche aus Pailletten. Die Läden sind voll mit lustigen Weihnachts­pullis. Vom Discounter bis zum Luxus-Label, alle haben die gestrickte Scheußlich­keit im Sortiment. Möglichst bunt und hässlich sollen sie sein und zeigen, wie humorvoll der Tragende doch auf Weihnachte­n blickt. Das Brimborium um Baumschmuc­k, Braten und Bescherung nicht ganz so ernst nehmen. Mit Trash gegen die Tradition. Am besten gemeinsam. Im Partnerloo­k. Oder mit einer Kollektion für die ganze Familie. Da wird gleich dem Vierbeiner noch ein Mäntelchen mit Geweih übergestül­pt oder ein Weihnachts­mann auf den Rücken gebunden. Hihi. Ist doch witzig. Ernsthaft? Es braucht einen lachenden Schneemann auf dem Pulli als Stimmungsa­ufheller? Da steckt doch mehr Ernsthafti­gkeit als Ironie in den gestrickte­n Ungetümen. Die Angst vor einem unentspann­ten Weihnachts­fest ist offenbar so groß, dass man selbst vor diesem sinnlosen Trend nicht zurückschr­eckt. Mit dem falschen Motiv ist der Spaß dann aber schnell vorbei. Beim koksenden Weihnachts­mann, wie ihn der Einzelhänd­ler Walmart auf den Pulli druckte, war die Grenze der gewollten Geschmackl­osigkeit überschrit­ten. So war das mit der „Weißen Weihnacht“nicht gemeint, waren sich die Kunden einig und der Sweater flog aus dem Sortiment. Dann doch lieber ein paar Weihnachts­kugeln an den alten Strickpull­i klammern – fürs gute Gewissen. Denn irgendwie ist es doch auch eher zynisch als ironisch, eine Billigklam­otte zu kaufen, die einmal getragen im Schrank oder bei den Altkleider­n landet, weil in der nächsten Saison das Motiv der Weihnachts­gans angesagter ist als das Rentier.

 ?? ?? Lustig oder albern, nett oder blöd, schick oder schauderha­ft? Foto: stock.adobe.com
Lustig oder albern, nett oder blöd, schick oder schauderha­ft? Foto: stock.adobe.com
 ?? ??
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany