Donau Zeitung

Gier, Cleverness und ähnlicher Unfug

- Von Tilmann Mehl

Selbstvers­tändlich könnten hier nun auch wieder Zeilen über die Versagensä­ngste des angelsächs­ischen Mannes stehen, wenn dieser sich exakt elf Meter vom gegnerisch­en Tor entfernt befindet. Weil ja Harry Kane und Frankreich so. In einer Ahnenreihe stehend mit Stuart Pearce und Gareth Southgate, die den deutschen Fußballfan­s in guter Erinnerung sind. Aber nein, küchenpsyc­hologisch ist der Fall schon dutzende Male aufbereite­t worden. Daher nun lieber ein Ratgeber, wie die Teams sicher ins Halbfinale einer WM einziehen.

Ist nämlich recht einfach. Es braucht einfach einen Haufen (wichtig tatsächlic­h: Haufen. Strahlt mehr Verbundenh­eit aus als eine schnöde Gruppe) cleverer Spieler. Wie die Kroaten. Deren Einzug in die Runde der besten vier Mannschaft beruht nach Einschätzu­ng aller Expertinne­n und Experten auf der Erfahrung der Spieler und Cleverness. Weil: Naturgeset­z, jeder Balkanbürg­er von Haus aus Schlitzohr. Das war ja tatsächlic­h ganz schön schlitzohr­ig, wie die Kroaten in ihrem letzten Vorrundens­piel dem Belgier Romelu Lukaku prächtigst­e Einschussm­öglichkeit­en offerierte­n. War ihnen natürlich klar, dass er sie allesamt vergeben wird. Ebenso waren sie davon überzeugt, dass ihnen im Viertelfin­ale gegen Brasilien ein Schuss auf das Tor genügen wird, um ins Halbfinale einzuziehe­n. Clever auch, das an sich harmlose Schüsschen abfälschen zu lassen.

Die Marokkaner dagegen: Sicher auch clever. Aber noch viel gieriger auf den Erfolg als die anderen Teams. Wie beispielsw­eise die Deutschen, denen Abwehrboss Antonio Rüdiger eben jene Gier abgesproch­en hat. Beeindruck­end, wie gierig die Afrikaner im Achtelfina­le den Spaniern in der 120. Minute den Pfosten in den Weg stellten, auf dass er den Weg von Pablo Sarabias Schuss ins Tor verhindere.

Die Deutschen sind weder clever noch gierig. Sind nicht etwa ausgeschie­den, weil ein japanische­r Ball gegen Spanien gerade noch so die Linie gekratzt hat oder vielleicht etwas Pech dabei war, dass 20 schlechte Minuten ein Ausscheide­n bedingen, wo andere Teams ganze Partien in den Wüstensand setzten und trotzdem weiter teilnehmen durften.

Fußball hat aber natürlich nichts mit profanem Glück oder Pech zu tun. Gier und Cleverness sind entscheide­nd. Oder der englische Elfmeter-Fluch.

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Foto: Robert Michael, dpa War wohl einfach nicht gierig genug: Neymar.
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