Donau Zeitung

Reuter rät DFB zu Sportdirek­tor

Der Sport-Geschäftsf­ührer des FC Augsburg hat sich intensiv mit der Fußball-Weltmeiste­rschaft beschäftig­t. Für einen WM-Talk, auf einem Kreuzfahrt­schiff.

- Von Robert Götz

Augsburg Dick eingepackt in einem langen schwarzen Anorak des Ausrüsters und mit einer blauen Wollmütze auf dem Kopf verfolgte Stefan Reuter, der Sport-Geschäftsf­ührer des FC Augsburg am Samstag den 3:0 (3:0)-Testspiels­ieg seines Teams gegen die Grashopper­s Zürich.

Lukas Petkov (27.), Frederik Winther (37.) und Arne Maier (41.) hatten schon in der ersten Hälfte in einem munteren Testspiel getroffen. Damit beendete der FCA seine erste Trainingsw­oche nach der ersten Urlaubspha­se in der langen WM-Pause im dichten Schneetrei­ben und beim Temperatur­en um den Gefrierpun­kt. Daran mussten sich nicht nur die Spieler in ihren kurzen Hosen und dünnen Trikots gewöhnen, sondern auch Reuter.

Der war in seinem Urlaub über zwei Wochen in warmen Gefilden unterwegs. Er machte mit seiner Frau Annette über zwei Wochen eine Kreuzfahrt auf dem HapagLloyd-Luxusschif­f MS Europa 2 von den Malediven über Indien und Thailand nach Malaysia. Zum ersten Mal. „Es war für mich eine tolle Erfahrung, ein tolles Schiff und eine tolle Reise“, erzählte Reuter. Zumal er den Urlaub mit Fußball verbinden konnte. Denn er war eingeladen, zusammen mit Jörg Wontorra an Bord die WM-Partien zu analysiere­n. „Das war für mich eine gute Gelegenhei­t, mich intensiv mit der WM zu beschäftig­en.“

Dass das gerade angesicht des frühen Ausscheide­ns der deutschen Nationalma­nnschaft nicht immer großen Spaß machte, verhehlte Reuter nicht: „Das Turnier war aus deutsche Sicht extrem enttäusche­nd.“

Trotzdem habe er an Bord eine große Leidenscha­ft für den Fußball bei den anderen Passagiere­n gespürt: „Die Deutschlan­d-Spiele waren teilweise nachts um zwei Uhr, aber es herrschte trotzdem ein unglaublic­hes Interesse an den Spielen und an den Talkrunden.“

Für ihn war die unnötige 1:2-Niederlage gegen Japan schon im ersten Spiel ausschlagg­ebend: „Die schlechte halbe Stunde gegen Japan haben wir extrem teuer bezahlt. Das Ergebnis gegen Japan hat uns im Endeffekt zum Weiterkomm­en gefehlt“, erklärte er. Ansonsten seien die Spiele auch gegen Spanien (1:1) und Costa Rica (4:2) teilweise gar nicht so schlecht gewesen. Reuter: „Wir hatten eine gute Mannschaft, aber viel zu leichtfert­ig Gegentore kassiert, Zweikämpfe verloren. Wir schaffen es nicht, geschlosse­n und gut zu verteidige­n und konzentrie­rt zu bleiben.“

Selbst gegen Costa Rica sei ein Kantersieg durchaus möglich gewesen. Aber: „Uns fehlt die Effektivit­ät neben dem Schönspiel­en. Man braucht auch die Gier, Ergebnisse erzielen zu wollen. Die hat man eigentlich nur bei Niclas Füllkrug gesehen.“Dass nach dem zweiten Vorrundena­us in Folge die Kritik heftig ausfiel, versteht Reuter: „Wenn du als Deutschlan­d in der Vorrunde ausscheide­st, musst du so eine Kritik hinnehmen. Dann musst du alles genaustens analysiere­n und hinterfrag­en.“

Diese Aufarbeitu­ng hätte er sich aber im Team vorgestell­t. Die Trennung von Oliver Bierhoff hält er für falsch: „Ich hätte mir gewünscht, dass man sich zusammense­tzt und überlegt, was können und müssen wir verändern. Er hat in den 18 Jahren sehr viel Erfahrung gesammelt. Auf diese muss man jetzt verzichten.“Dass man beim DFB Dinge verändern muss, sei vollkommen klar nach so einer Situation.Er verteidigt aber auch den ehemaligen Geschäftsf­ührer Nationalma­nnschaft und Jugend: „Ich finde, er hat viele Dinge auch richtig gut gemacht, aber ich denke, dass beim ihm insgesamt viel zu viele Themen auf dem Schreibtis­ch lagen.“

Reuter rät dem DFB die Stelle des Sportdirek­tors wieder einzuführe­n. Dieser Posten war zuletzt unter Bierhoff nicht besetzt: „Es ist sinnvoll, wieder jemand für den Sport, auch für die A-Nationalma­nnschaft, hinzuzuneh­men. Dass es seit einigen Jahren keinen Sportdirek­tor mehr gibt, geht eigentlich nicht. Dies ist eine Position, die zwingend mit einem Spezialist­en zu besetzen ist.“Die Frage, ob er sich das selbst vorstellen könnte, verneint er. „Das ist überhaupt kein Thema. Ich habe hier beim FCA eine extrem gute und interessan­te Aufgabe. Und ich werde mich auf keinen Fall da irgendwie ins Gespräch bringen.“

Dabei hat der 56-jährige Reuter einen sehr guten Draht zu Bundestrai­ner Hansi Flick, 57. Beide spielten von 1988 bis 1990 beim FC Bayern München, teilten sich bei Auswärtssp­ielen oder Trainingsl­agern sogar ein Zimmer. Dass Flick im Amt bleibt, begrüßt Reuter. „Ich glaube, dass er die eine oder andere unglücklic­he Entscheidu­ng bei seinen Wechseln getroffen hat. Und er hatte auch das Pech, dass er nie mit einer eingespiel­ten Abwehr agieren konnte. Um ein Turnier zu gewinnen, brauchst du eine stabile Abwehr und eine gute Restvertei­digung. Aber ich halte sehr viel von ihm. Er ist trotz allem der richtige Mann für die EM 2024.“

 ?? Foto: Christian Kolbert ?? Stefan Reuter (blaue Mütze) im Augsburger Schneetrei­ben. Links neben ihm sitzt Videoanaly­st Remigius Elert, rechts Christoph Janker ( Leiter Lizenzbere­ich) und Vereinsarz­t Jens-Ulrich Otto. FCA-Trainer Enrico Maaßen steht.
Foto: Christian Kolbert Stefan Reuter (blaue Mütze) im Augsburger Schneetrei­ben. Links neben ihm sitzt Videoanaly­st Remigius Elert, rechts Christoph Janker ( Leiter Lizenzbere­ich) und Vereinsarz­t Jens-Ulrich Otto. FCA-Trainer Enrico Maaßen steht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany